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038 - Verbotene Sehnsucht

Titel: 038 - Verbotene Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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nun auf dem Tisch in ihrem Salon lag, begutachtete sie ihren Fund.
    Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es in so schlechtem Zustand wäre. In ihrer Erinnerung war das Buch makellos und neu, die Seiten leuchteten fein und weiß.
    Nun hatten Käfer und Motten sich daran zu schaffen gemacht. Die Bindung war verzogen und brüchtig, die Seiten hingen lose und vergilbt, Schimmel und Stockflecken zierten das Papier. Emeline runzelte missmutig die Stirn, während sie mit dem Finger über eine der geprägten Initialen fuhr. Das kleine Bild zeigte einen knorrigen Wanderstock, der an einem abgetragenen Tornister lehnte - so, als sei der Soldat eben erst heimgekehrt und habe seine Sachen achtlos neben der Tür abgelegt.
    Seufzend schlug sie den Einband zurück und musste eine weitere herbe Enttäuschung hinnehmen. Das Buch war auf Deutsch -etwas, das sie entweder vergessen oder als Kind überhaupt nicht gewusst hatte. Als sie und Reynaud es sich angeschaut hatten, hatte sie noch kaum lesen können und sich nur an den Bildern erfreut.
    Zumindest glaubte sie, dass es Deutsch war. Das Frontispiz zeigte den Titel in schmuckvollen, kaum zu entziffernden Lettern und darunter einen groben Holzschnitt von vier Soldaten mit Dreispitzen und Gamaschen, die im Gleichschritt nebeneinanderher marschierten. Ihre Kinderfrau war eine preußische Emigrantin gewesen, die als kleines Mädchen nach England gekommen war. Das Buch war vermutlich ihr eigenes gewesen. Hatte Nanny ihnen die Geschichte aus dem Gedächtnis erzählt, oder hatte sie ihnen alles Seite für Seite übersetzt?
    Von draußen drangen Stimmen in den Salon. Emeline richtete sich auf und trat ein paar Schritte von dem Tisch zurück. Aus irgendeinem Grund wollte sie ihre Besucher noch keinen Anteil an ihrem Fund nehmen lassen.
    Die Tür wurde von Crabs geöffnet. „Lord Vale und Mr. Hartley, Mylady."
    Emeline nickte. „Führen Sie sie herein."
    Sie konnte ihre Überraschung kaum verbergen. Zwar hatte sie die beiden heute zum Tee gebeten, aber nach ihrer gestrigen Auseinandersetzung hätte sie nicht damit gerechnet, dass sie sich zusammen einfinden würden. Doch hier kamen sie, zunächst Jasper in scharlachrotem Rock mit gelbem Besatz und kobaltblauer Weste, die perfekt zur Farbe seiner Augen passte. Sein rotbraunes Haar trug er ungepudert und zu einem Zopf zusammengefasst, der gewiss sehr ordentlich gewesen war, als sein Kammerdiener ihn heute früh gebunden hatte. Nun jedoch hingen Jasper schon wieder störrische Locken in die Stirn. Emeline kannte genügend Frauen, die für Jaspers beneidenswerte Lockenpracht über Leichen gegangen wären.
    „Meine Liebe." Jasper kam zu ihr und gab ihr einen flüchtigen Kuss, der irgendwo nahe ihrem linken Ohr landete. Über seine Schulter begegnete Emeline Samuels unergründlichem Blick. Wieder einmal war der Amerikaner ganz in Braun gekleidet, und obwohl er eigentlich besser aussah als Jasper, verblasste er doch neben diesem wie eine Krähe neben einem Pfau. DerViscount schlenderte davon und ließ sich in einen abendroten Sessel fallen. „Hartley und ich treten vor dich wie Bittsteller vor eine Königin. Wie gedenkst du, mit uns zu verfahren? Willst du Frieden zwischen uns stiften?"
    „Vielleicht." Emeline bedachte Jasper mit einem flüchtigen Lächeln und wandte sich dann Samuel zu, was ihr einiges an Selbstbeherrschung abverlangte. „Wird Ihre Schwester sich nicht zu uns gesellen?"
    „Nein", erwiderte Samuel und ließ seine Hände auf der Lehne eines Stuhls ruhen.
    „Sie bittet darum, sie wegen einer Migräne zu entschuldigen."
    „Das tut mir leid." Emeline deutete auf einen der Sessel. „Bitte, Mr. Hartley, möchten Sie sich nicht setzen?"
    Er neigte höflich den Kopf und setzte sich. Sein Haar war heute straff zusammengefasst und zu einem ordentlichen Zopf gebunden. Der bloße Anblick weckte in ihr den Wunsch, ihm das Haar zu zerzausen, bis es ihm wirr um die Schultern hing und sie ihre Finger darin vergraben und daran ziehen konnte, bis es ihn schmerzte.
    Glücklicherweise kamen just in diesem Augenblick die Mädchen mit dem Tee herein und rissen Emeline aus ihren unerquicklichen Gedanken. Sie setzte sich und versuchte, sich etwas zu beruhigen, während sie ein wachsames Auge auf das Arrangement des Teegeschirrs hatte und den Blick sittsam gesenkt hielt, um weder ihn zu sehen noch jene Stelle, an der er sie gestern Abend an die Wand gedrängt hatte. Gestern Abend erst hatte er sie hier, mitten in ihrem Salon, geküsst. Er hatte

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