04_Es ist was Faul
hoffe, du hast nichts gegen Käfer und Würmer. Du
kannst mich ja anrufen, wenn ich wieder mal existiere. Ich lie –«
Das Telefon in meiner Hand verstummte, und mein Ehering
war wieder verschwunden. Ich hörte dem Signalton eine Weile
zu und tippte mir mit dem Hörer nachdenklich an die Stirn.
»Ich liebe dich auch, Landen«, sagte ich leise.
»War das Ihr Kontaktmann in Wales?«, fragte Bowden, der
ein Fax von der Karen-Blixen-Gesellschaft in seiner Hand
schwenkte.
»Nein, nicht direkt.«
»Neue Spieler für den SuperHoop?«
»Schön wär's. Goliath und Kaine haben sämtliche Spieler im
Land eingeschüchtert. Die einzige, die keine Angst hat, ist
Penelope Hrah, die auch für eine anständige Mahlzeit spielen
würde und der es völlig egal ist, was andere sagen, tun oder
denken.«
»Ist der nicht vor ein paar Jahren im Halbfinale zwischen den
Newport Strikers und den Dartmoor Wanderers ein Bein
abgerissen worden?«
»Ich kann nicht wählerisch sein, Bowden. Wenn ich sie in die
Verteidigung stelle, kann sie zumindest jeden anknurren, der
sich einem Tor nähert. Gehen wir zum Essen?«
In Swindon lebten etwa dreihundert Neandertaler. Sie wohnten
alle in einem kleinen Dorf westlich der Stadt, das von der übrigen Bevölkerung nur »die Reservation« genannt wurde. Da sie
im Umgang mit Werkzeugen äußerst geschickt waren, hatte
man ihnen seinerzeit nur sechs Morgen Land mit Kanalisation,
Strom und Wasseranschlüssen zugewiesen und gesagt, sie
sollten sich ihre Behausungen selber bauen. Und das hatten sie
auch getan.
Die Neandertaler waren keine Menschen und auch nicht unsere direkten Vorfahren, sondern eher entfernte Verwandte. Sie
hatten sich ungefähr zur selben Zeit wie die Menschen entwickelt, waren dann aber vom erfolgreicheren homo sapiens
verdrängt worden und am Ende ganz ausgestorben. Seit Ende
der dreißiger und Anfang der vierziger Jahre hatten Gentechni-ker der Goliath Corporation Neandertaler geklont, und heute
gehörten sie genauso zum Leben in England wie Dodos und
Mammuts. Da sie in den gentechnischen Laboratorien von
Goliath erzeugt worden waren, gehörten sie zumindest juristisch fast alle dem Goliath-Konzern. Ein »Rückkaufs«-Angebot,
das es ihnen erlaubt hätte, sich selbst zu gehören, war so teuer
gewesen, dass es nur selten in Anspruch genommen wurde.
Wir hielten etwas außerhalb der Reservation und stiegen aus.
»Können wir nicht bis vors Haus fahren?«, fragte Bowden.
»Autos mögen sie nicht«, erklärte ich ihm. »Größere Entfernungen zurückzulegen finden sie überflüssig. Alles, was man
nicht im Laufe eines Tages zu Fuß erreichen kann, interessiert
sie nicht, sagen sie. Unser früherer Gärtner war ein Neandertaler. Er wanderte jede Woche einmal vier Meilen und wieder
zurück, um bei uns zu arbeiten, und ließ sich auch nie von
jemandem mitnehmen. Laufen ist die einzig vernünftige Art des
Reisens, sagte er immer. Wenn man fährt, hört man die Gespräche der Vögel nicht in den Hecken.«
»Ich verstehe«, sagte Bowden, »aber wenn man schnell irgendwo hinmuss –«
»Das ist der entscheidende Unterschied. Bowden, Sie denken
nun mal wie ein Mensch. Für Neandertaler ist nichts so eilig,
dass es nicht auch zu einem anderen Zeitpunkt getan werden
könnte – wenn überhaupt. Haben Sie daran gedacht, sich heute
früh nicht zu waschen?«
Er nickte. Der Geruchssinn ist für die Neandertaler sehr
wichtig, und die Parfüms und Seifen der Menschen beleidigen
ihre Nasen. Sie erscheinen als ziemlich plumper Versuch, den
anderen zu täuschen. Und darauf reagieren Neandertaler sehr
misstrauisch.
Wir gingen durch den grasbewachsenen Eingang der Reservation, wo ein einsamer Neandertaler auf einem Stuhl saß. Er
las eine Großdruck-Ausgabe der Neandertal-Nachrichten. Als
wir vor ihm standen, legte er die Zeitung zusammen, schnupperte und betrachtete uns einen Moment. »Wen möchten Sie
besuchen?«
»Wir sind Thursday Next und Bowden Cable. Wir sind zum
Essen bei Mr Stiggins verabredet.«
Der Neandertaler sah uns erneut lange an und zeigte dann
auf ein Haus auf der anderen Seite des offenen, grasbewachsenen Platzes, in dessen Mitte ein Totempfahl stand. Fünf oder
sechs Neandertaler spielten Straßen-Krocket auf dem grünen
Rasen, und ich beobachtete sie eine Weile. Sie hatten keine
Mannschaften gebildet, sondern schlugen die Bälle einfach so,
wie sie kamen. Dabei zeigten sie allerdings großes Geschick.
Einer der Spieler schoss
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