0394 - Wir stellten den Messermörder
brennen lassen.
In einer entfernten Ecke rauchte sich der Zigarettenstummel selber auf. Einen Augenblick dachte ich daran, hinzurollen und die Stricke durchbrennen zu lassen.
Doch die Glut war viel zu schwach. Nach ein oder zwei Minuten würde sie erloschen sein Meine Blicke irrten durch den kahlen Raum. Kein Fenster, keine Flasche, an deren Scherben man die Fesseln durchscheuern konnte.
Ich hatte mich inzwischen an die gleißende Helligkeit gewöhnt. Nur der einzige Gedanke beherrschte mich, noch freizukommen.
Mein Blick fiel auf den leeren Gurkeneimer, den ich umgestoßen hatte. Er hatte wohl mal als Farbkübel gedient und rostete jetzt still vor sich hin.
Ich rollte auf den Blechtopf zu. Vorsichtig schob ich ihn mit beiden Füßen an die Wand, ohne zu poltern.
Der Boden war fast durchgerostet. Er würde keinen großen Widerstand leisten.
Mit der linken Schuhspitze trat ich die dünne Wand durch. Nach ein paar Versuchen hatte ich den Schuh auch wieder frei.
Ein paar scharfe Kanten wirkten verlockend. Ich rollte mich so herum, dass ich die auf dem Rücken gefesselten Hände in die richtige Lage bringen konnte.
Es war mühsam, den kräftigen Strick durchzuscheuern. Das Seil war aus bestem Hanf und sehr stabil. Wie ein Abschleppseil für Panzerspähwagen.
Die Knoten waren sehr fachgerecht, doch nur die Enden waren verknotet. Das ganze Mittelteil lief in einem Stück um meinen Körper. Ich brauchte es also nur an einer Stelle zu durchtrennen.
Der Schweiß stand mir in dicken Perlen auf der Stirn. Mit zusammengebissenen Zähnen arbeitete ich weiter.
Ohne Rücksicht auf abgeschürfte Hautstellen und schmerzende Arme ruckte ich hin und her. Immer dieselbe Bewegung. Nur an dem Reißen und Knirschen konnte ich hören, dass es klappte.
Es schien mir wie eine Ewigkeit vorzukommen, bis ich die erste Lockerung spürte. Das Seil hatte um einen halben Zentimeter nachgegeben.
In dem Moment hörte ich Schritte draußen. Erschöpft hielt ich inne. Sollte Shore schon zurückkommen? Dann war es endgültig zu spät.
***
Als der dritte Schuss durch den Raum peitschte, ließ sich Phil einfach fallen. Bevor er noch den schmutzigen Fußboden erreichte, spürte Phil einen Schlag am rechten Oberarm.
Die Waffe polterte über den Fußboden, er selbst wurde herumgerissen. Phil fühlte es warm über den Arm laufen.
Bevor das Licht ausgegangen war, hatte er sich die Lage des nächsten Fensters eingeprägt. Es waren nicht mehr als drei Meter.
Kriechend legte Phil diese Strecke zurück. Als er die Wand spürte, stemmte er sich hoch. Der bohrende Schmerz ließ ihn die Zähne zusammenbeißen. Der rechte Arm war vollkommen bewegungslos.
Mit der linken Hand entriegelte Phil das Fenster. Taumelnd musste er sich festhalten, um nicht wieder umzustürzen.
Es war nur die lächerliche Höhe von anderthalb Metern, aber sie bereitete ihm erhebliche Mühe. Endlich hatte er sich hochgezogen.
Mit dem Kopf zuerst ließ sich Phil fallen. Es ging nicht anders. Und er musste so schnell wie möglich aus der Schusslinie kommen.
Er fiel weich. Ohne sich um die Umgebung zu kümmern, kroch er einfach an der Hauswand entlang. Er spürte Erde an der gesunden Hand kleben. Seine Augen hatten sich soweit an das Dunkel gewöhnt, dass er Umrisse erkennen konnte.
Er war in einem kleinen Garten, der sich zwischen den benachbarten Häusern hinzog. Bis zum nächsten Gebäude waren es höchstens zwanzig Meter.
Die Strecke schien ihm schwieriger als die Besteigung des Mount Everest in Sommerkleidung. Aber er schaffte es.
Am nächstbesten Fensterladen klopfte er wie wild. Erst nach fünf Minuten öffnete sich der Lattenverschlag um einen Spalt.
»Rufen Sie…«, konnte Phil noch sagen, dann verlor er das Bewusstsein.
Ein paar hilfreiche Hände halfen ihm ins Zimmer. Dann wurde das Fenster wieder geschlossen.
***
»Verdammt«, knurrte eine Stimme vor der Tür. Angespannt lauschte ich auf jedes Geräusch, während ich wie verrückt an den Stricken zerrte. Aber noch hielten sie.
Ich konnte es kaum fassen, aber der Mann entfernte sich wieder. Hatte Shore etwas vergessen? Jedenfalls erhielt ich somit eine letzte Frist.
Nach einer Minute war es soweit. Mit aller Kraft zerriss ich die letzten Fasern.
Es war nur noch ein Werk von Sekunden, bis ich endgültig frei war. Zwei Kniebeugen, und das Blut zirkulierte wieder.
Meine Smith & Wesson fehlte. Mir blieben nur die Hände und mein Verstand.
Aber mein Plan stand schon fest.
Ich huschte die Treppenstufen
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