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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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mochte gar nicht an die gestrige Prügelei denken - als sie hatte mit ansehen müssen, wie zwei Männer, die sie liebte, einander wahrlich zu töten versuchten. Und der Blick in Samuels Augen ... Doch sie wollte ja Tante Cristelle auf andere Gedanken bringen.
    „Die Hochzeit dürfte ruiniert sein", meinte sie. „Wir können uns glücklich schätzen, wenn überhaupt jemand kommt."
    Ihre Tante sah das natürlich ganz anders. „So schlecht ist das nicht, all die Aufregung und das Gerede. Man sollte meinen, dass Gerede immer von Nachteil ist, aber dem ist nicht so. Der Skandal wird viele erst recht dazu bewegen, zu deiner Hochzeit zu kommen. Ich glaube, es dürfte ein großer Erfolg werden."
    Mit leisem Schaudern blickte Emeline in ihre Teetasse. Der Gedanke, dass all diese Leute aus reiner Neugierde zu ihrer Hochzeit kämen, vielleicht in der Hoffnung, dass Samuel noch einmal auftauchen und ordentlich für Aufruhr sorgen würde, behagte ihr nicht. Geradezu geschmacklos war das. Schlimmer noch war indes, dass Samuel gar nicht auftauchen würde. Dessen war sie sich gewiss. Er wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Die bittere Enttäuschung, ja der Abscheu, der ihm gestern in den Augen gestanden hatte, hatte sie schwer getroffen. Sie wusste, dass er sie nie wieder würde sehen wollen.
    Was wahrscheinlich das Beste war. Besser, man zog einfach einen sauberen Schlussstrich unter die Sache.
    Wenn sie nur mit etwas Zuversicht in die Zukunft blicken könnte! Ihr Weg war von Geburt an vorgegeben gewesen. Sie war die Tochter und die Schwester englischer Earls, eine Frau von Stand und guter Familie. Nicht mehr wurde von ihr erwartet, als dass sie eine gute Partie machte, Kinder bekam und sich an die Regeln der Gesellschaft hielt. So schwer sollte das doch nicht sein, und bislang hatte sie dieses Leben auch nie infrage gestellt. Sie war eine gute Ehefrau und Mutter gewesen. War nicht sie es gewesen, die ihre Familie allen Widrigkeiten zum Trotz zusammengehalten hatte? Hatte sie nicht in Jasper einen Mann gefunden, der ihr ein ebenso würdiger Gemahl wäre wie der erste? Und wenn es in ihrer zweiten Ehe keine Treue gäbe und wenn sie einander eher wie Geschwister liebten als mit Leidenschaft, so entsprach das durchaus den Gepflogenheiten. Sie müsste töricht sein, nun auf einmal den ihr vorgegebenen Weg verlassen zu wollen.
    Sehr töricht.

    Emeline biss sich auf die Lippe und blickte trübsinnig in ihren Tee, der ungetrunken kalt wurde, während Tante Cristelle ihr gegenüber weiterlamentierte. Doch sosehr sie sich auch ins Gewissen redete, sie trauerte diesem Mann hinterher, der so anders gewesen war als die Männer ihrer Welt. Samuel hatte sie angeschaut und sie wirklich gesehen. Er war der erste und wohl auch der letzte Mann in ihrem Leben, der sie so gesehen hatte, wie sie wirklich war. Und was noch viel verwunderlicher war: Er war nicht vor ihr zurückgeschreckt. Ihre schreckliche Launenhaftigkeit hatte er gesehen, ihren Starrsinn, ihren scharfen Verstand - und hatte sie für gut befunden.
    Kein Wunder, dass sie ihm hinterhertrauerte. Solch bedingungslose Akzeptanz war selten und sehr verführerisch.
    Dennoch war es töricht.
    Als Samuel am Nachmittag durch London lief, wurde er von den Leuten angegafft.
    Verstohlen aus den Augenwinkeln sahen sie ihn an - und dann rasch beiseite, wenn sein Blick dem ihren begegnete. Kein Wunder eigentlich, hatte er doch heute Morgen auch schon in den Spiegel geschaut und wusste, was sie sahen: ein blaues Auge, eine geplatzte und geschwollene Lippe sowie dicke Blutergüsse an Kinn und Wange, die blau-violett schimmerten. Er verstand also durchaus, warum sie so glotzten, hasste sie aber dennoch dafür. In der Menge untergegangen war er noch nie - immerhin trug er Beinlinge und Mokassins -, aber heute schauten sie ihn an, als hielten sie ihn für einen Irren.
    Das war das erste Problem. Das zweite war, dass er wünschte, Vale würde ihn bei dieser Unternehmung begleiten. Dumm von ihm, gewiss, aber so war es eben. Er hatte sich an Vales kleine Scherze und seinen trockenen Humor gewöhnt, und obwohl er den Mann nun aus tiefstem Herzen hasste, so fehlte er ihm doch.
    Außerdem hätte er ein bisschen Verstärkung gut gebrauchen können.
    Mit einem kurzen Blick über die Schulter sah Sam sich nach möglichen Verfolgern um und tauchte dann in eine kleine dunkle Gasse ein. Er musste sich einen Moment ausruhen. An die verrußte Wand gelehnt, hielt er sich die Seite. Irgendetwas stach ihn dort.

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