0376 - Wer den »Schatten« sieht, muß sterben

Hogan heiser heraus.
    »Ich habe Sie den ganzen Morgen beobachtet. In der City sahen Sie die beiden G-men. Sie sind hinter ihnen hergefahren.«
    »Ich sah sie zufällig«, gestand Mrs. Hogan.
    »Sind Sie rein zufällig hinter den beiden hergefahren?«
    »Ich hatte nicht die Absicht, mit den beiden zu reden«, sagte Pat Hogan.
    »Machen Sie mir nichts vor, Mrs. Hogan. Ich weiß besser Bescheid, als Sie denken. Sie haben auf die beiden vor Dancers Sportschule gewartet.«
    »Ja«, hauchte Pat leise.
    »Dann aber hatten Sie doch Angst, als die beiden aus der Schule herauskamen, und sind weggefahren. Habe ich recht?«
    Mrs. Hogan schwieg.
    »Es war klug von Ihnen, daß Sie so gehandelt haben. Ich lag hinter Ihnen auf der Lauer und hätte Sie auf der Stelle erschossen, wenn Sie mit den beiden gesprochen hätten.«
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?« preßte Pat hervor.
    »Ich wollte Ihnen heute nur nochmals zeigen, wie sehr Sie in meiner Gewalt sind. Ich sagte Ihnen schon, es geschieht Ihnen nichts, wenn Sie das tun, was ich verlange.«
    »Und was verlangen Sie?«
    »Das hat noch Zeit, davon hören Sie später, wenn Ihr Mann begraben ist. Und jetzt drehen Sie sich herum. Mit dem Gesicht zum Ausgang.«
    Pat gehorchte wie eine aufgezogene Puppe. Langsam drehte sie sich um.
    »So, jetzt gehen Sie auf die Tür zu. Drehen Sie sich nicht um und gehen Sie ins Haus, verstanden?«
    Pat Hogan nickte.
    Langsam setzte sie sich in Bewegung. Sie ging über den Kies und stieg die Stufen zum Portal hinauf. Dort hob gerade ihr Dienstmädchen die Fußmatte auf, um sie auszuklopfen. Pat ging in starrer Haltung vorbei. Das Mädchen blickte verwundert hinter ihr her.
    Als Pat die Halle erreicht hatte, lief sie um den kleinen Teich mit dem grünen Bronzefrosch herum und eilte in den Salon.
    Dort stellte sie sich ans Fenster und blickte in den Park hinaus.
    Er lag leer und verlassen da. Niemand war zu sehen.
    Enttäuscht trat sie zurück und warf die schwarze Tasche auf den Sessel.
    Sie zündete sich eine Zigarette an und wanderte im Zimmer umher. Sie hatte gehofft, den Unbekannten noch sehen zu können.
    Sollte sie jetzt den G-man anrufen? Sie war heute morgen hinausgefahren und wollte mit der Polizei oder den G-men Kontakt aufnehmen.
    Doch dann hatte sie Angst bekommen und es nicht getan.
    Auch jetzt, als sie vor dem Telefon stand, kamen ihr wieder Zweifel.
    Sie riß die Hand zurück, die nach dem Hörer greifen wollte.
    Sie sah sich um.
    Nirgendwo war etwas Verdächtiges zu sehen. Dennoch hielt sie sich zurück. Die Macht des Mannes, der aus dem Dunkeln zuschlug, war größer.
    ***
    »Das ist alles, war wir herausbekommen haben, Chef«, sagte ich in die Sprechmuschel. Am anderen Ende des Drahtes saß Mr. High, den ich gerade über unseren Besuch bei Will Dancer unterrichtete.
    Auch Mr. High war der Meinung, daß Phil und ich zu der Boxveranstaltung in Somerset gehen sollten, um Mike Hunter zu sehen. »Es könnte sein«, fügte Mr. High hinzu, »daß sich dort wirklich etwas tut. Vielleicht wartet der Geheimnisvolle ab. Aber wir müssen der kleinsten Chance nachgehen, um den Fall aufzuklären.«
    »Gibt es etwas Neues von Rodgers, Chef?« fragte ich.
    »Nein, Jerry. Er hat sich den jungen Samy Day vorgeknöpft, aber nichts Neues erfahren. Jerry, ich habe noch eine andere Aufgabe für Sie. Mir kam gerade ein Gedanke. Es handelt sich um das schwarze Schaf in der Hogan-Box-Klasse, diesen Bob Sullivan.«
    »Er ist tot, Chef.«
    »Ja, Sie sagten, er sei bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.«
    »Will Dancer teilte uns das mit.«
    »Stellen Sie genau fest, wo, wann und wie Bob Sullivan zu Tode gekommen ist. Ich will hundertprozentig wissen, wie Bob Sullivan gestorben ist.«
    Ich fuhr hinaus, nachdem ich Phil in dem Restaurant angerufen hatte.
    Auf der kleinen Police Station von Springfield saß ein Cop. Er hackte mit zwei Fingern auf einer Schreibmaschine herum. Die schläfrigen Augen verzogen sich ein wenig, als ich ihm sagte, wer ich war und was ich wollte.
    Er quälte sich von seinem Sitz hoch und führte mich ins Archiv, wo die alten Protokoll-Bücher lagen. Er schloß den Schrank auf.
    »Sehen Sie sich um, Mr. Cotton«, sagte er mühsam. »Soviel ich weiß, muß es vor etwa drei Jahren gewesen sein.« Dann kroch er aus dem Raum.
    Ich fand nach einer Weile das, was ich suchte: Den polizeilichen Bericht über den Unfall. Darin hieß es:
    »Die stark verkohlte Leiche war mit dem polizeilich gesuchten Bob Sullivan identisch, wie auf