037 - Quellen der Lust + Die Mätresse des Prinzen
wegwerfen konnte wie ein Paar aus der Mode geratener Hosen. Und falls sie sich weigern sollte, sich den Regeln zu beugen, konnte man – ohne noch einen weiteren Gedanken an sie zu verschwenden – ihr unbedeutendes Leben ruinieren. Diese Bedingungen zu akzeptieren, würde bedeuten, dass sie für das kurzlebige Vergnügen des Prinzen bezahlen würde – und zwar mit den lebenslangen Fesseln einer ungewollten Ehe.
Und das alles, weil der Prinz Gefallen an ihr gefunden hatte.
Zornig drehte sie sich zu ihren Besuchern um. Der Lord hatte die Arme vor der Brust verschränkt, und Jack St. Lawrence drehte eine leere Tasse in seinen Händen.
Skrupel angesichts ihres unmoralischen Angebots schien keiner der beiden zu haben.
Plötzlich durchzuckte sie ein neuer Gedanke: Falls sie keinen neuen Ehemann finden könnte, müsste der Prinz die Idee aufgeben, sie zu seiner Geliebten zu machen.
„Meine Herren, ich fürchte, wir stecken in einem Dilemma. Ich kenne keinen Mann, der dazu bereit wäre, mich zu heiraten und mich dann für eine Weile an den Prinzen auszuleihen.“
„Das glaube ich Ihnen gerne.“ Marchant sah selbstgefälliger aus denn je. „Wir dagegen kennen einige.“
Ihr verschlug es die Sprache. In der darauffolgenden Stille wurde ihr klar, dass sie sich auf weitere Enthüllungen gefasst machen musste. Mit jeder neuen Forderung wurde ihr langsam jeglicher Ausweg versperrt.
„Wie wir schon sagten, ist der Prinz äußerst großzügig“, fuhr der Baron fort.
„Zahlreiche Männer seiner Bekanntschaft würden ihm gerne einen solchen Freundschaftsdienst erweisen.“
„Und um was für eine Sorte Männer könnte es sich dabei wohl handeln?
Geistesgestörte? Tunichtgute? Geizhälse, die für einen Gewinn ihre Großmutter verkaufen würden?“
„Ich versichere Ihnen, Mrs. Eller“, Marchant stand auf und setzte ein so aufrichtiges Gesicht auf, wie es einem Wiesel eben möglich ist, „dass es sich bei sämtlichen Männern auf St. Lawrence’ Liste um perfekte Gentlemen handelt.“
Sie sah hinüber zum flinken Jack, der einen Umschlag aus der Rocktasche zog und ihn auf den Tisch legte. Dieser Schuft! Er war diesen Morgen mit einer Liste potenzieller Ehemänner bei ihr eingetroffen, die dazu bereit waren, sich Hörner aufsetzen zu lassen!
„Sie sind wahrlich gut vorbereitet“, sagte sie und versuchte, ihren aufsteigenden Zorn im Zaum zu halten.
„Der Prinz umgibt sich mit vorausplanenden Männern“, erwiderte Jack.
„Vorausplanend, aha!“ So also nannte der Halunke sein Verhalten.
Sie drehte sich wieder zum Fenster um und stützte sich die Hände in die Seiten. Der Prinz hatte ein ganzes Königreich „vorausplanender“ Männer, die ihm zur Seite standen. Sie jedoch hatte niemanden. Weder Eltern noch Geschwister oder Onkel und Tanten, die sich für sie einsetzen könnten. Aus diesem Grunde war sie überhaupt mit dem Gutsherrn verheiratet worden. Der Richter, der den Verkauf des Besitzes ihres verstorbenen Vaters beaufsichtigte, hatte darauf bestanden, dass für sie als alleinstehendes junges Mädchen Heirat die einzige Option war. Und zufällig war damals gerade sein Freund, der Gutsherr Eller, auf der Suche nach einer Ehefrau. Und so war sie nur ein Posten unter vielen, die der Richter an interessierte Käufer vermittelte – in ihrem Fall an einen Mann, dessen Ansehen ihm vieles im Leben erleichterte.
Doch sie war nicht mehr das naive siebzehnjährige Mädchen von damals. Sie hatte die Regeln, die die Welt regierten, kennengelernt, und auch die Männer, die sie aufgestellt hatten. Die Jahre harter Arbeit seit dem Tod ihres Mannes hatten ihre Vorsicht verkümmern und abstumpfen lassen, doch damit war nun Schluss.
Vorausplanend? Sie würde diesen Schuften zeigen, dass auch sie vorausplanen konnte.
Ihr musste unbedingt etwas einfallen, um aus diesem unerträglichen Dilemma herauszukommen, oder aber sie würde bei dem Versuch zugrunde gehen!
„Was auch immer Sie von mir denken, meine Herren, aber der Vorschlag des Prinzen ist auch für eine Frau meines Ranges und mit meinen Erfahrungen schockierend.
Täuschen Sie sich also nicht: Niemals würde ich das Angebot eines verheirateten Mannes, und sei es Ihre Hoheit, der Prinz von Wales, akzeptieren, wenn ich die Möglichkeit hätte, sie gefahrlos auszuschlagen. Ich muss jedoch darauf bestehen, dass ich über einige Details, die für niemanden außer mir selbst von Interesse sind, selbst entscheiden kann. Der Prinz wird einige Monate lang, vielleicht
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