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039 - Der schwarze Abt

039 - Der schwarze Abt

Titel: 039 - Der schwarze Abt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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feierlich an, um sogleich vor ihrem drohenden Zeigefinger zu verstummen.
    »Wenn Sie geschmacklos werden, gehe ich Puttler suchen!«
    An die graue Steinbalustrade gelehnt, schaute sie hinab auf die windbewegte Fläche goldener Chrysanthemen, jede Blütendolde von der Größe eines Tellers. Aber nicht alle waren golden, es gab dazwischen auch solche von sattem Rot, schneeigem Weiß, flammendem Orange; und jenseits dieser Pracht, am Gartenende, eine Hecke von Rosen, deren Duft bis zum Haus herüberwehte.
    »Ein wunderschönes Besitztum! Es wundert mich nicht, daß Sie es lieben. Wie lange gehört es Ihrer Familie?«
    »Achthundert Jahre. Der erste Graf von Chelford hackte dem ursprünglichen Besitzer den Kopf ab und ernannte sich selbst zum Eigentümer. Seine Nachfolger stahlen noch einige tausend Hektar von den Bauern, bis der heutige Besitz komplett war.«
    »Sie haben wenig Illusionen, Dick!«
    »Ich hoffe, gar keine.« Irgendwie verletzte sie diese Antwort.
    Zweimal mußten sie nach Harry schicken, ehe er zu erscheinen geruhte, und als er endlich auftauchte, merkte man ihm an, wie sehr ihn Puttlers Fehlen verdroß.
    »Ein äußerst intelligenter Mensch!« lobte er. »Ungewöhnlich bewandert in der Geschichte, speziell in der englischen. Leider liest er nicht deutsch, aber ich habe ihn überredet, sich mit dem Studium dieser Sprache zu befassen.« Im gleichen Atemzug kam er, in der Annahme, Leslie damit einen Gefallen zu tun, auf die Hochzeit zu sprechen. »Diese ganzen pompösen Zeremonien - Schleier, Brautjungfern und Orangenblüten - halte ich für ein wenig geschmacklos und barbarisch. In Amerika soll es, wie ich hörte, Sitte geworden sein, sich im Salon trauen zu lassen. Ob sich das nicht auch hier arrangieren ließe, Dick? Der alte Bischof ist doch ein recht gefälliger Gentleman.«
    »Frage Puttler«, riet Dick. »Er ist eine Autorität auf dem Gebiete des Rituals.«
    »Auf manch anderen Gebieten gleichfalls«, versetzte Harry mit ungewohntem Enthusiasmus. »Er machte mich zum Beispiel darauf aufmerksam, daß möglicherweise ein Kryptogramm mit einem direkten Fingerzeig auf das Versteck des Schatzes vorhanden sei. Seines Erachtens kommen als Versteck besonders Verliese in Betracht, wovon wir ja genug haben. Ich werde dem einmal nachgehen und die Böden auf hohle Stellen hin untersuchen.«
    »Die Verliese, wie du sie nennst, sind Weinkeller. Wenn Puttler in der Nähe des Portweins herumzubuddeln beginnt, ist's mit unserer Freundschaft vorbei!« ereiferte sich Dick. »Außerdem bin ich überzeugt, daß kaum einer der Vorfahren es unterlassen hat, die Decken deiner Verliese aufzubrechen! Einer ließ sogar große Mauern umlegen, und es kostete unseren Vater an die tausend Pfund, um den durch diesen Goldsucher angerichteten Schaden wieder gutzumachen.«

20
    Leslie hatte, ohne sich an der Unterhaltung zu beteiligen, in steifer Haltung zugehört und wurde erst wieder munter, als Lord Alford sich mit einer matten Entschuldigung zurückzog.
    »Erzählen Sie mir mehr von Ihrem Detektiv, Dick. Mir gefällt er, Ihr Schutzengel! Er soll seine Untersuchungen auch auf das Willow-Haus ausdehnen - ich stelle ihm sogar meinen Wagen zur Verfügung.«
    »Sind Sie ängstlich, Leslie?«
    »Ja - doch. Der Schwarze Abt ist ja sehr romantisch, aber furchterregend. Fürchtet Harry ihn auch?«
    »Ein wenig.«
    »Warum wohl?«
    »Weil er sehr nervös veranlagt ist. Es wäre ungerecht, bei solchen Menschen von Feigheit zu sprechen. Wenn Sie mich hinter dem Schwarzen Abt herjagen sähen, würden Sie glauben, ich sei ungeheuer tapfer, während die Sache ganz einfach so liegt, daß ich weder von Nerven noch von der Einbildungskraft geplagt werde.«
    »So einfach ist es auch wieder nicht, das wissen Sie selbst am besten, Dick!«
    »Kommen Sie, da unten promeniert Puttler - wir wollen ihm etwas Gesellschaft leisten.«
    »Ein herrlicher Fleck Erde!« gab Puttler seiner Bewunderung Ausdruck, als die beiden zu ihm stießen. »Noch nie habe ich so viele Rosen beisammen gesehen, außer auf dem Markt von Covent Garden.«
    »Zu Ihrer Orientierung, Mr. Puttler - ich habe Miss Gine Ihren wirklichen Beruf verraten.«
    Der Detektiv runzelte die Stirn.
    »Sie kennen Miss Gine besser als ich, Mr. Alford. Im allgemeinen glaube ich, daß sich solche Dinge leichter abwickeln lassen, wenn man den Mund hält. Das soll jedoch kein Vorwurf sein.« Er blieb unter einem hohen Baum stehen. »Da hatten wir zum Beispiel in Scotland Yard einen gewissen Carter, der

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