0376 - Wer den »Schatten« sieht, muß sterben
Sie wußte, wo ihre Sachen lagen. Sie zog eine schwarze Hose, eine dunkle Bluse, flache Schuhe mit Gummisohlen und einen anthrazitfarbenen kurzen Mantel an.
Geräuschlos bewegte sie sich im Dunkel auf die Tür des Badezimmers zu, verschwand darin und ging durch die zweite Tür, die in das Schlafzimmer ihres Mannes führte.
Sie durchquerte den Raum, stieß eine Seitentür auf, steckte den Kopf in den Flur hinaus und lauschte.
Keine zwei Meter von ihr entfernt lag eine Treppe, die in den Keller und in den Park führte. Mit einer Hand tastete sie sich am Geländer entlang.
Sie erreichte den Keller und wandte sich nach links.
Aus dem Dunkel schimmerte ein großer, rechteckiger heller Fleck: Die Glasscheibe in der Tür, die nach draußen führte.
Pat Hogan stellte fest, daß der Schloßriegel in der Eisenhalterung saß. Vorsichtig drehte sie den Schlüssel herum. Es gelang ihr, die Tür zu öffnen, Nur ein paar kratzende Geräusche entstanden dabei.
Bevor sie ins Freie trat, blieb sie eine Weile im Türrahmen stehen und lauschte. Ihre Blicke suchten den Park ab.
Auf der anderen Seite des Hauses bellte einer der Hunde im Zwinger.
Pat Hogan ließ sich Zeit.
Sie wußte, was von ihrem Vorhaben abhing, und sie wollte nichts kopflos übereilen.
Nicht weit von ihr entfernt zog sich eine lange Buschgruppe an einem Weg hin. Sie wollte sich im Schutz der Büsche bis zum Weg Vorarbeiten.
Über ihr flatterte etwas. Eine klumpige schwarze Masse zog mit schwirrendem Flügelschlag an ihr vorbei.
Pat Hogan zuckte zusammen.
Die Eule flog über den Rasen und blockte auf einem der hohen Bäume auf.
Erleichtert zog die Frau die Kellertür hinter sich zu und löste sich aus ihrem Versteck.
Mit vier Schritten erreichte sie den blättrigen Schutz und drückte sich dicht an die Zweige. Der weiche Rasenboden dämpfte ihre Schritte, als sie an der Strauchreihe entlangging, die über ihren Kopf ragte.
Nach hundert Yard erreichte sie die Parkmauer.
Die junge Frau streckte die Hände nach oben, ergriff die obere Kante der Mauer und zog sich hoch. Mit den Füßen stieß sie sich vom Boden ab.
Im gleichen Augenblick knackten nicht weit von ihr Zweige.
Die Hunde in dem Zwinger bellten plötzlich auf.
Es war, als ob die Tiere die Gefahr witterten.
***
Die Hitze drückte den Schweiß aus den Poren.
Ein gleichmäßiges Fauchen drang an meine Ohren. Es schien, als wäre es meilenweit entfernt.
Über meine Stirn glitt etwas Kaltes, Nasses. Tropfen rannen über mein Gesicht.
Wieder wischte ein nasser Lappen über meinen Kopf. Ich schlug die Augen auf. Langsam wich die Benommenheit von mir.
Ich hob meine Hand und betastete meine feuchte Stirn. Das dumpfe Gefühl in meinem Kopf wich nach und nach.
Um mich herum herrschte Halbdunkel.
»Er ist zu sich gekommen«, hörte ich die Stimme sagen, die ich am Friedhof von Springfield schon vernommen hatte. In dem fahlen Licht konnte ich die giftgrüne Maske erkennen.
Vor mir stand ein Tisch, auf dem eine blakende Petroleumlampe flackerte.
Zwei Männer saßen an dem Tisch. Auch sie trugen jene seltsamen Masken. In den Schlitzen funkelten die Augen, die Pupillen waren auf mich gerichtet.
Der Maskenmann neben mir setzte sich in Bwegung und ging langsam zu seinen beiden Kollegen hinüber. Der Tisch war das einzige Möbelstück in dem trockenen, nach Staub riechenden Raum.
»Mr. Cotton«, sagte der Maskenmann, der in der Mitte saß, »wir fanden leider keinen anderen Weg, Sie hierher zu bringen, als den der Gewalt. Wir hätten Sie gern höflichst hergebeten, aber wir haben befürchtet, daß Sie nicht gekommen wären. Entschuldigen Sie bitte die rauhe Gangart.«
Ich kratzte mich am Kopf. Das schien eine Gang zu sein, die mit Seidenhandschuhen arbeitete.
»Wir haben Sie nicht gefesselt«, fuhr der Mittlere fort und versuchte seiner Stimme Klang zu verleihen, »aber Sie sollten sich darüber im klaren sein, daß Sie deshalb nicht einfach davonlaufen können. Zwei Pistolen sind auf Sie gerichtet, obwohl Sie die Waffen nicht sehen.«
»Wo bin ich hier?« fragte ich. Die Hitze in dem Raum war kaum noch zu ertragen.
»Das spielt keine Rolle«, erklärte der Sprecher der Maskenmänner. »Wir wollen nur etwas von Ihnen wissen, Mr. Cotton, dann können Sie wieder gehen.«
»Sie wissen, daß ich G-man bin und keine Verbrecher unterstützen werde.«
»Es gibt Mittel, die Menschen zum Reden zu bringen«, sagte er scharf. Durch die Seidenhandschuhe brachen jetzt die Krallen.
»Das ist ein völlig
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