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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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der Küche die Lichter angingen. Ihr Vater erschien im Fenster. Er ging zum Herd, dann zum Tisch und verschwand aus ihrem Blickfeld. Sie eilte durch den Garten zum Haus und stieg die Treppe hinunter.
    Alaska erwartete sie an der Tür, als hätte sie geahnt, daß sie kommen würde. Mit hoch aufgestelltem Schwanz begann sie, ihr gemessenen Schrittes um die Beine zu streichen.
    »Und wo ist Peach?« fragte sie die Katze, die ihren Kopf an ihrer Hand rieb und zu schnurren begann.
    Ihr Vater kam aus der Küche ins Vestibül. »Deb!«
    Sie richtete sich auf. »Hallo, Dad.«
    Sie bemerkte seinen Blick. Er suchte nach Anzeichen dafür, daß sie nach Hause gekommen war - einen Koffer, einen Karton, ihre Fotosachen. Aber er sagte nur: »Hast du schon gegessen, Kind?« und kehrte in die Küche zurück, aus der ihr der würzige Duft eines Bratens entgegenwehte.
    Sie folgte ihm. »Ja. In meiner Wohnung.«
    »Was macht die Arbeit?« fragte Cotter.
    »Oh, gut. Ich benutze wieder meine alten Apparate, die Nikon und die Hasselblad. Es macht Spaß. Sie zwingen mich, mehr auf mein Wissen und meine eigene Technik zurückzugreifen, und das gefällt mir.«
    Cotter nickte. Er hatte begriffen. »Alles vergessen, Deb«, antwortete er. »Du tust das, was du für richtig hältst.«
    Heiße Dankbarkeit durchzuckte sie. Sie sah sich in dem vertrauten Raum um, betrachtete die weißen Wände, den alten Herd, auf dem drei zugedeckte Töpfe standen, die abgenutzten Arbeitsplatten, die Glasschränke, den unebenen Fliesenboden. Der kleine Korb in der Nähe des Herds war leer.
    »Wo ist Peach?« fragte sie.
    »Mr. St. James ist mit ihm spazierengegangen.« Cotter warf einen Blick auf die Wanduhr. »Scheint die Zeit wieder mal völlig vergessen zu haben. Das Essen ist schon seit einer Viertelstunde fertig.«
    »Wohin ist er gegangen?«
    »An den Fluß, nehme ich an.«
    »Soll ich ihn holen?«
    »Wenn du willst«, antwortete er völlig neutral. »Aber du mußt nicht. Das Essen hält sich auch noch eine Weile.«
    Sie sagte: »Ich seh' mal, ob ich ihn finden kann.« Auf dem Weg hinaus drehte sie sich noch einmal um.
    »Ich bin nicht gekommen, um zu bleiben, Dad. Das weißt du, nicht wahr?«
    »Ich weiß, was ich weiß«, antwortete Cotter ruhig, und sie ging.
    Der Dunst umhüllte jede Straßenlampe mit einem goldenen Hof, und von der Themse blies ein leichter Wind. Deborah schlug ihren Mantelkragen hoch. In den Häusern setzten sich die Leute zum Abendessen, andere trafen sich im King's Head and Eight Bells an der Ecke zum Gespräch und einem Imbiß. Deborah lächelte. Die meisten dieser Leute kannte sie mit Namen. Sie waren seit Jahren Stammgäste in dem Pub. Ihr Anblick weckte eine unerklärliche Wehmut in ihr, die sie sogleich als albern abtat.
    Auf der Straße war wenig Verkehr. Sie überquerte die Cheyne Walk zum Fluß und sah ihn in einiger Entfernung, die Arme auf die Flußmauer gestützt, in die Betrachtung der Albert Bridge vertieft. In den Sommern ihrer Kindheit waren sie oft über diese Brücke zum Battersea-Park hinübergewandert. Sie ein ungebärdiger kleiner Wildfang, er geduldig und zuverlässig in seiner Freundschaft.
    Sie blieb einen Moment stehen, um ihn zu betrachten. Sein Blick war auf die Brücke gerichtet. Ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen. Zu seinen Füßen hockte Peach und kaute stillvergnügt an seiner Leine. Aber plötzlich bemerkte er Deborah und sprang auf, um ihr entgegenzulaufen. Er verhedderte sich in der Leine, fiel zusammen wie ein Bündel und bellte vergnügt.
    St. James wandte sich von der Brücke ab, blickte zu dem kleinen Dackel hinunter, dann wieder aufwärts, um zu sehen, was dieses plötzliche Wegstreben des Hundes veranlaßt haben könnte. Als er Deborah sah, ließ er die Leine los, und sofort rannte Peach ihr mit fliegenden Ohren entgegen. In stürmischer Begeisterung sprang er bellend und schwanzwedelnd an Deborah hoch.
    Deborah lachte, beugte sich zu dem Hund hinunter, drückte ihn an sich, ließ sich von ihm die Nase lecken. Wie einfach es bei Tieren ist, dachte sie. Sie verschenken ihr Herz ohne Frage und ohne Furcht. Sie erwarten nichts und stellen keine Forderungen. Es ist so leicht, sie zu lieben. Wenn die Menschen so sein könnten, würde niemals jemand verletzt werden, dachte sie. Kein Mensch würde je Verzeihen lernen müssen.
    St. James sah ihr entgegen, wie sie im Lichtschein der Straßenlampe mit dem schwänzelnden Hund auf ihn zukam. Der Dunst hatte ihr Haar mit glitzernden Perlen benetzt,

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