0375 - Die Gangsterhochzeit von Chicago
quollen aus den Höhlen, als er mich sah. Sein Mund öffnete sich zu einem röchelnden Laut.
»Hallo, Joe. Du träumst wirklich nicht. Ich bin ausgeruht genug, um euer Festival durchzustehen. Ich weiß allerdings noch nicht, ob du Zeit hast, bis zum Dinner bei Kerzenschein auszuhalten. Schau dir die Versammlung der Cops und G-men an.«
»Verdammter Kerl!«, zischte Duckworth, »die Burschen hätten dir zwei Kübel Äther einflößen sollen, um dich stumm zu machen.«
»Das hast du dir zu spät überlegt. Jetzt bin ich an der Reihe. Du bringst mir bis zum Abend die Liste der Rauschgiftkunden und Verteiler. Vergiss nicht, den Namen des Mannes anzukreuzen, der Francis Roche umgebracht hat.«
Obgleich der Gangster im Frack war, ließ er wilde Flüche vom Stapel.
Ich quittierte den Ausbruch mit einem Lächeln und ließ mich in den Festsaal treiben. Die Tische waren zu einem großen Hufeisen zusammengestellt worden. Am Kopf saß das Brautpaar mit Jeff Chandler. Hinter den Stühlen standen die vier Burschen, die rechte Hand in der Jackentasche vergraben.
Die große Gratulationstour war angelaufen, Gäste drängelten zum Tisch des Hochzeitpaares und legten Briefumschläge auf das sektf arbene Tischtuch.
Ich stand hinter einem Ganoven, den ich von einer Gerichtsverhandlung in New York noch gut in Erinnerung hatte. Der Mann war einen halben Kopf kleiner als ich und hatte einen grauen Haarkranz um den glatt polierten Schädel liegen. Vom Erlös seiner Diamantringe, die er an den Fingern trug, konnte er sich in Notzeiten redlich ernähren. Im Augenblick fiel mir der Name des Gangsters nicht ein. Ich kurbelte mein Gedächtnis an.
Dieses Männlein zerrte einige Dollarnoten aus seiner Westentasche, zählte sie und ließ sie in einen Briefumschlag verschwinden. Ich zählte mit. Es waren tausend Dollar. Ich blieb dem Mann auf den Fersen, als er zu dem Brautpaar trottete.
Auf den niedrigen Tischen, die an den Wänden aufgestellt waren, lagen leere Briefumschläge.
Ich beugte mich über einen Tisch, riss ein Blatt aus meinem Notizblock und kritzelte einige Worte auf das Papier. Dann faltete ich den Bogen, steckte ihn in den Umschlag und klebte ihn zu.
Ich drängte mich hinter den Ganoven mit dem grauen Haarkranz wieder in die Schlange, die sich langsam vorwärts bewegte.
***
In der nächsten Viertelstunde sah ich eine Menge alter Bekannter wieder. Es waren Gangster, die eine Zeit lang in New York gearbeitet, sich aber dann in die ruhigere Gegend um den Michigan See verzogen hatten.
Aber die Gangster dachten an nichts Böses und auch nicht an mich.
Blitzartig fiel mir der Name des Gangsters mit dem blank polierten Schädel wieder ein, als der Bursche sich vorbeugte, den Brief auf ein silbernes Tablett legte und mit dem Brautpaar Shakehands machte.
Es war Pepe, der Kellner, Rauschgiftspezialist. Den Spitznamen hatten ihm seine Kollegen wegen seiner zahlreichen Bücklinge verpasst, die er vor allen Leuten vollführte.
Pepe gratulierte zuerst Terry, dann dem Girl und zum Schluss Jeff Chandler, der mit finsterer Miene auf seinem Stuhl hockte. Jedes Mal beugte er seinen Kopf fast bis zu den Schuhspitzen. Pepe, der Kellner, wusste, was er seinem Ruf schuldig war.
Jetzt war ich an der Reihe. Ich nickte dem Brautpaar zu, legte den Umschlag auf das Silbertablett und beugte mich zu Chandler hinüber.
»Leg die tausend Bucks, die du mir gestern Abend gegeben hast, auf den Silberteller. Im Übrigen biete ich dir nach wie vor meine Dienste an, Hurrican!«
Jeff Chandler zuckte zusammen. Die ganze Zeit über saß er wie eine Wachspuppe auf seinem Stuhl. Wie elektrisiert sprang er jetzt auf, stieß den Stuhl zurück, der einem seiner Wächter gegen die Kniescheibe knallte, und starrte mich an.
»An deiner Stelle würde ich keinen Dollar mehr an Leute wie Joe verschwenden. Die sind gut für einen Nachtwächterposten in einer Fleischfabrik. Aber als deine Leibwächter taugen diese Brüder nichts.« Ich sprach so leise, dass nur Hurrican es ohne Mühe mitbekam.
»Mensch, ich werde dich hier unter den Augen der Cops und Detectives abtransportieren lassen«, knurrte der Gangster.
»Langsam, Jeff, jede Aufregung schadet deinem Herzen. Du hast den ersten Tanz mit deiner Schwiegertochter zu machen. Die Fotografen lauern schon darauf. Und vergiss nicht - keep smiling. Nimm dir ein Beispiel an deinem Sohn.«
Der hagere Gangsterboss stand kurz davor zu explodieren. Ich lächelte ihm aufmunternd zu und trat zur Seite ab. Dabei musste ich
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