0368 - Samarans Todeswasser
zermartere mir den Kopf, aber ich komme einfach nicht darauf.«
»Weiß Ihr Sohn schon Bescheid?«
Mary schüttelte den Kopf. »Ich habe versucht, ihn anzurufen. Er ist aber nicht da.«
»Dann können wir nur hoffen, daß wir ihn finden oder daß sich Horace meldet, wenn er die Bedingungen der Entführer mitteilen will.«
»Es gibt noch eine dritte Möglichkeit«, erklärte Mary mit leiser Stimme.
McDuff hatte verstanden. »Daran sollten Sie nicht denken. So leicht bringen auch Gangster einen Menschen nicht um. Sie müssen irgend etwas fordern, das ist nun mal bei Entführungen so.«
»Es müssen ja keine Gangster gewesen sein, Sergeant.«
McDuff setzte sich aufrecht hin. »Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr.«
»Entschuldigen Sie, aber meine Gedankengänge sind ein wenig kompliziert. Ich dachte an unseren Sohn. Sie wissen, welche Arbeit er ausführt. Er jagt Dämonen und Geister, und wir sind ja praktisch ein gewisser Schwachpunkt in seinem Leben.«
»Jetzt begreife ich.« McDuff hob die Hände und ließ sie wieder auf seine Schenkel fallen. »Sie meinen, daß irgendwelche Mächte sich Ihres Mannes angenommen haben…«
»Sagen Sie es im Klartext. Dämonen haben, meinen Mann entführt, um meinen Sohn zu erpressen.«
»Sah der am Fenster denn wie ein Dämon aus?«
»Eigentlich nicht. Aber ich habe ihn auch nicht so genau gesehen, wenn Sie verstehen.«
»Sicher.« McDuff hob die Schultern. »Sollten Sie tatsächlich recht behalten, Mary, sind wir natürlich machtlos.«
Das Telefon meldete sich. Beide erschraken. Mary stärker als der Sergeant. »Soll ich abheben?« fragte McDuff.
»Nein, lassen Sie mal. Ich erledige das schon.« Mary Sinclair stemmte sich aus dem Sessel. Sie riß sich stark zusammen, um ihre Angst nicht allzu deutlich zu zeigen. Als sie sich gemeldet und wenige Sekunden zugehört hatte, reichte sie den Hörer weiter an McDuff. »Es ist für Sie.«
Der Sergeant stand schon neben ihr. Auch er sprach nicht sehr lange. Achselzuckend legte er wieder auf.
»Was war denn?«
»Nichts«, erklärte er. »Überhaupt nichts. Man hat keine Spur von Ihrem Gatten gefunden.«
»Und wo haben die Beamten gesucht?«
»In Lauder. Jede Gasse, jede Straße ist durchforstet worden. Sie entdeckten nichts.«
»Hat man auch an die leerstehenden Häuser gedacht?« wollte Mary Sinclair wissen.
»Die werden sie sich jetzt vornehmen.« Der Sergeant nahm seine Mütze auf. »Ich werde dabei sein. Außerdem durchsuchen wir auch die Umgebung von Lauder, das heißt, wir ziehen den Kreis größer. Sollte sich bei Anbruch der Helligkeit noch kein Erfolg herauskristallisiert haben, müßten wir unter Umständen zu weiterreichenden Maßnahmen greifen und Spezialisten einschalten. Dann fühlte ich mich überfordert. Würden Sie denn Ihr Einverständnis geben, Mary?«
»Bisher ja.«
»Danke.« Der Sergeant wollte gehen.
»Ich bringe Sie noch bis zur Tür«, sagte Mary. Dort verabschiedete sie den Mann, der versprach, sein Bestes zu geben. Die Hand der Frauverschwand zwischen seinen beiden Pranken. »Mary, ich verspreche Ihnen, daß wir alles tun werden, um Ihren Mann zu finden.«
»Das glaube ich Ihnen.«
McDuff ging, und Mary Sinclair schaute ihm nachdenklich hinterher.
Sie konnte nicht vermeiden, daß Tränen aus ihren Augen rannen und an den Wangen herabliefen…
***
Akim Samaran!
Ausgerechnet er. Kein Dämon, aber auch als Mensch ein Teufel.
Einen besseren Verbündeten hätte sich der Spuk nicht aussuchen können. Samaran schaffte Dinge, die andere nicht fertigbrachten. Er experimentierte, er war ein Genie, ein Künstler und gleichzeitig ein Menschenverächter. Ich hatte ihn gejagt, und er war mir entkommen.
Meine Gedanken glitten automatisch zurück. Ich sah mich gefesselt auf einem Sarg sitzen und meine Henkersmahlzeit einnehmen. Dafür hatte Akim Samaran gesorgt. Bedient worden war ich dabei von lebenden Puppen, von Kindern, wobei eines der Kinder mir aufs Haar glich, als ich neun Jahre alt gewesen war.
Das mußte sich mal einer vorstellen. Ich bekam von meinem neunjährigen Ebenbild die Henkersmahlzeit serviert. Da konnte man nur mit dem Kopf schütteln und vielleicht auch Angst bekommen.
Damals hatte er sich mit dem Teufel zusammengetan, um seinen Plan erfüllen zu können. Aus welchem Grunde er jetzt dem Spuk diente, war mir unbekannt. Sicherlich würde ich es erfahren.
Ich sah ihn nicht, höchstens als Schatten. Aber seine Stimme war mir bekannt, und ich dachte daran, wie er aussah.
Aus
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