04 Im Bann der Nacht
überall im Haus verteilt war, hatte in den vergangenen Jahrhunderten sicher deutlich mehr zu Gesicht bekommen als nackte Beine.
Erleichtert zu sehen, dass die Geheimtür schon geöffnet
worden war, stieg Anna die steile Treppe hinunter. Ihre Schritte wurden langsamer, als sie gezwungen war, blind durch die pechschwarze Dunkelheit zu stolpern, in die die Tunnel getaucht waren. Irgendwann würde sie die Dämonen mal darauf aufmerksam machen, dass nicht alle das Sehvermögen einer Eule besaßen. Eine gute Deckenbeleuchtung hatte schließlich noch keinem geschadet, oder?
Schwaches Ächzen und das unverkennbare Klirren von Stahlschwertern, die gegeneinandergeschlagen wurden, führten sie durch einen der größeren Tunnel. Sie hätte sich vielleicht Sorgen gemacht, wenn sie nicht gefühlt hätte, dass Cezar keinerlei Angst empfand. Bittere Traurigkeit,Wut und das frustrierte Bedürfnis, seinen Emotionen Luft zu machen, die ihn zu überwältigen drohten, ja - aber keine Angst.
Anna biss sich auf die Lippe, um gegen den heftigen Kummer anzukämpfen, den sie in seinem Körper wahrnehmen konnte, und eilte auf die offene Tür zu, durch die zum Glück ein sanfter Lichtschein drang. Sie trat durch die Türöffnung und hielt an, als sie Cezar und Styx sah, die mühelos über den nackten Boden sprangen, wobei ihre Schwerter sich so schnell bewegten, dass sie mit den Augen kaum folgen konnte.
Einen Moment lang beobachtete sie den tödlichen Tanz mit atemloser Faszination. Sie hatte selten etwas so Schönes gesehen. Trotz Styx’ Größenvorteil war Cezar seinem Anasso überlegen, was die Geschwindigkeit betraf. Diese erlaubte es ihm immer wieder, den heftigen Schlägen der enormen Klinge auszuweichen und seinerseits auszuteilen.
Vorsichtig machte sie einen Schritt vorwärts. So sehr sie die Vorstellung auch genoss - sie wollte nicht, dass Cezar plötzlich bemerkte, dass sie in der Nähe war, und seine Konzentration verlor. Es war deutlich, dass er seine volle
Aufmerksamkeit brauchte, um Styx davon abzuhalten, ernsthaften Schaden anzurichten. »Ist das ein Zweikampf, oder darf noch jemand mitmachen?«, fragte sie leise.
Gleichzeitig hielten die Vampire inne, ließen ihre herumwirbelnden Schwerter sinken und wirbelten herum, um den Blick auf Anna zu richten. Styx reagierte kaum, aber Cezar stürzte sofort auf Anna zu und zog sie in seine Arme.
»Anna!« Er drückte sie eine ganze Weile an seine Brust. Dann wich er ein Stück zurück und streichelte mit zitternden Händen über ihren mitgenommenen, halb nackten Körper. » Dios. Ist alles in Ordnung mit dir? Haben sie dir etwas angetan?«
»Es geht mir gut.« Als sie merkte, dass ihre Antwort anscheinend nicht durch die Angst gedrungen war, die seine Gedanken vernebelte, griff Anna nach seinem Gesicht und nahm es zwischen ihre Hände. »Cezar, hör mir zu. Es geht mir gut!«
»Ich dachte schon …« Mit einem Schauder vergrub er sein Gesicht in ihrer Halsbeuge.
Anna ließ ihren Blick nach oben gleiten, um Styx’ ruhigem Blick zu begegnen. Sie war überrascht, als sie sah, dass seine sonst so harten Gesichtszüge ganz weich schienen.
»Benötigst du irgendetwas, Anna?«
Sie lächelte, als sie ihre Arme um Cezar schlang und sich von seinem Sandelholzduft einhüllen ließ. »Nicht jetzt.«
»Dann werde ich mich nach oben zu Viper gesellen.« Mit einer förmlichen Kopfneigung ging der Anasso auf die Tür zu und hielt kurz an, um Cezar bedeutungsvoll anzusehen. »Das Schicksal liegt in deinen Händen, amigo .«
Anna wartete, bis Styx verschwunden war. Dann warf sie sich in Cezars Arme. Nachdem er mehrere verzweifelte Küsse auf ihren Hals gedrückt hatte, zog er sich widerstrebend
zurück und warf einen vorsichtigen Blick auf Annas erhitztes Gesicht.
»Anna, wissen die Orakel, dass du hier bist?«, erkundigte er sich.
Sie beugte sich vor, um ihn auf die Nasenspitze zu küssen. »Sie wissen es nicht nur, sondern Siljar war so freundlich, mich zurückzubringen.« Sie verzog das Gesicht. »Teleportation ist nicht meine Lieblingsart zu reisen, aber wenigstens geht es schnell.«
Cezar hustete, als sie die mächtige Dämonin erwähnte. »Erzählten sie dir, weshalb sie dich vorluden?«
»Leider ja.« Sie hob tadelnd einen Finger. »Du hättest mich ja wenigstens warnen können, dass ich der verdammten Kommission beitreten soll. Ich mag keine Überraschungen. Wenigstens nicht diese Art davon.«
Sein Gesicht nahm einen angespannten Ausdruck an. »Es war mir untersagt.«
»Ja,
Weitere Kostenlose Bücher