038 - Verbotene Sehnsucht
oben, dass sie im Dunkel kaum auszumachen war. Es roch nach Sägespänen und feuchten Ziegeln. Der Raum war zur Hälfte mit Kisten und Fässern vollgestellt, doch Mr. Bentley führte sie am Lager vorbei in ein kleines Büro, das gerade groß genug war für einen Schreibtisch und einige Stühle. Auch hier stapelten sich Holzkisten an der Wand. In einer Ecke stand ein schmaler Ofen, auf dem bereits ein Kessel dampfte.
„So, da wären wir", meinte er vergnügt und rückte Emeline einen Stuhl zurecht. „Ich kümmere mich mal eben um den Tee, ja?"
„Wird Mr. Wedgwood später noch dazukommen?", fragte Mr. Hartley, der sich entschieden hatte, stehen zu bleiben.
„Nein, wohl eher nicht", sagte Mr. Bentley, während er sich mit der Teekanne zu schaffen machte. „Mr. Wedgwood ist der Töpfermeister und kümmert sich vorwiegend um die Herstellung, wohingegen ich ausschließlich die Geschäfte führe.
Derzeit beaufsichtigt er den Bau unserer neuen Töpferei in Bursley. So, das hätten wir." Letzteres sagte er, als er die Teekanne auf dem Schreibtisch abstellte, wozu er zunächst einen Stapel Unterlagen auf den Boden hatte räumen müssen, um Platz zu machen. Etwas verunsichert schaute er Mr. Hartley an.
Der aber nickte nur und schaute wiederum Emeline mit fragend gehobener Braue an. Sie setzte sich ein wenig vor und begann den Tee einzuschenken. So ganz verstand sie noch nicht, worum es bei diesem Treffen genau ging, doch wollte sie Mr. Hartleys Strategie nicht untergraben. Zudem war sie sehr gespannt zu sehen, wie er sich hier verhalten würde, in seiner Welt sozusagen. Bislang schien er abzuwarten, seine Miene war entspannt, doch unergründlich. Mr. Bentley hingegen sah zunehmend beunruhigt aus. Sie nahm einen Schluck Tee und lächelte still. Ihr kam es so vor, als wolle Mr. Hartley sein Gegenüber absichtlich verunsichern.
Während der folgenden Minuten tranken die beiden Gentle-men und Emeline den tatsächlich vorzüglichen Tee und sprachen über belanglose Dinge. Sie wusste, dass Mr. Hartley am liebsten sofort die Ware in Augenschein genommen hätte, doch er ließ sich seine Ungeduld nicht anmerken. Stattdessen lehnte er lässig am Schreibtisch, nippte an seinem Tee und plauderte so nett und unverbindlich, als mache er seiner alten Tante einen Besuch.
Mr. Bentley warf ihm einige besorgte Blicke zu, ehe er schließlich seine Tasse abstellte. „Würden Sie sich nun gern unsere Tonwaren ansehen, Sir?"
Mr. Hartley nickte und stellte seine Tasse ebenfalls beiseite. Bentley ging zu einer der Kisten, die an der Wand standen, und öffnete den Deckel, unter dem ein Haufen Stroh zum Vorschein kam.
Gespannt beugte Emeline sich vor. Bislang hatte sie sich nie groß Gedanken über das Geschirr gemacht, das täglich auf ihrem Tisch stand - mal abgesehen davon, dass das Dekor stets ä la mode zu sein hatte doch auf einmal schienen Teller und Tassen eine ganz neue Bedeutung zu bekommen. Mr. Hartley warf ihr hinter Mr. Bentleys Rücken einen kurzen Blick zu und schüttelte kaum merklich den Kopf. Emeline krauste die Nase und kam sich wie ein kleines Kind vor, das getadelt wurde.
Dennoch lehnte sie sich zurück und setzte eine Miene gepflegter Langeweile auf.
Mr. Hartleys Mundwinkel zuckten, als belustige ihre Begeisterung ihn sehr - und dann zwinkerte er ihr auch noch zu. Emeline reckte pikiert die Nase und sah beiseite. Sie würde diesen Mann mal wieder an seinen Platz verweisen müssen.
Später.
Derweil hatte Mr. Bentley vorsichtig eine Lage Stroh entfernt. Obenauf lag ein Gefäß mit Deckel, das die Form einer Ananas hatte und dunkelgrün glasiert war. Mr. Bentley reichte das Behältnis Mr. Hartley, der es entgegennahm und schweigend betrachtete, dann stellte er es vor Emeline auf den Schreibtisch und wartete gespannt ab, während sie sich vorbeugte, um es in Augenschein zu nehmen.
Mr. Bentley zauberte noch mehr Töpferwaren aus seinen Kisten hervor: Schalen, Teller, Teekannen, Tassen, Schüsseln und Terrinen reihten sich bald auf dem Schreibtisch. Die meisten Stücke waren dunkelgrün glasiert, viele erinnerten noch dazu in der Form an eine Ananas oder einen Blumenkohl.
Als Mr. Bentley ihnen wieder mal den Rücken zukehrte, sah Mr. Hartley Emeline mit fragend gehobener Braue an. Sie erwiderte seinen Blick und hob gleichfalls eine Braue. Tatsächlich war es so, dass das Service zwar handwerklich tadellos und durchaus auch ansprechend war, aber keineswegs etwas Besonderes.
Mr. Hartley nickte, ehe er sich wieder zu
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