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0380 - Jagd auf die Teuflische

0380 - Jagd auf die Teuflische

Titel: 0380 - Jagd auf die Teuflische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hätte Wang auch ahnen können, daß Ghasho zum Verräter wurde?
    Hauptmann Reet ließ Wang Lee nicht erst in eine Zelle bringen. Man schleifte den Gefesselten in die Folterkammer und kettete ihn dort erst einmal an die Wand. Dann verzogen sich die Gardisten und auch Hauptmann Reet und ließen Wang hier allein zurück. Vermutlich weckte Reet jetzt den Foltermeister, um sich mit diesem zusammen ans Werk zu begeben. So hatte Wang Gelegenheit, sich eingehend umzusehen.
    Er war nicht zum ersten Mal hier unten, aber erstmals als Gefangener. Die Folterkammer war mit den perfidesten Geräten ausgestattet, die menschlicher Geist ersinnen kann; ein Inquisator des Mittelalters wäre stolz darauf gewesen, ein solches Arsenal an Werkzeugen zu besitzen. Die Kammer war auch nicht gerade klein. Der König hielt viel von zügiger Arbeit. Man konnte sich hier gleich mit zehn Gefangenen zugleich befassen und aus ihnen alles herauspressen, was der Fragende zu hören wünschte.
    Wang schluckte.
    Vor dem Tod hatte er keine Angst. Er war ihm oft genug begegnet, als daß er ihn noch schrecken konnte. Dennoch lebte er gern und genoß jede Sekunde seines daseins. Aber er fürchtete die Folter, die er sich mit seinen unbedachten Bemerkungen selbst eingebracht hatte. Und er fragte sich, was aus Su Ling werden würde. Würde sie überhaupt erfahren, daß er hier starb?
    Je mehr Zeit verstrich, desto geringer wurde seine Hoffnung, daß Zamorra es noch schaffen könnte, ihn zu befreien. Es gab nicht einmal jemanden, der für ihn sprechen und ihn verteidigen konnte. Er war ein Deserteur, und mit denen machte man kurzen Prozeß. Es war aussichtslos, daß Zamorra, ein einzelner Mann, sich gegen die gesamte Palastgarde stellte.
    Wang Lees Blicke wanderten über die Folterinstrumente, die in erschreckender Zahl auf ihn warteten.
    Er fragte sich, ob es eine Möglichkeit gab, Selbstmord zu begehen, bevor die Folter begann. Und nach Möglichkeit dabei Reet, den Foltermeister und seine Knechte mit in den Tod zu nehmen.
    Aber solange er in Ketten gebunden war, sah es trübe aus…
    Er zuckte zusammen, als die große, eisenbeschlagene Tür sich öffnete. Zamorra?
    Worauf hoffst du eigentlich, Narr? Auf ein Wunder? schalt er sich, als er Reet und den Foltermeister erkannte. Hauptmann Reet grinste erwartungsfroh und rieb sich die Hände.
    »Nun wollen wir, einmal sehen«, sagte er unternehmungslustig.
    ***
    Direkt vor Zamorra senkten sich zwei Hellebarden über Kreuz und versperrten ihm den Weg in den Vorhof des Palastes. Öllampen warfen einen matten Schein in den Torbereich. Weiter drinnen im Innenhof brannten überall Fackeln, und ein großer Teil der Palastfenster war erleuchtet. Die vergoldeten Rüstungen der Wächter funkelten im Fackelschein.
    »Nun laßt mich schon vorbei«, sagte Zamorra in etwas gelangweiltem Tonfall. »Immer dieses Theater am Tor. Langsam wird es albern. Es ist doch nicht das erste Mal, daß ich hier ein-und ausgehe.«
    »Sagt Euer Begehr«, schnarrte einer der Wächter unbeirrt.
    Zamorra versuchte die Kampfkraft der vier Männer abzuschätzen. Aber es war aussichtslos, es mit Gewalt zu versuchen. Er würde sein Schwert erstens nicht schnell genug unter der Kutte hervorbringen, zweitens hatte er wenig Aussichten, gegen vier Kämpfer zu bestehen, und drittens würden sie laut Verstärkung herbeiordern. Er mußte sich also etwas anderes einfallen lassen.
    Wenn er sich darauf berief, eine der Hofschranzen oder gar der König selbst hätte ihn herbeigerufen, würde das schnell zu überprüfen und zu widerlegen sein. Es mußte also eine Sache sein, die ihn aus eigenem Antrieb herbrachte.
    Damals waren die Brüder fleißig aus- und eingegangen. Es hatte eine Art Empfang im Palast stattgefunden. Aber heute sah es nicht nach irgendwelchen offiziellen Anlässen oder Festivitäten aus.
    Also mußte er es anders versuchen…
    »Ihr habt einen Gefangenen im Kerker«, sagte er. »Einen Deserteur. Er wurde heute abend in der Schänke ›Zum Goldenen Fuchs‹ festgenommen.«
    »Und? Was geht’s Euch an?« fragte der Gardist.
    »Dieser Deserteur wechselte vor kurzem zum rechten Glauben über«, schwindelte Zamorra. »Es ist nun meine Aufgabe, ihm den letzten Trost zu spenden, ehe er in der Frühe hingerichtet wird.«
    Es war ein Spiel mit dem Feuer. Erstens wußte er nicht, ob das Todesurteil wirklich gefällt worden war, zweitens, ob derlei Dienste zum Aufgabenbereich der Brüder vom Blauen Stein gehörten. Wenn nicht, würden sie ihn gleich

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