039 - Tod in der grünen Hölle
Ich behaupte, das ist El Dorado. Eine zweite Stadt wird es hier kaum geben.«
»Es ist die Stadt des Dämons«, sagte Jorge, der zweite Mestize. »In Manaus in der Kneipe habe ich davon gehört.«
Die Indios fingen an, ihre Lasten abzuwerfen. Lipwitz nahm die Remington-Großwildbüchse von der Schulter, Ballard entsicherte das M16-Schnellfeuergewehr. Tiquito, der außer seiner Packlast auch noch Lipwitz' französischen M49-56-Schnellfeuerkarabiner trug, umklammerte trotzig den Schaft und den Kolbenhals der Waffe. Er machte ein böses Gesicht, hatte aber den Karabiner nicht entsichert. Gefährlicher waren da schon die beiden Mestizen, beides abenteuerliche Gestalten mit Trommelrevolvern und Gewehren. Einer trug einen Winchester-Repetierer, der andere eine Doppelbüchse; und sie konnten mit ihren Waffen umgehen.
»Ihr geht mit in die Stadt!« sagte Lipwitz scharf.
»Versuchen Sie lieber nicht, uns dazu zu zwingen, Señor«, antwortete Jorge. »Vor den Gefahren des Dschungels, vor den Kopfjägern und den Jaguaren fürchten wir uns nicht, aber mit Dämonen und Geistern wollen wir nichts zu tun haben.«
Lipwitz zerbiß einen Fluch zwischen den Zähnen.
Da regte sich seitlich von den Männern etwas im Unterholz. Zwei seltsame Gestalten traten hervor. Es waren Indianer, aber keine Angehörigen der primitiven Jäger- und Sammlerstämme, die den Dschungel durchstreiften. Sie trugen Wattepanzer und runde, reich mit Schnitzereien und Einlegearbeiten verzierte Schilde. Über der linken Schulter hatten sie kurze Bögen und einen Köcher mit Pfeilen hängen. In der Rechten hielten sie lange Klingen aus einem schwarzglänzenden, wie poliertes Glas aussehenden Material. Es waren Obsidianklingen, wie die Inkas und andere Völker sie benutzt hatten. Auf dem Kopf hatten die beiden Indios dicke, konische, mit Borten verzierte und bestickte Hauben. Trotz ihrer seltsamen Aufmachung sahen sie wild und kriegerisch aus.
Die fünf Indios vom Suchkommando und die beiden Mestizen starrten sie konsterniert an. Einzig Lipwitz und Ballard wußten, wen sie vor sich hatten. Das waren Inkas; und sie sahen so aus, als stammten sie noch aus der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts, als Francisco Pizarro und seine Konquistadores das Reich der Inkas in Blut und Feuer untergehen ließen.
Rund um den Suchtrupp traten jetzt weitere Inkas aus den Verstecken. Sie hatten sich zwischen Farnen und Gestrüpp ungesehen herangepirscht. Drohend fuchtelten sie mit den blanken Obsidianschwertern und -beilen herum und richteten Pfeile auf die neun Männer, die sich in die Nähe ihrer Stadt begeben hatten. Einer, prächtiger gekleidet als die anderen und mit einer Federhaube auf dem Kopf, trat vor. Er deutete mit der Obsidianklinge auf die Stadt und sagte mit kehliger Stimme ein paar Worte in einer unbekannten Sprache.
»Er will, daß wir zur Stadt gehen«, sagte Ballard zu Lipwitz.
Der kleine, kraushaarige Kolumbianer, der mit seiner Stupsnase einem Äffchen ähnelte, hatte jetzt weit weniger Lust, die Stadt aufzusuchen, als noch vor zwei Minuten.
»Das gefällt mir ganz und gar nicht«, sagte er auf englisch zu Ballard.
Der Inka wiederholte seinen Befehl und fuchtelte mit dem Schwert herum. Die fünf Indios vom Suchkommando zitterten wie Espenlaub. Die beiden weißen Männer und die Mestizen hielten die Waffen im Anschlag, bereit, unter den Inkas ein Blutbad anzurichten, sollten diese sie angreifen.
Da hörten sie eine donnernde Stimme, und jeder verstand die Worte, die sie sprach, in seiner Muttersprache.
»Werft die Waffen weg, ihr Würmer! Ihr gehört mir! Und einer von euch soll die Reise ohne Wiederkehr machen wie einst der Dämon Aguilar. Ergebt euch dem mächtigen Fürsten der Finsternis!«
Calo und Jorge schrien vor Schrecken auf, und drei der fünf Indios fielen zu Boden und wimmerten um Gnade. Dann trat der Sprecher durch die geschlossene Reihe der Inkas. Er war prächtig gekleidet. Sein roter Umhang wies herrliche Stickereien auf, war mit Gold und Edelsteinen geschmückt. Auf dem Kopf trug er eine Federkrone, und sein Gesicht war edel, energisch und wild zugleich; eine große, gebogene Nase beherrschte es. Seine Augen waren blutunterlaufen, als seien alle Äderchen in ihnen geplatzt. Von Gestalt war er stämmig und groß für einen Indio.
Lipwitz starrte diese Erscheinung, den Herrscher der umstehenden Inkas, mit hervorquellenden Augen an. Er war wie vom Donner gerührt, denn er kannte dieses Gesicht; auf einer alten Zeichnung eines
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