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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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im stillen. Er verfluchte sich für jedes Zeichen, das er übersehen, jedes Detail, das er mißachtet hatte, weil es sich nicht in seine Theorie über das Verbrechen hatte einfügen lassen. Und wieder einmal verfluchte er die Tatsache, daß sein Gebiet die Wissenschaft war, nicht die Ermittlung und das Verhör. Seine Aufmerksamkeit gehörte den Indizien und dem, was sie über ein Verbrechen offenbaren konnten. Hätte er seine Aufmerksamkeit auch mehr auf die Menschen gelenkt, so hätte er gewiß die Wahrheit erkannt.

27
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Lynley, wie St. James sich vorbeugte und die Hand auf Trenarrows Schreibtisch legte. Die Geste genügte, um das Gespräch zu unterbrechen.
    »Das Geld«, sagte St. James.
    »Was meinst du?«
    »Wem hast du von dem Geld erzählt, Tommy?«
    Lynley verstand noch immer nicht. »Von welchem Geld?«
    »Nancy erzählte uns, daß Mick die Gehälter für die Mitarbeiter der Zeitung vorbereitete. Sie sagte, das Geld sei am Freitag abend im Wohnzimmer gewesen. Wir beide haben später darüber gesprochen, nachdem sie uns im Verwalterhaus davon erzählt hatte. Mit wem hast du noch darüber gesprochen? Wer sonst wußte von dem Geld?«
    »Deborah und Helen. Sie waren dabei, als Nancy es uns sagte. Und John Penellin auch.«
    »Hast du deiner Mutter davon erzählt?«
    »Aber nein! Weshalb hätte ich das tun sollen?«
    »Woher wußte Dr. Trenarrow dann davon?«
    Jetzt begriff Lynley. Und er sah die Antwort auf die Frage in Trenarrows Gesicht. Er versuchte, die distanzierte Sachlichkeit des Polizeibeamten zu wahren, aber es gelang ihm nicht. »O mein Gott!« sagte er entsetzt.
    Trenarrow sagte nichts. Lynley war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Einzig das Wort »nein« ging ihm unablässig durch den Kopf, als er sah, daß das, was St. James auf dem Weg hierher prophezeit hatte, nun wirklich eingetreten war. Sein bösester Wunsch war ihm erfüllt worden.
    »Was sagst du da, St. James?« stieß er hervor, obwohl er die Antwort schon wußte.
    »Daß Dr. Trenarrow Mick Cambrey getötet hat. Er wollte es nicht. Es gab Streit. Er versetzte Mick einen Schlag. Mick stürzte. Er hatte eine massive Gehirnblutung und war innerhalb von Minuten tot.«
    »Roderick!« Lynley wünschte verzweifelt, der Mann würde etwas zu seiner Entlastung vorbringen.
    Doch St. James fuhr zu sprechen fort, absolut ruhig und sachlich. Nur die Fakten zählten. Er fügte sie zu einem Bild zusammen.
    »Als er sah, daß Cambrey tot war, handelte er schnell. Er hat das Zimmer nicht durchsucht. Dazu blieb ihm keine Zeit, selbst wenn er vermutet haben sollte, daß Cambrey unklug genug war, Unterlagen über die Oncomet-Transaktionen im Haus aufzubewahren. Er hatte nur die Zeit, um den Anschein zu erwecken, es handle sich um einen Raubüberfall oder ein Sexualverbrechen. Doch es war keins von beiden. Es war ein Streit wegen Oncomet.«
    Trenarrows Gesicht war undurchdringlich. Als er sprach, bewegten sich zwar seine Lippen, sonst jedoch wirkte er wie aus Stein. Und seine Worte schienen nicht mehr als ein vergeblicher, wenn auch erwarteter Versuch zu leugnen. Sie waren ohne Überzeugungskraft. »Ich war Freitag abend bei der Theatervorstellung. Das wissen Sie doch.«
    »Eine Freilichtaufführung im Schulhof«, sagte St. James.
    »Es dürfte nicht schwer gewesen sein, für kurze Zeit zu verschwinden, zumal Sie sich ja einen Platz ganz hinten gesichert hatten. Ich vermute, Sie suchten Mick nach der Pause auf, während des zweiten Akts. Es ist ja nicht weit von der Schule zu dem Häuschen - vielleicht drei Minuten zu Fuß, mehr sicher nicht. Sie gingen zu ihm. Sie wollten eigentlich nur mit ihm sprechen, aber Sie verloren den Kopf und töteten ihn. Und danach kamen Sie wieder auf den Schulhof zur Aufführung.«
    »Und die Waffe?« fragte Trenarrow herausfordernd, aber es klang dünn. »Soll ich die etwa unter meinem Jackett in Nanrunnel herumgetragen haben?«
    »Ein Instrument war nur für die Kastration nötig. Sie nahmen ein Messer aus dem Haus.«
    »Das ich danach zur Vorstellung mitgenommen habe?«
    Spöttische Geringschätzung diesmal, aber so wenig wirkungsvoll wie zuvor die Herausforderung.
    »Ich vermute, Sie versteckten es irgendwo unterwegs. In einem Garten oder einer Mülltonne. Später in der Nacht holten Sie es sich wieder und ließen es am Samstag in Howenstow verschwinden. Wo Sie auch Brooke töteten. Weil Brooke nämlich, sobald er hörte, daß Cambrey tot war, wußte, wer ihn getötet hatte. Aber er konnte es

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