Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

0381 - Die schwebenden Leichen von Prag

Titel: 0381 - Die schwebenden Leichen von Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Verfall, der vor ihnen nicht haltmachte. Es wurde Zeit, daß man sie renovierte. Aber wer konnte das bezahlen?
    Wir rollten an der Moldau entlang. Träge wirkte der Fluß, seine Wassermassen graubraun. Auf den Wellen spiegelte sich die Sonne.
    Wir mußten auf die andere Seite des Flusses. Der Russe tat mir den Gefallen und fuhr mich über die berühmte Karlsbrücke. Im Hintergrund sah ich den türkisfarbenen Kuppelbau einer Kirche im Sonnenlicht schimmern, und wir waren auch nicht weit vom Wenzelsplatz entfernt.
    In die Altstadt stachen wir hinein. Die Straßen wurden schmaler, die Hauswände rückten näher zusammen. Es gab kleine Geschäfte und auch Kneipen, wo das Pilsener Urquell ausgeschenkt wurde.
    Schon jetzt bekam ich eine trockene Zunge. Golenkow konnte Gedanken erraten. »Vielleicht gönnen wir uns einen Zug durch die Gemeinde«, sagte er. »Natürlich nur, wenn wir es geschafft haben.«
    »Sicher, ich bin dafür.«
    Er mußte bremsen, weil Kinder über die Straße rannten. Ihnen folgten zwei junge Mädchen, deren Röcke im Rhythmus ihrer Gehbewegungen wippten und dabei viel Bein zeigten. Es gab verdammt hübsche Mädchen in der Tschechei!
    In einer Gasse, die leicht bergab führte und mit Kopfsteinpflaster ausgelegt war, fuhren wir. Hier herrschten die Schatten vor. Das Licht der Sonne drang kaum durch.
    Das Hotel lag an einer Ecke, wo zwei schmale Straßen zusammentrafen. Die eine endete vor einer großen Treppe, die zu einer Kirche führte und von schmalen Hauswänden flankiert war.
    Im oberen Drittel zeigten die Häuser den goldenen Glanz der Sonne.
    Einen Parkplatz besaß das Hotel nicht. Seine vordere Wand war gelb gestrichen. Kaisergelb, wie die Österreicher dazu sagen.
    »Der Koffer ist bereits da«, erklärte mir Golenkow beim Aussteigen. »Das Haus ist zwar nicht sehr komfortabel, aber es läßt sich darin wohnen. Außerdem gibt es hier ein gutes Essen. Sie sollten mal die Pflaumenknödel probieren. Die Powidl…«
    Ich lachte. »Lassen Sie mal. Den Namen kann ich auch nicht aussprechen.«
    In der kleinen Rezeption kam ich mir vor wie im 19. Jahrhundert.
    Alles war so alt, so anders, irgendwie spießig und trotzdem herrschaftlich, als würde jeden Augenblick der Herzog von Böhmen mit seinem Gefolge eintreffen. Man roch noch den Glanz einer leider vergangenen Zeit, wie viele behaupteten.
    Ein grauhaariger Portier, der mich in seiner Uniform mehr an eine Operettenfigur erinnerte, erwartete uns, verbeugte sich und begrüßte mich auf Deutsch.
    Es war tatsächlich alles vorbereitet worden. Mein Zimmer lag im zweiten Stock, wie er mir erklärte.
    In das Gästebuch brauchte ich mich nicht einzutragen. Golenkow hatte für alles gesorgt. Wieder einmal konnte ich feststellen, daß die Russen vieles unter Kontrolle hielten.
    Wladimir verabschiedete sich von mir. »Ich rufe Sie an, falls ich eine Spur habe.«
    »Ja, ist gut. Wo kann ich Sie erreichen?«
    Er winkte ab. »Lassen wir es bei meinem Anruf. Das ist besser!«
    »Machen Sie hier so auf geheim?«
    Er hob die Schultern. »Ich habe meine Anweisungen. Nicht gegen Sie, Towaritsch, aber es ist nun mal so. Nehmen Sie es nicht persönlich. So war es nicht gemeint.«
    »Schon gut.«
    Der Russe ging. Ich blieb mit dem Portier allein in der Halle zurück. »Er ist Russe, nicht?« sprach mich der Mann an.
    »Ja, warum?«
    »Ach, nur so. Kommen Sie, Mr. Sinclair, ich zeige Ihnen das Zimmer. Leider haben wir keinen Aufzug. Es macht Ihnen doch nichts aus, oder?«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    Die Treppe war normal breit, bestand aus Stein und war mit einem Teppich belegt worden, der schon starke Verschleißerscheinungen zeigte.
    Was mir auffiel, waren die kleinen Fenster. Man konnte sie schon als Kunstwerke bezeichnen mit ihren schmalen Rundbögen und den zahlreichen Sprossen. Das Glas wurde im Sonnenlicht gebadet und hatte einen goldenen Schimmer bekommen.
    Im zweiten Stock führte mich der Mann durch einen schmalen Gang. Rechts und links lagen die Zimmertüren.
    Etwa in der Mitte lag mein Zimmer. Der Portier öffnete. Ich war über die Größe des Zimmers ebenso überrascht wie von der Einrichtung. Das war schon Jugendstil. Ein großes Bett, ein hoher Schrank, ein Tisch, zwei Sessel, aber keine Dusche und auch kein WC.
    Beides befand sich am Ende des Ganges, wie mir der Portier erklärte. Ich drückte ihm ein Trinkgeld in die Hand, er bedankte sich und ging. Mir kam es so vor, als wollte er mir noch etwas sagen, aber das ließ er bleiben. Leise zog er die Tür

Weitere Kostenlose Bücher