039 - Tod in der grünen Hölle
dessen Wortlaut nicht zu verstellen war, hallte herüber. Wieder brüllte ein Mensch.
»Die Indios sind auf Feinde gestoßen«, sagte Dorian Hunter. »Los! Wir müssen hin.«
Die sechs Männer und das Halbblutmädchen hasteten durch den Dschungel. Bis sie den Ort des Kampfes erreicht hatten, war alles vorbei. Nur die Dschungeltiere lärmten noch.
Zwischen den Bäumen lagen drei tote Indios. Die abgehauene Hand des einen umklammerte Gene Greenes Revolver. Von den Gegnern der Indios war entweder keiner ums Leben gekommen oder die Kameraden hatten die Leichname mitgenommen.
Sacheens französisches Cetmé-Gewehr lag am Boden. Der Kolben war gegen einen Baum geschmettert worden und abgebrochen.
Zwei Dutzend Schritte entfernt raschelte es im Gebüsch. Dorian Hunter und Jean Daponde leuchteten mit der Stablampe hin. Sie sahen drei Gestalten weglaufen. Im Lichtkegel funkelten Brustharnische und Eisenhelme. Einer der Männer hielt eine Arkebuse in der Hand. Die drei sprangen über einen gestürzten Baumstamm und waren im nächsten Moment im Unterholz verschwunden.
Arturo Pesce wollte hinterher, aber da krachte ein Schuß wie Kanonendonner. Ein langer Feuerblitz zuckte hinter einem Baum hervor, und die schwere Bleikugel streifte Pesces Tropenhelm. Er stürzte zu Boden.
Die anderen Männer knipsten die Lampen aus und gingen in Deckung. Aber nichts rührte sich mehr.
»Das waren spanische Konquistadores aus dem sechzehnten Jahrhundert«, sagte Jean Daponde. »Einer hat mit der Arkebuse geschossen. Was wir vorhin hörten, waren ebenfalls Arkebusenschüsse.«
»Verdammt noch mal!« schimpfte Elliot Farmer. »Sind wir denn alle übergeschnappt? Wir leben im zwanzigsten Jahrhundert, zum Teufel, nicht im sechzehnten. Diese Spanier haben seit vierhundert Jahren tot zu sein.«
»Dafür ist Fernando Parras seit vierhundert Jahren tot, der frühestens vor sieben Wochen gestorben sein kann.« Bruce Ehrlich war sichtlich erschüttert. Er verstand die Welt nicht mehr. Hilfesuchend wandte er sich an Dorian Hunter. »Was nun?«
»Ich will versuchen, mich mit den Spaniern zu verständigen.« Dorian legte die Hände wie einen Schalltrichter vor den Mund und rief in altertümlichem Spanisch, wie es in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts gesprochen worden war, in den Dschungel: »Wir sind Freunde. Habt keine Angst! Wir haben keine feindlichen Absichten. Wir sind eure Verbündeten.« Er fügte hinzu: »Ist Pascual Martinez bei euch? Oder kennt ihr ihn? Hier ist sein Freund Jorge Rodolfo Speyer.«
Nur die Tierstimmen des nächtlichen Dschungels antworteten Dorian.
»Hier ist Rodolfo Speyer«, rief er noch einmal. »So antwortet mir doch!«
Es kam keine Antwort.
»Ihr bleibt hier!« sagte Dorian zu den anderen. »Ich will sehen, ob ich diese Spanier nicht einholen kann. Falls ich nicht zurückkommen sollte, versucht, euch zum Stützpunkt am Rio Negro durchzuschlagen.«
»Was geht hier eigentlich vor?« fragte Jean Daponde. »Woher können Sie das altertümliche Spanisch, das Sie da eben gesprochen haben, Mr. Hunter? Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Was für ein Spiel wird hier gespielt?«
Dorian Hunter antwortete nicht und verschwand in der Nacht.
Arturo Pesce saß stöhnend auf dem Boden. Die anderen starrten mit schußbereiten Waffen in die Finsternis.
Dorian pirschte sich durch den nächtlichen Dschungel. Von den Spaniern sah er nichts mehr. Sie waren im Gewirr der grünen Hölle untergetaucht. Einmal hörte Dorian ein Rascheln hinter einem Lianenvorhang. Er schlug die Lianen mit dem Lauf des Schnellfeuerkarabiners zur Seite und leuchtete mit der Stablampe. Ein großer Ameisenbär schaute geblendet ins Licht der Lampe.
Als Dorian weiterging, spürte er plötzlich einen Schlag gegen den rechten Stiefelschaft. Als er die Lampe aufleuchten ließ, sah er eine ihm unbekannte zwei Meter lange Schlangenart.
Dorian wußte nicht, ob sie giftig war. Er schlug ihr mit der Machete, die er mitgenommen hatte, den Kopf ab. Danach entschied er, daß es zu gefährlich war, im nächtlichen Dschungel umherzutappen.
Auf dem Rückweg geriet er fast in ein Sumpfloch. Als er sich den anderen näherte, rief er sie an. Vom Funkgerät, der Expeditionsapotheke und anderen von den Indios entwendeten Sachen hatten sie am Kampfplatz und in der Umgebung nichts gefunden.
Es war nach Mitternacht. Die sechs Männer und das Halbblutmädchen Sacheen kehrten zum Camp zurück und versuchten, noch ein paar Stunden Schlaf zu finden. Die
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