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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Flügelschlag auf seiner Haut. Sein Profil, sein Haar, die scharfe Kontur seines Kinns, die Rundung seiner Schulter, die sichere Bewegung seiner Hände ... Sie sprang auf. Ihre Finger zitterten, als sie in ihren Morgenrock schlüpfte und ungeschickt versuchte, den glatten Satingürtel zu verknoten. Sie fühlte sich bis ins Innerste erschüttert. Keine Worte, dachte sie. Alles, nur keine Worte.
    »Deborah ...«
    Sie konnte nicht.
    »Deborah, was ist denn? Was hast du?«
    Sie zwang sich, ihn anzusehen. Sein Gesicht war ein Spiegel stürmischer Emotionen. Er sah jung aus und so verletzlich. Er sah aus, als erwarte er, geschlagen zu werden.
    »Ich kann nicht«, sagte sie. »Simon, ich kann nicht.«
    Sie wandte sich von ihm ab und lief aus dem Zimmer. Sie rannte die Treppe hinauf. Tommy, dachte sie.
    Als wäre sein Name ein Gebet, eine Zauberformel, die sie davor bewahren konnte, sich schmutzig zu fühlen und ängstlich.

AUSSÖHNUNG

25
    Das anfänglich schöne Wetter hatte umgeschlagen, als Lynley die Maschine auf dem Rollfeld in Land's End aufsetzte. Dichte graue Wolken wurden von einem stürmischen, regenschweren Wind von der Küste herangetrieben. Dieser Wetterumschwung, dachte Lynley trübe, paßte gut zu seiner eigenen Stimmung.
    Zwar hatte er aus seinen Gesprächen mit Peter am vergangenen Abend ein Gefühl von Erneuerung mitgenommen. Lynley hatte erkannt, daß Verstehen und Verzeihen Hand in Hand gingen. Daher war es an der Zeit für ihn, auch jene Beziehung zu bereinigen, die der Klärung am dringendsten bedurfte. Er war sich nicht sicher, was er sagen würde, aber er wußte, daß er bereit war, mit seiner Mutter zu sprechen.
    Aber sein Elan wurde bei seiner Ankunft in Chelsea auf der Stelle gedämpft. Es war ein freundlicher Morgen, in der Erle vor St. James' Haus zwitscherten die Vögel. Lynley nahm immer zwei Stufen mit einem Schritt auf der Treppe zur Haustür.
    St. James öffnete ihm. Durchaus freundlich bot er ihm noch eine Tasse Kaffee vor der Abfahrt an; durchaus zuversichtlich sprach er zu ihm von seiner Theorie über Justin Brookes Schuld an Sasha Niffords Tod. Unter anderen Umständen hätten die Neuigkeiten über Brooke jene erwartungsvolle Erregung bei Lynley ausgelöst, die sich stets mit der Gewißheit einstellte, daß er kurz vor der Klärung eines Falls stand. Unter den gegebenen Umständen jedoch hörte er kaum St. James' Worte, verstand nichts von seinen Erklärungen. Er sah nur, daß das Gesicht des Freundes bleich und eingefallen war; er spürte die Spannung unter St. James' Ausführungen über Motiv, Mittel und Gelegenheit; und er fühlte, wie Ernüchterung sich seiner bemächtigte.
    Er wußte, daß es nur eine Ursache für St. James' Veränderung geben konnte. Als Deborah kurz darauf ins Vestibül trat und Lynley ihr Gesicht sah, las er in ihm die Wahrheit und war tief getroffen. Er wünschte sich, dem Zorn und der Eifersucht, die er in diesem Moment empfand, freien Lauf lassen zu können. Statt dessen gewann von Kindesbeinen an eingeübte Wohlerzogenheit die Oberhand.
    »Na, hast du fleißig an deinen Fotos gearbeitet, Darling?« fragte er sie. »Du siehst aus, als hättest du die ganze Nacht kein Auge zugetan.«
    Deborah sah St. James nicht an. Der ging in sein Arbeitszimmer und kramte in seinem Schreibtisch.
    »Fast.« Sie ging zu Lynley, legte den Arm um ihn, hob den Mund, um ihn zu küssen, und flüsterte dicht an seinen Lippen: »Guten Morgen, Tommy, Liebster. Du hast mir gefehlt.«
    Er küßte sie, spürte, wie sie seine Nähe erwiderte, und fragte sich, ob alles andere, was er gesehen hatte, nur Produkt seiner eigenen erbärmlichen Unsicherheit war. »Wenn du noch zu arbeiten hast, brauchst du nicht mitzukommen.«
    »Ich möchte aber. Die Fotos können warten.« Lächelnd küßte sie ihn noch einmal.
    Aber während Lynley Deborah in den Armen hielt, nahm er die ganze Zeit St. James mit einer Schärfe wahr wie nie zuvor. Und auf der ganzen Reise nach Cornwall nahm er sie beide wahr, kämpfte gegen die erbarmungslose Eifersucht, die das Verhalten von Deborah und St. James in ihm geschürt hatte.
    Infolgedessen war er auf der gesamten Reise recht einsilbig. Lynley wußte, daß er nicht der einzige war, der erleichtert aufatmete, als sie aus der Maschine stiegen und am Rande des Rollfelds Jasper mit dem Wagen warten sahen.
    Das Schweigen auf der Fahrt nach Howenstow wurde nur von Jasper durchbrochen, der ihnen berichtete, daß Daze Asherton zwei Bauernjungen in die Bucht bestellt

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