04 Im Bann der Nacht
will, querida «, erklärte Cezar und bereute seine unverblümte Ehrlichkeit sogleich wieder, als sich ihre Augen vor Entsetzen weiteten.
»O mein Gott.«
»Nicht tot«, unterbrach Sybil. »Gefangen.«
Cezar veränderte die Position seines Arms, um seine Hand um den Hals der Elfe zu legen. Er müsste nur einmal zudrücken, und sie wäre tot. »Wer hat das Kopfgeld ausgesetzt?«
Sybil zögerte und stieß dann einen unflätigen Fluch aus. »Die Elfenkönigin.«
Ein Gefühl von Kälte versetzte Cezar einen Stich ins Herz. Verdammt, er hätte Annas Enthüllung über das, was ihrer Tante und Cousine vor zwei Jahrhunderten zugestoßen
war, mehr Aufmerksamkeit widmen sollen. Es war ihm nicht in den Sinn gekommen, dass es irgendwie von Belang für die Gefahr sein könne, der sie heute ins Auge sehen musste. »Was für ein Interesse hat sie an Anna?«, sagte er fast tonlos.
»Ich habe keine Ahnung.« Sybil warf einen unwirschen Blick in Annas Richtung. »Und es ist mir eigentlich auch völlig egal!«
Seine Finger packten fester zu. »Soll ich vielleicht dafür sorgen, dass es Euch nicht mehr ganz so gleichgültig ist?«
Sie schrie vor Schmerz kurz auf und hielt dann die Hände als Zeichen ihrer Niederlage in die Höhe. »Hören Sie, ich weiß nicht einmal, ob Anna diejenige ist, die die Königin sucht!«
»Erklärt mir das.«
»Ich weiß nur, dass sich herumgesprochen hat, dass die Königin jeder Elfe ihre kostbaren Smaragde vermacht, die es schafft, einen Menschen aufzuspüren, in dessen Blut die Magie der Ältesten strömt. Als ich Anna zufällig einmal im Gerichtssaal in L.A. getroffen habe, habe ich sofort Macht bei ihr gespürt. Sie ist instabil, aber sehr stark.«
Anna verzog das Gesicht, als sie die Elfe ansah. »Und darum sind Sie mir die ganze Zeit gefolgt?«
»Na, es lag sicher nicht an Ihrer charmanten Persönlichkeit.«
Anna trat mit geballten Fäusten auf sie zu, als ob sie darüber nachdenke, der Frau einen Schlag auf die Nase zu verpassen.
Cezar zog Sybil rasch ein Stück nach hinten. Obgleich ihm ein Kampf zwischen zwei Frauen so sehr gefiel wie jedem anderen Vampir (wem hätte das wohl nicht gefallen?), war er im Moment mehr daran interessiert, die Wahrheit
herauszufinden, bevor er gezwungen war, die Elfe zu töten. »Und die Zauber, die Ihr gewirkt habt?«
Sybil zuckte überrascht zusammen. »Woher wissen Sie davon?«
Cezar ignorierte ihre Überraschung ebenso wie Annas fragenden Blick. »Antwortet einfach auf die Frage.«
»Sie waren größtenteils harmlos«, erklärte die Elfe. »Ich habe gehofft,Anna dazu zwingen zu können, ihre Kräfte zu nutzen. Ich wollte mir sicher sein, dass sie diejenige ist, bevor ich mir die Mühe machte, sie zu entführen.«
Anna schnaubte. »Wie nett von Ihnen.«
»Wenn es Eure einzige Absicht war, Anna gefangen zu nehmen, weshalb habt Ihr dann vor ihrer Tür Feuer gelegt?« Cezar musste ein weiteres Mal physischen Druck auf sie ausüben, bevor Sybil quiekend die Antwort auf die Frage gab.
»Ich hatte angenommen, dass Sie sie für einen kleinen Mitternachtssnack in ihr Zimmer gebracht hätten. Ich konnte nicht das Risiko eingehen, dass sie ausgesaugt würde, bevor ich sie zur Königin bringen könnte. Ich wusste, dass ein Feuer das Einzige ist, was Sie abschrecken würde.«
Anna keuchte auf. »Wissen Sie, wie viele Menschen von diesem Feuer hätten getötet werden können?«
»Warum sollten mich die Menschen kümmern?«, fragte Sybil verblüfft. Diese Ansicht wurde vom größten Teil der Dämonenwelt geteilt, einschließlich der Vampire. Menschen waren schön und gut, wenn sie als Mahlzeit oder schnellen Sex in einer dunklen Seitengasse dienten, aber sie wurden nicht als wirklich wichtig gesehen. Es gab einfach so verdammt viele von ihnen. Annas Gesichtsausdruck jedoch reichte aus, um Cezar dazu zu bringen, den Mund zu halten.
»Gott, Sie sind …« Anna unterbrach sich und schlug die zitternden Hände vor das Gesicht. »Das ist doch alles Blödsinn! Ich kann auf gar keinen Fall diejenige sein, nach der Sie suchen.«
Cezar kämpfte gegen das instinktive Bedürfnis an, Anna in seine Arme zu ziehen. Was zum Teufel war mit ihm los? Er war ein uralter Eroberer, ein Krieger, ein Kämpfer. Bis die Orakel die Herrschaft über sein Leben übernommen hatten, hatte er ohne Gnade getötet und sich das, was er haben wollte, ohne zu fragen genommen. Die Welt war vor ihm erzittert! Und nun wünschte er sich nichts mehr, als einer Frau Trost zu bieten, weil sie sich
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