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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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glaubte, er wäre tot ... Tommy, bitte«, sagte sie brüchig. »Bitte. Komm zu mir.«
    Erst da sah er sie an. »Es reicht nicht, Deb.«
    Er sagte die Worte so langsam und betont, daß sie erschrak.
    »Was reicht nicht?«
    »Es reicht nicht, daß ich dich liebe. Daß ich dich begehre. Ich fand immer, St. James wäre ein unglaublicher Narr, daß er Helen nicht heiratete. Ich konnte es nie verstehen. Aber wahrscheinlich wußte ich die ganze Zeit über, warum er es nicht tat, ich wollte es nur nicht wahrhaben.«
    »Aber ich liebe dich, Tommy«, sagte sie leise.
    »Ich weiß, daß du das glauben möchtest. Ich möchte es ja selbst gern glauben. Wärst du in Amerika geblieben, wärst du niemals wieder nach Hause gekommen, hätte ich dich dort geheiratet, und wären wir geblieben, so hätten wir vielleicht eine Chance gehabt. Aber so ...«
    Immer noch blieb er auf der anderen Seite des Zimmers. Sie bot ihm die Hand. »Tommy! Bitte!«
    Er fuhr in seinem Gedankengang fort: »Du gehörst zu Simon. Nicht zu mir. Du weißt es. Wir wissen es beide.«
    »Nein, ich ...« Sie konnte den Satz nicht zu Ende sprechen. Sie wollte sich auflehnen gegen das, was er gesagt hatte, sie wollte widersprechen, aber er hatte eine Wahrheit bloßgelegt, die sie lange verleugnet hatte.
    Er beobachtete einen Moment ihr Gesicht, ehe er wieder sprach. »Kannst du in einer Stunde fertig sein?«
    Sie wollte schwören, leugnen, beteuern, aber sie konnte es nicht. »Ja, gut«, sagte sie. »In einer Stunde.«

DANACH

28
    Helen seufzte. »Also, das ist wirklich das Letzte an Langeweile. Kannst du mir vielleicht mal sagen, was damit bewiesen werden soll?«
    St. James kniff sorgfältig eine letzte Falte in den Stoff der Pyjamajacke, um die drei Löcher, die der Eispickel in das Material gerissen hatte, in Übereinstimmung zu bringen.
    »Der Beklagte behauptet, er wäre im Schlaf überfallen worden. Er hatte nur eine Verletzung an der Seite, aber wir haben drei Löcher in der Pyjamajacke, jedes an den Rändern mit seinem Blut befleckt. Wie, glaubst du wohl, ist das zustandegekommen?«
    Sie beugte sich tiefer über das Kleidungsstück, das auf höchst merkwürdige Weise gefaltet war. »Er ist ein Verrenkungskünstler.«
    St. James lachte. »Er ist ein Lügner. Er hat sich die Stichverletzung selbst beigebracht und die Löcher nachträglich gemacht.« Er bemerkte, daß sie gähnte. »Ich langweile dich doch nicht, Helen?«
    »Aber nein, wo denkst du hin!«
    »Eine lange Nacht mit einem aufregenden Mann?«
    »Ach, wenn es doch so wäre. Eine lange Oper mit meinen Großeltern. Während des Triumphmarsches von Aida schnarchte Großvater selig. Ich hätte mir ein Beispiel an ihm nehmen sollen. Er ist heute morgen bestimmt frisch und munter.«
    »Ein bißchen Kultur ab und zu kann nie schaden.«
    »Aber ich hasse die Oper. Wenn die Leute wenigstens auf englisch singen würden. Ist das vielleicht zuviel verlangt? Aber nein, immer ist es Italienisch oder Französisch. Oder Deutsch. Deutsch ist am schlimmsten. Und wenn sie dann noch mit diesen dämlichen gehörnten Helmen auf der Bühne rumsausen -«
    »Du bist eine Philisterin, Helen.«
    »Aus Überzeugung.«
    »Also, paß auf, wenn du jetzt noch eine halbe Stunde aushältst, lade ich dich nachher zum Mittagessen ein. Ich habe in der Brompton Road eine neue Brasserie entdeckt.«
    Ihr Gesicht hellte sich auf. »Wunderbar, Simon, genau das, was ich brauche. So, was soll ich jetzt tun?« Sie sah sich im Labor um, als suche sie nach neuer Arbeit.
    Unten fiel die Haustür zu. »Simon!« schallte es herauf.
    St. James trat vom Arbeitstisch weg. »Sidney«, sagte er und ging zur Tür, seiner Schwester entgegen, die die Treppe heraufgeflogen kam. »Wo zum Teufel bist du die ganze Zeit gewesen?«
    Sie kam ins Labor. »Erst in Surrey. Dann in Southampton«, antwortete sie, als wäre das das Selbstverständlichste von der Welt. Sie warf eine Nerzjacke über einen Hocker. »Ich muß schon wieder mal in Pelz machen. Wenn ich nicht bald einen anderen Auftrag bekomme, wechsle ich den Beruf, das sag ich euch. Ich finde es einfach ekelhaft, mich in den Häuten toter Tiere zur Schau zu stellen. Und wie immer mußte ich natürlich darunter viel Haut zeigen.« Sie beugte sich über den Tisch und musterte die Pyjamajacke. »Schon wieder Blut? Wie kannst du das so kurz vor dem Mittagessen aushalten? Ich hab' doch das Mittagessen hoffentlich nicht verpaßt?«
    Sie klappte ihre Umhängetasche auf und begann, darin herumzukramen. »Mensch, wo

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