0372 - Monster in Marrakesch

Druck ausübten, zerpulverten die beiden eiszapfenförmigen Spitter zu grauem Staub. Der Wind wehte den Staub davon.
    Es gab keine Spuren.
    Der Mann in Schwarz stieg wieder in den Fond Galaxie, der sich rasch entfernte. Niemand hatte den Vorfall beobachtet.
    Im Fond des Wagens saßen Professor Zamorra und ein Toter, dessen Körper hart wie Stein war und kalt wie Eis.
    ***
    Kommissar al Shadra betrat sein Büro. Hassan Husein neigte grüßend den Kopf. »Ich habe da etwas, das ich gern Ihnen übergeben möchte«, sagte er. »Ich habe das Gefühl, daß die Sache mit Ihrem Mordfall Suleiman in ursächlichem Zusammenhang steht.«
    Al Shadras Augen wurden schmal. »Na, dann erzählen Sie mal«, bat er.
    Husein erzählte. Al Shadra unterbrach ihn nicht ein einziges Mal, nickte nur hin und wieder. »Duval«, sagte er schließlich, als Husein fertig war. »Na, das ist ja prächtig.«
    »Finde ich gar nicht«, widersprach Husein. »Ich finde es eher seltsam. Die Sache strotzt doch vor Ungereimtheiten. Ich habe mir die Mühe gemacht, eben, bevor Sie kamen, Ihre Aktennotizen und Protokolle durchzugehen. Erstens - welchen Grund sollte dieser Zamorra haben, Suleiman zu ermorden? Und warum bricht die Frau, die ihn aus irgend einem Grund nicht entlastet, obgleich sie anscheinend mehr ist als nur seine Sekretärin, dann im Hotelzimmer ein und läßt den Aktenkoffer verschwinden? Hat sie vielleicht einen bestimmten Grund dafür, Zamorra im Gefängnis zu sehen? Hat sie möglicherweise entlastendes Material beiseitegeschafft? Aber um so rätselhafter wird der Fall doch nur!«
    »Vielleicht hat sie auch belastendes Material entfernen wollen«, sagte al Shadra. »Es ergibt nur keinen Sinn… haben Sie schon herausgefunden, wohin sie diesen Koffer gebracht hat?«
    »Sie schweigt und will nichts ohne einen Anwalt oder einen Konsulatsbeamten sagen.«
    »Dann soll sie mal ruhig weiter warten«, sagte al Shadra. »Gut, ich nehme Ihnen die Sache ab. Sie können dann ja Feierabend machen, Husein… das Konsulat ist immer noch nicht erreichbar?«
    »Stellenweise nein. Ich überlege, ob wir nicht einen Mann nach Rabat schicken sollten. Immerhin hat Zamorra ja, wie Sie vorhin am Telefon so schön sagten, ein Recht darauf…«
    Al Shadra winkte ab. »Vergessen Sie’s, Husein. Wir warten noch ein bißchen. Je unruhiger die beiden werden, desto eher sind sie vielleicht zu Geständnissen bereit.«
    »Aber ein Anwalt muß doch…«
    »Sowohl Zamorra als auch Duval gehören zu meinem Fall«, -sagte al Shadra kühl. »Ich entscheide, was getan wird. Danke für die nächtliche Unterstützung.«
    Husein sah al Shadra erstaunt an. So kannte er den Kommissar überhaupt nicht. Al Shadra schien sehr schlechter Laune zu sein, aber aus welchem Grund?
    »Na schön«, brummte Husein und verließ al Shadras Büro. Auf dem Korridor kamen ihm Bedenken. Er kehrte wieder um. »Hat Zamorra tatsächlich seit seiner Verhaftung noch mit keinem Anwalt gesprochen?«
    »Nein…«
    »Na, dann wird’s aber Zeit«, sagte Husein. »Oder wollte keiner die Verteidigung übernehmen?«
    »Wir haben ja auf die Verbindung mit dem Konsulat gewartet«, wich al Shadra aus.
    »Darauf können wir jetzt aber nicht mehr warten«, sagte Husein. »Das gibt Ärger, Kommissar. Vielleicht sollten Sie mal unseren Kandidaten für aussichtslose Fälle anrufen, er möchte sich herbegeben…«
    »Nein«, sagte al Shadra.
    »Dann mache ich’s für Sie…«
    »Nein«, wiederholte al Shadra. »Ich sagte doch schon, die beiden sollten erst mal ein wenig schmoren.«
    Das gibt’s doch nicht, dachte Husein entgeistert. Das war ja eine Dienstauffassung, wie sie vielleicht vor hundert Jahren mal üblich gewesen war! Und das konnte nicht gutgehen. Der Kommissar konnte sich selbst in des Teufels Küche bringen. Und den beiden Festgenommenen geschah Unrecht, ob sie nun schuldig waren oder nicht. Husein schnappte sich den Schnellhefter mit den Unterlagen.
    »Wohin wollen sie mit den Akten?« Al Shadra war schnell, aber noch schneller war Husein an der Tür und schon draußen auf dem Gang.
    »Zum Haftrichter…«
    »Lassen Sie gefälligst meine Akten hier!« rief al Shadra laut.
    Wenn du mir so kommst, mußt du das Echo schon vertragen können, dachte Husein verärgert.
    »Ich erledige nur, was eigentlich Ihre Aufgabe wäre, Kommissar«, gab er ebenso laut zurück. Jeder auf dem Korridor oder hinter offenstehenden Bürotüren konnte die Auseinandersetzung hören. Husein verließ das Gebäude und begab sich