038 - Verbotene Sehnsucht
ich Ihnen bei Ihren Ermittlungen behilflich sein könnte."
„Schön für Sie, dass Sie sich kurzum von jeglichem Verdacht freigesprochen haben", erwiderte Samuel steif, „aber ich lasse mich keineswegs so einfach ..."
„Nun lassen Sie es aber gut sein, Samuel!", platzte Emeline heraus. „Sie wissen ganz genau, dass Jasper nicht der Verräter ist. Geben Sie es zu." Noch während sie ihn verärgert anschaute, bemerkte sie mit Schrecken, dass sie ihn soeben bei seinem Vornamen genannt hatte. Wo war sie nur mit ihren Gedanken?
Samuel machte eine überaus artige, affektierte Verbeugung vor ihr. „Ganz wie die Dame wünschen." Er wandte sich an Jasper. „Ich erkenne Ihre Unschuld an - und sei es nur, um Ihre Verlobte zu beschwichtigen."
„Sehr gütig von Ihnen." Jasper lächelte kühl und bleckte die Zähne.
Samuel bleckte zurück.
Entschlossen straffte Emeline die Schultern. „Dann wäre das ja geklärt. Ihr werdet das Massaker und seine Folgen untersuchen. Gemeinsam."
Fragend schaute Jasper Samuel an.
Der nickte grimmig. „Gemeinsam."
8. KAPITEL
Tag um Tag und Nacht um Nacht bewachte Eisenherz Prinzessin Sonnentrost. Er stand hinter ihrem Stuhl, während sie bei Tische saß. Er folgte ihr wie ein Schatten, wenn sie sich in den königlichen Gärten erging. Er ritt neben ihr, wenn sie mit ihren Falken jagte. Und er lauschte mit ernster Miene, wenn sie ihm ihre Gedanken und Gefühle anvertraute und alle Geheimnisse, die tief in ihrem Herzen verborgen lagen.
Denn es ist seltsam, aber wahr, dass eine Dame sich sehr wohl in einen Mann verlieben kann, auch wenn er nicht ein einziges Wort zu ihr spricht...
Eisenherz
Rebecca öffnete die Tür ihres Zimmers einen Spaltbreit und spähte hinaus. Draußen schien alles ruhig. Kein Mensch war zu sehen. Auf Zehenspitzen schlich sie auf den Flur hinaus und schloss die Tür hinter sich. Eigentlich sollte sie mit maladem Kopf im Bett liegen - Evans hatte sie dort mit einem parfümierten Tuch und der strikten Anweisung zurückgelassen, es eine halbe Stunde auf der Stirn zu belassen aber da die Kopfschmerzen ohnehin nur eine Ausrede gewesen waren, hatte Rebecca auch kein schlechtes Gewissen, den Anweisungen zuwiderzuhandeln. Schuldgefühle waren es also nicht, die sie so verstohlen umherschleichen ließen. Vielmehr hatte sie Angst, von ihrer einschüchternden Zofe ertappt zu werden.
Leise huschte sie die Treppe hinunter und lief in den hinteren Teil des Hauses, um durch die schmale Seitentür unbemerkt in den Garten zu gelangen. Als Samuel gestern Abend diesen seltsamen Anfall im Ballsaal bekommen hatte, war ihr angst und bange geworden. Ihr großer Bruder wirkte immer so unerschütterlich, so stark und beherrscht. Zu sehen, wie er auf einmal am ganzen Körper zitterte und kreidebleich im Gesicht wurde, hatte sie zu Tode erschreckt. Samuel war ihre starke Schulter zum Anlehnen, ihr Fels in der Brandung. Wer sollte ihr denn Halt geben, wenn nicht er?
Von oben erklangen Stimmen. Rebecca blieb stehen und lauschte. Doch es waren nur zwei Dienstmädchen, die sich über das Auskehren der Kaminroste stritten. Sie atmete erleichtert auf und ging weiter. Der hintere Korridor war dunkel, aber sie konnte die Tür schon vor sich sehen. Nach all der Angst, die sie im Ballsaal um ihren Bruder ausgestanden hatte, war es geradezu lächerlich, sich betrogen zu fühlen, als er dann seinen wahren Grund für die Reise nach England offenbart hatte. Sie hatte ihn angebettelt, dass er sie mitnähme. Und wie glücklich sie gewesen war - wie dankbar -, als er ihr schließlich nachgegeben hatte. Nun entsprach ihre Enttäuschung in etwa ihrer anfänglichen Freude.
Seufzend stieß Rebecca die Tür auf, die in den hinteren Garten führte, und flüchtete hinaus in den Sonnenschein. Vielleicht lag es daran, dass die Besitzer das Haus nur vermieteten, aber der Garten befand sich in einem trostlosen Zustand der Vernachlässigung. Blumen gab es keine. Zumindest keine, die gerade blühten.
Stattdessen wurden die schmucklosen Kieswege von schulterhohen Hecken gesäumt. Hier und da wuchs ein Zierstrauch, und mancherorts öffneten sich die Hecken auf ein Karree oder Rondell, in dem kurz gestutzte Hecken zu kunstvollen Ornamenten beschnitten waren. In regelmäßigen Abständen standen marmorne Bänke, um sich von der ermüdenden Monotonie des Gartens zu erholen.
Rebecca schlenderte einen der Wege hinab und strich im Gehen müßig mit der Hand an der struppigen Hecke entlang. Ihre Gefühle für Samuel
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