04_Es ist was Faul
einen Stuhl gelegt hatte. »Aber es gibt ein paar Dinge, über
die Sie Bescheid wissen sollten.«
»Okay – aber besser nicht hier, sonst wecken wir Friday.«
So leise wie möglich schlichen wir in die Küche hinunter.
Ehe ich das Licht anknipste, zog ich die Vorhänge zu, denn ein
mannsgroßer Igel mit Schal und Haube hätte vielleicht eine
gewisse Beunruhigung in der Nachbarschaft ausgelöst. In
Swindon trug eigentlich niemand mehr eine Haube.
Ich bot Mrs Tiggy-winkle einen Stuhl an. Obwohl sie zusammen mit Emperor Zhark und Bradshaw für die Zeit meiner
Abwesenheit die Leitung der Jurisfiktion übernommen hatte,
besaß keiner der Genannten genügend Autorität für das Amt,
und obwohl der GattungsRat meine Abwesenheit als befristeten
Urlaub behandelte, würde früher oder später ein neuer Protokollführer gewählt werden müssen.
»Was gibt's denn?«, fragte ich.
»Ach, Miss Next!«, sagte sie, und ihre Stacheln bebten geradezu vor Empörung. »Bitte kommen Sie wieder!«
»Aber ich muss hier draußen einiges erledigen«, sagte ich
abwehrend. »Das ist doch allgemein bekannt.«
»Ich weiß«, seufzte sie. »Aber Emperor Zhark hat einen
Wutanfall gekriegt, als ich sagte, er sollte weniger Zeit mit der
Eroberung des Weltalls verbringen und stattdessen lieber ein
bisschen mehr für Jurisfiktion arbeiten. Die Herzkönigin will
mit nichts was zu tun haben, was nach 1867 verfasst worden ist,
Vernham Deane ist im neuesten Daphne-Farquitt-Roman
eingespannt, Commander Bradshaw verfolgt seine eigenen
Interessen – und allein kann ich auch nicht alles schaffen. Und
dann hat mir heute Morgen auch noch jemand ein Schälchen
Milch mit Brot auf den Schreibtisch gestellt.«
»Das war doch bestimmt nur ein harmloser Scherz.«
»Ich fand's jedenfalls nicht komisch«, sagte Mrs Tiggy-winkle
empört.
»Übrigens«, fragte ich, »habt ihr inzwischen herausgefunden,
aus welchem Buch Yorrick Kaine stammt?«
»Ich fürchte, nein. Der Kater durchsucht die unveröffentlichten Romane im Brunnen der Manuskripte, aber das kann noch
eine ganze Zeit dauern. Sie wissen ja, wie chaotisch die Dinge da
unten sind.«
»Na schön«, sagte ich. »Was gibt es denn für ein Problem?«
»Nun ja«, sagte Mrs Tiggy-winkle und zählte die einzelnen
Punkte mit ihren Krallen auf. »Heute Morgen tauchte das
Gerücht auf, das Urheberrecht würde geändert.«
»Ich weiß nicht, wer immer diese Behauptungen in die Welt
setzt«, sagte ich. »Gab es denn irgendwelche konkreten Hinweise?«
»Nein, keineswegs.«
Das Urheberrecht war ein heikler Punkt in der BuchWelt.
Wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk siebzig Jahre nach
dem Tod eines Autors urheberrechtsfrei wurde, war das für die
betroffenen Figuren immer ein ziemlicher Schock, obwohl es
natürlich zahlreiche Vorbereitungskurse und SelbsthilfeGruppen gab, die den Übergang erträglicher machen sollten.
Außerdem war das Urheberrecht auch nicht ganz einheitlich
auf der Welt, so dass die Figuren im einen Land urheberrechtlich geschützt waren, im anderen aber nicht, was erhebliche
Anpassungsschwierigkeiten verursachte. Änderungen beim
Urheberrecht waren deshalb eine heikle Angelegenheit, die
leicht zu Unruhen führen konnten.
»Also, haben sich alle wieder beruhigt?«
»Ja, weitestgehend.«
»Gut. Gibt es sonst noch was?«
»Starbucks will eine weitere Filiale in der Italienischen Reise
aufmachen.«
»Noch eine?«, fragte ich überrascht. »Sie haben doch jetzt
schon sechzehn. Wie viel Kaffee sollen die Leute denn noch
trinken? Sagen Sie ihnen, sie können eine in Mrs Dalloway und
eine im Age of Reason aufmachen. Danach ist aber endgültig
Schluss. Sonst noch was?«
»Der Schneider von Gloucester braucht drei Meter kirschfar-bene Seide, um den Mantel des Bürgermeisters fertig zu nähen.
Er ist erkältet und kann nicht aus dem Haus gehen.«
»Was bildet der Kerl sich denn ein. Wir sind doch kein Zustelldienst. Sagen Sie ihm, er soll seine Katze schicken.«
»Okay.«
Es entstand eine Pause.
»Sie sind doch nicht bloß gekommen, um mir von Starbucks
und kirschfarbener Seide zu erzählen, nicht wahr?«
Mrs Tiggy-winkle seufzte. »Wir haben ein Problem mit
Hamlet.«
»Das kann ich mir denken. Aber im Moment ist er ziemlich
beschäftigt. Ich schicke ihn in ein paar Tagen wieder zurück.«
»Tja«, sagte die Igelin unglücklich. »Die Sache ist leider viel
komplizierter. Ich glaube, es wäre besser, wenn Sie ihn noch
eine Weile hier
Weitere Kostenlose Bücher