0391 - Susans Knochenmann
Aber jetzt saß er hier neben ihr im Wagen, und was auch immer in ihrem Haus passierte, er würde es mitbekommen!
Wie würde er darauf reagieren?
Susan wußte keine Antwort. Sie konnte nur hoffen.
***
Zamorra öffnete eine Tür nach der anderen. In jeden der Räume im Erdgeschoß warf er einen Blick. Aber er konnte nichts Außergewöhnliches entdecken. Die Zimmer waren normal eingerichtet. Alles, was Zamorra auffiel, war, daß die Einrichtung manchmal nicht ganz in sich stimmig war - in manchen Zimmern fehlte der persönliche Stil der Bewohnerin. Zamorra schloß daraus, daß sie nicht jedes Zimmer selbst eingerichtet hatte, sondern manches vom Vorbesitzer übernahm und so beließ, wie es gewesen war. Aus welchen Gründen auch immer…
Es konnte also noch nicht lange her sein, daß Susan Boyd in dieses Haus eingezogen war. Zamorra nahm an, daß sie es geerbt hatte. Als freie Mitarbeiterin einer Tageszeitung verdiente man nicht so viel, daß man sich ein großes Haus wie dieses kaufen konnte, und Susan war der Beschreibung und auch ihrer Stimme und Sprechweise nach noch nicht so alt, daß sie im Laufe vieler Jahre genug Geld auf die hohe Kante gelegt haben konnte.
Aber das alles registrierte der Parapsychologe nur nebenher. Wichtiger war ihm, festzustellen, wo sich die unsichtbare Macht, der Spukgeist, versteckte.
Aber zumindest im Erdgeschoß konnte er keine magische Aura spüren.
Das grüne Schutzfeld des Amuletts hüllte ihn ein und sorgte dafür, daß er nicht erneut überraschend angegriffen werden konnte. Lag es vielleicht daran? Hatte der Spukgeist diesen magischen Schutzschirm erkannt, begriffen, daß er momentan nichts ausrichten konnte und sich deshalb zurückgezogen?
Zamorra sah fragend zu Gryf hinüber, der in der Haustür stehengeblieben war und sicherte.
Der Druide schüttelte den Kopf. »Nichts zu spüren, Alter. Aber das war vorhin genauso. Ich bemerkte es erst, als der Angriff bereits erfolgte.«
Zamorra nickte. Er kam zum Fuß der Treppe, die nach oben führte. Auf den ersten Stufen zögerte er. Dann aber gab er sich einen Ruck und schritt hinauf. Er war hier, also konnte er auch Nägel mit Köpfen machen und das Haus richtig untersuchen. Die Tür war offen gewesen; niemand konnte ihm für sein Stöbern einen wirklichen Vorwurf machen. Außerdem war er ja kein Dieb.
Er erreichte das Obergeschoß.
Auch hier ein halbes Dutzend Türen, die Zamorra der Reihe nach öffnete, um die Zimmer dahinter zu überprüfen. Wieder konnte er nirgendwo die Anwesenheit eines Spukgeistes, eines Poltergeistes, feststellen. Alles blieb ruhig. Zu ruhig…
Eine schmale Stiege führte zum Dachboden hinauf. Zamorra rief Gryf, der immer noch unten wartete, zu, daß er auch den Boden untersuchen wolle. »Paß auf«, warnte der Druide. »Dachböden und Keller haben es manchmal in sich.«
Das war Zamorra völlig klar. Er stieg nach oben und öffnete die Tür, die es in einem abgekleideten Kasten gab, der hoch in den Dachboden hinein ragte. Das war bequemer als eine Deckenfalltür, die man erst umständlich hochklappen mußte.
Hier oben war alles dunkel. Zamorra suchte vergeblich nach einem Lichtschalter. Man hatte darauf verzichtet, den Dachboden mit elektrischem Licht auszustatten. Im Schein seines grünen Schirmfeldes konnte Zamorra undeutlich einige Kisten erkennen, die in der Nähe standen, und eine verglaste Fensterluke in der Dachschräge, durch die aber dank des bewölkten Himmels kein Licht fallen konnte.
Zamorra lauschte in die Dunkelheit. Wieder versuchte er magische Bewußtseinsströme zu erfassen.
Nichts…
Er verließ den Dachboden wieder. Er glaubte nicht, daß er mit Licht mehr herausfinden könnte als in der Dunkelheit. Das, was er suchte, war mit normalem Licht nicht zu entdecken. Die Mittel, die Zamorra anwandte, waren besser und reichten aus.
Es blieb der Keller.
Als Zamorra nach unten kam, hörte er es draußen rauschen. »Es regnet«, stellte Gryf trocken fest. »Wie sollte es in England auch anders sein.«
»Deine Hütte auf Anglesey gehört auch zu England«, spöttelte Zamorra.
»Anglesey ist Wales, nicht England«, beharrte der Druide. »Und in Wales scheint immer die Sonne. Manchmal etwas weniger, aber…«
Zamorra winkte ab. Er fand unter der Treppe eine Tür, der er vorhin absichtlich keine Beachtung geschenkt hatte, weil er davon ausging, daß sich dahinter die Kellertreppe befand. Jetzt versuchte er diese Tür zu öffnen.
Sie gab nicht nach. Abgeschlossen.
»Na dann«,
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