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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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nie zuvor geküsst worden. Und vielleicht war sie nie zuvor geküsst worden - zumindest nicht so. Seine Zungenspitze schnellte in ihren Mund und wieder hinaus, und ihre Zunge folgte ihm, folgte ihm in seinen Mund, und er saugte an ihr, zärtlich, oh so zärtlich biss er sie. Mit seinem ganzen Gewicht presste er sich an sie, hielt sie zwischen sich und der Wand. Verzweifelt wünschte sie, dass nicht gar so viele Lagen Stoff sie trennten. Dass sie ihn spüren könnte. Als sie stöhnte, ein leiser, flüsternder Laut, ihr ganz fremd, hielt er inne.
    Langsam ließ er sie herab, nahm seinen Mund von ihr, seine Hände, sich. Stumm starrte sie ihn an. Ihr fehlten die Worte.
    Er verneigte sich knapp. „Gute Nacht." Und verließ den Salon.
    Die Beine zitterten ihr. Reglos blieb sie an die Wand gelehnt stehen, wagte nicht einmal, die paar Schritte zum Kanapee zu laufen, aus Angst, sie könnten unter ihr nachgeben. Und während sie so dastand, fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen und schmeckte Blut.
    Ob seines oder ihres, hätte sie nicht zu sagen gewusst.
    Ein kultivierter, respektabler Mann. Sam rempelte einen der glotzenden Lakaien an, als er aus Emelines Haus stürmte. Kultiviert. Er rannte die Stufen hinunter und weiter, immer weiter, bis seine Muskeln warm wurden und sich dehnten. Das vertraute Gefühl war ihm ein Trost.

    Kultiviert!
    Wenn er eines nicht war, dann wahrscheinlich kultiviert und respektabel. Als er um die Ecke bog, musste er einer Horde Betrunkener ausweichen. Von seinem plötzlichen Auftauchen überrascht, stoben die Männer auseinander. Bis sie sich wieder gefangen hatten und anfingen, ihm Beschimpfungen hinterherzubrüllen, war Sam längst einen halben Block weiter. Er lief noch ein Stück die Straße hinab und tauchte kurz darauf in eine dunkle Gasse ein. Rhythmisch setzten seine Füße auf dem groben Pflaster auf, jeder Schritt ein stummer Stoß durch seinen Körper. Sein Körper löste sich immer mehr, lief wie geschmiert, bis Sam schließlich ganz aus eigenem Antrieb, fast ohne Mühe rannte. Die Bewegung steigerte sich, bis er schwerelos dahinflog. So konnte er meilenweit laufen, stundenlang, tagelang, wenn es sein musste.
    Wozu sich nach einer Frau gelüsten, die ihn ganz offensichtlich nicht wollte? In Boston war er ein respektabler Mann, gern gesehen in guten Kreisen und dank des Unternehmens seines Onkels und dem Vermögen, das er nach dessen Tod damit gemacht hatte, eine führende Persönlichkeit im Geschäftsleben. Voriges Jahr erst waren zwei auf eine gute Partie erpichte Väter an ihn herangetreten und hatten ihm zu verstehen gegeben, dass er ihnen als Schwiegersohn willkommen wäre. Die jeweiligen Töchter waren durchaus ansehnlich gewesen, doch das gewisse Etwas hatte beiden gefehlt. Da war nichts, das sie für ihn zu etwas Besonderem gemacht hätten. Irgendwann hatte er dann zu glauben begonnen, dass er einfach zu hohe Maßstäbe habe. Dass einem Mann in seiner Position eine gute Familie und ein hübsches Gesicht für eine zufriedenstellende Ehe genügen sollten.
    Fluchend beschleunigte Sam seine Schritte, sprang über einen Haufen Unrat hinweg.
    Und nun empfand er auf einmal eine solch törichte, nicht zu zügelnde Begierde für eine Frau, die er schlichtweg nicht haben konnte. Eine Frau, die einen kultivierten Mann wollte. Warum sie? Warum ausgerechnet diese launische, reizbare und arrogante Lady, die ihn nicht einmal zu mögen schien?
    Er blieb stehen, stemmte die Hände in den Rücken und streckte sich. Ironie des Schicksals, das musste es sein - zumal nach den Ereignissen des heutigen Abends. Seine Albträume vom Massaker, die im Ballsaal erschreckend lebendig geworden waren. Seine Konfrontation mit Vale. Die unglaubliche Offenbarung, dass sie mit diesem adeligen Geck verlobt war. Er warf den Kopf in den Nacken und lachte lauthals in den schwarzen Nachthimmel hinauf, während seine Welt um ihn her erbebte und zusammenzubrechen drohte. Eine Katze, aufgeschreckt von seinem Lachen, suchte jaulend das Weite.
    Und dann rannte er weiter.
    Vorsichtig berührte Emeline den grünen Einband. Feiner, leicht moderiger Staub rieselte auf den Tisch. Sie hatte das Märchenbuch gefunden, mit dem sie und Reynaud als Kinder so viele Stunden verbracht hatten. Den ganzen Vormittag hatte sie auf dem Speicher danach gesucht, eingehüllt in Schmutz und Staub, sodass sie andauernd hatten niesen müssen und danach erst mal ein heißes Bad gebraucht hatte, aber das Buch war endlich gefunden. Als es

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