0396 - Mord-Marionetten
Flächen auch zu beiden Seiten des Fensters ab. Zu sehen war nichts, wie er mir beim Umdrehen erklärte.
»Auf diese Art und Weise versuchen sie es nicht mehr«, sagte ich.
»Kann ich mir vorstellen. Und jetzt?«
Ich lachte. »Werden wir mal mit jemandem reden. Der fällt vom Hocker, wenn er erfährt, dass sein heiliger Yard nicht mehr das ist, was er einmal war.«
Suko lachte. »Hör auf. Scotland Yard hat schon einige Angriffe überstanden. Denk an die magische Bombe oder an die Phantom-Killer.«
»In letzter Zeit häufen sich die Angriffe. Und das gefällt mir wiederum nicht.« Ich war schon auf dem Weg zum Telefon, hob ab und tippte Sir James Nummer ein. Anschließend wollte ich einen Handwerker beauftragen, eine neue Scheibe einzusetzen.
Sir James meldete sich nicht. Auch beim fünften Läuten hob er nicht ab, und ich schüttelte den Kopf.
»Was ist denn? Erreichst du ihn nicht?«, fragte Suko.
»Nein.«
»Er müsste in seinem Büro sein.«
»Ja«, sagte ich nachdenklich. »Er müsste es…« Ich schaute Suko scharf an. »Verdammt, da stimmt etwas nicht!«
»Meinst du, dass…?«
»Und ob ich das meine. Komm!«
Wir rasten los. Suko war schneller. Er riss die Tür zum Vorzimmer so hastig auf, dass sie mir fast gegen den Kopf geschlagen wäre. Als wir wie Schatten durch den Vorraum stürmten, schaute uns Glenda entsetzt nach.
Dann waren wir verschwunden. Bis zum Büro unseres Chefs waren es nur wenige Schritte über den Gang. Zwei Kollegen stießen wir noch zur Seite. Diesmal rammte ich die Tür zuerst auf. Sollte sich unser Verdacht als Ente herausstellen, konnte ich mich noch immer entschuldigen. Aber das musste erst abgewartet werden.
Wir sahen ihn nicht, wir hörten ihn nur stöhnen. Und es klang verdammt schlimm.
Mit einem Ruck rissen wir die Zwischentür auf, schauten in das Büro und sahen unseren Chef.
Neben seiner zerbrochenen Brille lag er am Boden. Über ihm tanzten drei Puppen, die allesamt schwarze Gewänder trugen, die tuchartig ihre Körper um flatterten.
Verbunden waren die Puppen mit diesen höllisch scharfen, kaum zu erkennenden Fäden, die bereits schrecklich gewütet hatten, denn die Kleidung des Superintendenten war zerschnitten und sein Körper von zahlreichen blutenden Wunden übersät…
***
Nicht eine Sekunde durften wir zögern!
Wie von selbst sprangen uns die Waffen in die Hände. Ich zog die Beretta, Suko verließ sich auf seine Dämonenpeitsche, die er noch ausgefahren in den Gürtel gesteckt hatte.
Und ich feuerte als Erster.
Der Schuss peitschte durch den Raum. Mit der geweihten Silberkugel traf ich die Puppe dicht über dem Kopf des Superintendenten.
Sie begann plötzlich zu tanzen, verkohlte und fiel zu Boden.
Die anderen beiden Puppen wurden von Sukos Peitsche erwischt.
Voller Wut zerhämmerte der Chinese sie und berührte dabei auch die Fäden, die unter dem Kontakt mit der Dämonenpeitsche kurz aufglühten und dann vergingen. Sie bedeuteten keine Gefahr mehr.
Gemeinsam bemühten wir uns um Sir James. Als wir neben ihm knieten und direkt in sein Gesicht schauten, sahen wir das Schreckliche aus unmittelbarer Nähe.
Das Gesicht schwamm in Blut. Es strömte aus den kleinen Schnittwunden, und zum Glück waren die Augen verschont geblieben. Da auch die Brille des Superintendenten zerstört worden war, wusste ich nicht, ob er uns überhaupt erkannte. Aber er würde an den Stimmen hören, wer sich in seiner Nähe befand.
»Sir«, sagte ich kratzig. »Bitte, Sie dürfen sich jetzt nicht bewegen. Bleiben Sie ruhig liegen…«
»Ja, John…«
Suko alarmierte bereits den Rettungsdienst. Mein Blick glitt über den Körper des Superintendenten.
Keine Stelle war ausgelassen worden. Die Fäden mussten ihn regelrecht umwickelt haben, und wären wir nur Minuten später gekommen, hätte es einen Sir James weniger gegeben.
Ich hatte ihn noch nie zuvor so erlebt. Bisher war er als Chef und Mann im Hintergrund stets aus der unmittelbaren Gefahr herausgehalten worden, obwohl er auch schon einige haarige Situationen hinter sich gebracht hatte. Aber so, wie er jetzt vor uns lag, war das ein völlig neues Bild, das mich nicht kaltließ.
Er war noch bei Bewusstsein, und trotz seiner Schmerzen, die ihn einfach peinigen mussten, wollte er mir etwas sagen.
»Sir, bitte, jetzt nicht…«
Er fasste nach meiner Hand. »John, Sie müssen diese verdammten Puppen kriegen…«
»Das verspreche ich Ihnen.«
»Ich werde schon wieder auf die Beine kommen.« Er stöhnte und atmete
Weitere Kostenlose Bücher