Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
hatte. John Penellin säße immer noch in Penzance, erzählte er, aber es habe sich herumgesprochen, daß »Mister Peter« gefunden worden sei.
    »Ihre Mutter sieht heute morgen gleich zehn Jahre jünger aus«, teilte Jasper Lynley mit. »Sie hätten sehen sollen, wie sie auf ihre Tennisbälle draufgehauen hat.«
    Mehr wurde nicht gesprochen. St. James blätterte in seinen Papieren, Deborah betrachtete die vorbeifliegende Landschaft, Lynley versuchte, mit sich ins reine zu kommen. Schon in der Einfahrt zum Gut erblickten sie Nancy Cambrey, die auf der Treppe vor dem Verwalterhaus saß. Sie hielt Molly im Arm, die zufrieden aus ihrer Flasche trank.
    »Halten Sie an«, sagte Lynley zu Jasper. Und dann zu den anderen: »Nancy sprach gleich zu Beginn von Micks Story. Vielleicht kann sie uns Einzelheiten sagen, wenn wir ihr erklären, worum es geht.«
    St. James hatte Zweifel. Ein Blick auf seine Uhr sagte Lynley, daß er es eilig hatte, zur Bucht zu kommen und danach in die Redaktion. Aber er erhob keine Einwände. Sie stiegen aus.
    Nancy führte sie ins Haus. Im Vestibül blieb sie stehen und drehte sich nach ihnen um.
    »Mark ist nicht hier?« fragte Lynley.
    »Er ist nach St. Ives gefahren.«
    »Ihr Vater hat also noch immer nicht mit Inspector Boscowan über ihn gesprochen? Auch nicht über Mick und das Kokain?«
    Nancy machte keinen Versuch, so zu tun, als verstünde sie den Zusammenhang nicht. Sie sagte nur: »Ich weiß es nicht. Ich habe nichts gehört.« Dann ging sie ins Wohnzimmer. Sie stellte Mollys Flasche auf den Fernsehapparat und legte das Kind in seinen Wagen.» So ist es brav«, sagte sie und streichelte die Kleine. »Brave Molly. Schlaf jetzt ein bißchen, hm?«
    Sie folgten ihr. Es wäre normal gewesen, sich zu setzen, aber keiner tat es. Statt dessen verteilten sie sich im Raum wie unsichere Schauspieler, die noch nicht wissen, wo ihre Plätze in dem Stück sind: Nancy mit einer Hand am Kinderwagen; St. James am Erkerfenster; Deborah beim Klavier; Lynley ihr gegenüber an der Tür.
    Nancy machte den Eindruck, als rechnete sie mit dem Schlimmsten. Ihr Blick flog von einem zum anderen wie ein nervöser Vogel.
    »Sie wissen Neues über Mick«, stellte sie fest.
    Gemeinsam trugen Lynley und St. James Fakten und Mutmaßungen vor. Sie hörte ihnen ohne Fragen und ohne Kommentare zu. Manchmal schien flüchtiger Kummer sie zu überkommen, aber die meiste Zeit wirkte sie unbeteiligt. Es war, als hätte sie sich schon lange alle Gefühle verboten, nicht nur in bezug auf den Tod ihres Mannes, sondern auch auf die wenig rühmlichen Aspekte seines Lebens.
    »Er hat Ihnen also nie etwas von Islington erzählt?« fragte Lynley. »Und auch nicht von Oncomet? Oder einem Biochemiker namens Justin Brooke?«
    »Nein.«
    »Hat er nie mit Ihnen über seine Arbeit gesprochen?«
    »Doch, vor unserer Heirat schon. Da hat er mit mir über alles gesprochen. Vor dem Kind.«
    »Und danach?«
    »Danach fuhr er immer häufiger weg. Immer wegen irgendeiner Story.«
    »Nach London?«
    »Ja.«
    »Wußten Sie, daß er dort eine Wohnung hatte?« fragte St James.
    Als sie den Kopf schüttelte, sagte Lynley: »Aber als Ihr Vater von Micks Frauengeschichten sprach, glaubten Sie da nicht, er könnte auch in London eine Freundin haben? Das wäre doch eine ziemlich naheliegende Vermutung gewesen, da er so häufig nach London fuhr, nicht wahr?«
    »Nein. Es gab ...« Sie zögerte. Sie mußte entscheiden, ob es in diesem Fall tatsächlich ein Verrat war, die Wahrheit zu sagen. »Es gab keine anderen Frauen. Das glaubte Dad nur. Und ich ließ ihn in dem Glauben. Es war einfacher.«
    »Einfacher, meinen Sie, als Ihren Vater wissen zu lassen, daß sein Schwiegersohn ein Transvestit war?«
    Lynleys Frage schien auf Nancy wie eine Erlösung zu wirken. Sie sah ungeheuer erleichtert aus. »Kein Mensch wußte es«, murmelte sie. »Lange Zeit wußte es niemand außer mir.«
    Sie setzte sich in den Sessel neben dem Kinderwagen.
    »Ach, Mickey«, sagte sie leise. »Ach Gott, mein armer Mickey.«
    »Wie kamen Sie dahinter?«
    Sie zog ein zerknittertes Taschentuch aus ihrem Kleid.
    »Kurz vor Mollys Geburt. Ich fand Sachen in seiner Kommode. Zuerst glaubte ich, er hätte eine Freundin. Ich sagte nichts, weil ich im achten Monat war, und Mickey und ich nicht ... darum dachte ich ...«
    Wie einleuchtend alles klang, während sie es stockend erklärte! Da sie hochschwanger war, hatte sie sich gesagt, sie müsse es akzeptieren, wenn er das, was sie ihm nicht

Weitere Kostenlose Bücher