0391 - Susans Knochenmann
stabile Haut und festes Fleisch. Keinen blanken Knochen.
Tief atmete er durch.
Er drehte sich langsam um.
Susan stand da. Sie würgte, war totenblaß. Sie rieb sich die rechte Hand, als würde sie schmerzen. War da nicht eine Brandblase?
»Was… was war das?« keuchte sie schließlich. »Das war doch unmöglich… unmöglich…«
Zamorra sah in das Waschbecken. Dort lagen keine fauligen Fleischreste. Das wäre auch unmöglich gewesen. Schließlich hatte er nichts entfernt!
Das Amulett hatte diesmal reagiert, begriff er. Aber es war zu langsam gewesen. Als sich die Abschirmung aufbaute, hatte sich die bösartige Magie bereits in Zamorras Gesicht befunden. Die Abkapselung konnte nicht mehr wirken; darunter arbeitete das Fremde munter weiter und gaukelte Zamorra Selbstzerstörung vor.
Er ließ sich wieder auf den Hocker sinken. Nachdenklich sah er Susan an, die am ganzen Körper zitterte.
»Ich verstehe das alles nicht«, flüsterte sie.
So ganz verstand es Zamorra auch nicht. Er fragte sich, was das für ein dämonischer Spukgeist war und was er bezweckte. Er schien eine ganz enorme Stärke zu besitzen. Darauf deutete die Tatsache hin, daß er Zamorra nun schon dreimal überrumpelt und in seinen Griff genommen hatte. Beim Nackenschlag beim Eintreten, beim Angriff Mark Cramers und jetzt. Jedesmal war er schneller gewesen als Marlins Stern. Das war unglaublich.
Zamorra ahnte, daß der Spukgeist ihn hätte töten können, wenn er es gewollt hatte. Alle drei Angriffe waren Abschreckmanöver gewesen, Warnungen, die Zamorra veranlassen sollten, sich zurückzuziehen. Das hier ist mein Reich, signalisierten die Aktionen. Hier regiere ich und verjage jeden, der sich mir in den Weg stellt. Die Aktionen waren dem jeweiligen Gegner angepaßt. Susan war wohl nur leicht erschreckt worden im Verhältnis zu dem, was jetzt geschah. Auf einen gefährlichen Gegner reagierte der Spukgeist mit entsprechend härteren Angriffen. Aber bisher hatte er nicht getötet.
Das aber war für Zamorra noch kein Grund, den Kampf einzustellen. Das Haus gehörte Susan Boyd, und sie sollte hier wieder in Ruhe leben können, ohne ständig Angst vor dem Spukgeist haben zu müssen. Dafür wollte Zamorra sorgen.
Aber wie? Der Geist war nicht greifbar…
Wie ein Kind nahm Zamorra Susan bei der Hand und führte sie wieder nach unten zu den anderen. Auf der Treppe stürmten ihm Nicole und Gryf entgegen. Nicole fiel ihm um den Hals. »Gott sei Dank!« stieß sie hervor. »Ich dachte schon, der Spuk hätte dich umgebracht.«
Zamorra lächelte dünn.
»Unkraut vergeht nicht, Nici«, sagte er.
***
Wie erwartet, hatte Mark Cramer keine Erinnerung an das, was er getan hatte. Sein bewußtes Denken hatte in dem Moment wieder eingesetzt, in welchem er unter Nicoles lähmendem Griff zusammenbrach. Inzwischen war er wieder voll handlungsfähig und zeigte keine Nachwirkungen. Er wollte es einfach nicht glauben, daß er unter dem Einfluß einer unsichtbaren Macht Professor Zamorra angegriffen hatte. Auch von der sich bewegenden Gardine wußte er nichts. Das einzige, was ihm ein Indiz dafür war, daß sich alles tatsächlich so zugetragen hatte, wie die anderen erzählten, war, daß er keine Erklärung dafür fand, wie er aus Susans Arbeitszimmer ins Wohnzimmer gelangt war.
Jetzt hockte er in einem Sessel und grübelte darüber nach. Den Spuk akzeptieren wollte er einfach nicht.
»Wir müssen endlich selbst etwas tun«, sagte Zamorra. »Fügen wir einmal zusammen, was bisher passiert ist, damit wir ein exaktes Gesamtbild bekommen. Bitte, Miß Boyd…«
Susan begann zu erzählen, wie sie auf diesen unheimlichen Unsichtbaren zum ersten Mal aufmerksam geworden war. Fassungslos starrte Mark Cramer sie an. »Warum hast du mir nichts davon erzählt?« stieß er hervor. »Ich hätte dir helfen können, eine vernünftige Erklärung zu finden! Statt dessen verfällst du mehr und mehr in Panik…«
»Mark!« sagte Susan scharf. »Deine Zweifel kennen wir inzwischen.«
Er verstummte verbiestert.
Zamorra fuhr fort. »Wir fanden die offene Haustür vor und drangen ein. Dabei wurde ich sofort attackiert und von dem Unsichtbaren niedergeschlagen. Danach, wieder aktiv, durchforschte ich das Haus, konnte aber nichts feststellen, in keiner der Etagen. Auch nicht auf dem Dachboden. Nur in den Keller bin ich bislang nicht gekommen. Die Tür war abgeschlossen. Der Verdacht liegt für mich nahe, daß des Rätsels Lösung folglich dort unten zu suchen sein muß.«
Susan
Weitere Kostenlose Bücher