039 - Der schwarze Abt
trüben, daß sich in seiner Tasche noch ein fünftes derartiges Papier befand, von dem Dick Alford freilich nichts ahnte.
»Ja, und diese Heirat - wollen Sie sie nicht beschleunigen, Alford? Setzen Sie sie, wenn es geht, auf nächsten Monat fest. Leslie ist ein schnurriges kleines Ding und sucht das Unvermeidliche hinauszuschieben - na, vielleicht ist das Mädchenart. Stecken Sie es hinter Harry!«
»Die Entscheidung darüber muß Ihrer Schwester überlassen werden«, stellte Dick kurz und unwiderruflich fest.
Zusammen verließen sie das Arbeitszimmer. Leslie, die sie besorgt erwartete, sah das entspannte Gesicht ihres Bruders und atmete erleichtert auf. Dick griff nach seinem Hut.
»Sie wollen schon wieder gehen?«
»Spielen wir Mah-Jongg!« forderte ihn der Hausherr auf.
Doch Arthur Gine gegenüberzusitzen war mehr, als er sich an diesem Abend zumuten wollte.
»Ah, hier habe ich etwas für Sie!« rief Gine gemütlich und zeigte auf einen Dolch an der Wand, lang und schwarz, der Griff vom Gebrauch geglättet, die Klinge gekerbt und zackig. »Es gehört eigentlich nach Fossaway - der echte Dolch, mit dem Hubert von Redruth, der echte Schwarze Abt, umgebracht wurde. Sehen Sie sich das Wappen auf dem Griff an!«
»Ich habe es früher schon gesehen«, erwiderte Dick kurz und wandte sich an das Mädchen. »Ziehen Sie Ihren Mantel an, Leslie, ein kleiner Spaziergang wird Ihnen guttun.«
Und Arthur, der in der momentanen Verfassung jeden Vorschlag Dicks unterstützt haben würde, redete ihr gleichfalls zu.
15
Eine dunkle Nacht, der Mond brach nur dann und wann durch die treibenden Wolken. Leslie schob ihre Hand unter Dicks Arm, als sie die stockfinstere Allee hinab zur Straße gingen. »Habt ihr euch gezankt?« wollte sie wissen.
»Das gerade nicht - es fielen ein paar unverblümte Worte, die die Luft reinigten. Morgen wird Gilder entlassen.« Sie schwieg eine ganze Weile und schien nachzudenken. »Ist das klug? Mir ist ein wenig angst vor dem Mann.« »Ein gefährlicher Feind, sicher, aber zu fürchten doch nur, soweit seine Macht reicht.« »Kann er Arthur nichts anhaben?«
»Nicht mehr - und Ihnen bestimmt nicht. Übrigens hat mich Ihr Bruder gebeten, die Beschleunigung Ihrer Heirat zu betreiben, was ich ablehnte. - Sie sehen Harry sehr selten, Leslie?«
»Er vermißt mich wirklich nicht, Dick! Die Suche nach dem Schatz und dem Lebenselixier nimmt ihn völlig in Anspruch.«
»Hat er mit Ihnen darüber gesprochen?«
»Natürlich. Was halten Sie von dem Schatz?«
»Die Grafen von Chelford haben in den letzten vierhundert Jahren für die Suche mehr ausgegeben, als der Schatz wert ist. Und außerdem bin ich überzeugt, daß die gierige Bess sich bis zum allerletzten Goldbarren alles angeeignet hat.«
»Ich bin anderer Meinung«, widersprach Leslie überraschend. »In letzter Zeit habe ich mich ein wenig mit Elisabeths Geschichte beschäftigt. In dem Jahr, als das Gold versteckt wurde, herrschte in den Kassen der Königin eine solche Ebbe, daß sie von den Lombarden Geld leihen mußte.«
Er blieb stehen.
»Stimmt das wirklich?«
»Ja. Wenn Sie nicht ein so unverbesserlicher Skeptiker wären und etwas mehr lesen würden, wüßten Sie, daß die Königin im Jahre 1582 bankrott war!«
Beim Hohlweg bog Dick nach links ab. Auf einem kleinen Pfad näherten sie sich der Abtei.
»Sie sollen die Ruinen einmal im Mondschein sehen, Leslie! Es hat unbedingt einen romantischen Reiz.«
Im Mondlicht warf das zerfallene Gemäuer lange, unwirkliche Schatten. Wenn die Überlieferung stimmte, hatte in grauer Vorzeit hier ein Opferstein gestanden, lange bevor die normannischen Mönche den Meißel an die Blöcke für ihre Abtei legten. Leslie sah im Geist die schwarzen Kutten der Mönche sich hin und her bewegen. Links unten am Hang spiegelte sich der Mond im Ravensrill, ein Gekräusel von gleißendem Silber. Am Ufer des Flüßchens hatten die frommen Männer einst mit ihren Angelruten gesessen. Zu Staub waren sie geworden, und ihre prächtige Abtei zerbröckelte zu Schutt.
Da - ein Trugbild? Sie hätte schwören können, daß etwas im Schatten der Turmruine vorübergehuscht war.
»Was gibt's?« fragte Dick, der ihren raschen Atem hörte.
»Ach nichts! Wahrscheinlich Einbildung - es kam mir vor, als ob sich drüben jemand bewegte.«
»Das könnte zu dieser Nachtstunde höchstens der Schwarze Abt sein«, scherzte er. »Und den fürchten wir beide doch nicht?«
Im gleichen Augenblick hörten sie ein Ächzen, ein
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