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04 - Mein ist die Rache

04 - Mein ist die Rache

Titel: 04 - Mein ist die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sich an die Formalitäten zu halten, die das A und O aller Ermittlungsarbeit bei einem Mordfall sind. Innerhalb von Sekunden war klar, daß Mord für ihn ein unbekanntes Terrain war, in dem er mit Wonne herumtappte.
    »So, einen Mord haben wir hier also?« fragte er im Konversationston, als wären Morde in Nanrunnel ganz alltäglich. Vielleicht um seiner Nonchalance den Anstrich der Echtheit zu geben, wickelte er einen Kaugummi aus seinem Papier und schob ihn in den Mund. »Wo ist denn das Opfer?«
    »Wer sind Sie?« fragte Lynley scharf. »Sie sind doch nicht von der Kripo.«
    Der Constable grinste. »T.J. Parker«, verkündete er.
    »Thomas Jefferson. Meine Mutter hat 'ne Schwäche für die Amis.«
    Er drängte sich ins Wohnzimmer.
    »Sind Sie von der Kripo?« fragte Lynley, als der Constable mit dem Fuß ein Schreibheft zur Seite stieß. »Himmelherrgott, Mann! Lassen Sie den Tatort unberührt.«
    »Na, nun machen Sie mal halblang«, entgegnete der Constable ungerührt. »Inspector Boscowan hat mich vorausgeschickt, um den Tatort zu sichern. Er kommt gleich nach, sobald er angezogen ist. Nur keine Sorgen. Also. Was haben wir da?« Er warf einen ersten Blick auf die Leiche und kaute schneller auf seinem Kaugummi. »Da war ja einer ganz schön sauer auf den Burschen.«
    Nach dieser Feststellung durchstreifte er gemächlich das Zimmer. Neugierig befingerte er mehrere Gegenstände auf dem Schreibtisch.
    »Verdammt noch mal!« rief Lynley hitzig. »Rühren Sie hier nichts an. Überlassen Sie das Ihren Kollegen von der Kripo.«
    »Raub«, verkündete Parker, als hätte Lynley nicht gesprochen. »In flagranti erwischt, würd' ich sagen. Erst ein Kämpfchen und dann schnipp, schnapp mit der Gartenschere.«
    »Jetzt hören Sie endlich zu! Sie können hier nicht ...«
    Parker erhob mahnend den Zeigefinger. »Das ist Sache der Polizei, Mister. Seien Sie so freundlich und gehen Sie raus.«
    »Hast du deinen Dienstausweis da?« fragte St. James Lynley leise. »Der Bursche ruiniert sämtliche Spuren, wenn du nicht etwas unternimmst.«
    »Ich kann nicht, St. James. Ich habe hier keine Zuständigkeit.«
    Während sie sprachen, kam Dr. Trenarrow die Treppe herunter. Drinnen im Zimmer wandte sich Parker zur offenen Tür, sah Trenarrows Arzttasche und grinste.
    »Das ist vielleicht 'ne Bescherung hier, Doc«, sagte er.
    »Haben Sie so was schon mal gesehen? Kommen Sie, schauen Sie sich's an, wenn Sie mögen.«
    »Constable!« Lynley bemühte sich um Geduld und Friedfertigkeit.
    Trenarrow schien zu begreifen, wie unangemessen das Verhalten des Constable war. Er sagte leise zu Lynley: »Vielleicht kann ich etwas tun, um eine Katastrophe abzuwenden«, und ging ins Zimmer. Er kniete neben dem Toten nieder und untersuchte ihn rasch, suchte den Puls, prüfte die Temperatur, bewegte den Arm, um festzustellen, wie weit die Leichenstarre fortgeschritten war. Dann ging er auf die andere Seite hinüber, um die Verletzungen zu untersuchen.
    »Brutal«, murmelte er, blickte auf und sagte: »Haben Sie eine Waffe gefunden?« Er sah sich im Zimmer um, tastete unter den Papieren, die der Leiche am nächsten lagen.
    St. James konnte nur schaudern angesichts dieser unsachgemäßen Behandlung des Tatorts. Lynley fluchte. Der Constable tat nichts.
    Trenarrow wies mit dem Kopf auf einen Schürhaken, der vor dem offenen Kamin lag. »Könnte das die Waffe sein?« fragte er.
    Constable Parker grinste und schnalzte mit dem Kaugummi. Er lachte, als Trenarrow aufstand. »Für die Operation?« fragte er. »Ich glaube kaum, daß der scharf genug ist.«
    Trenarrow verzog keine Miene. »Ich meinte, die Mordwaffe«, sagte er. »Cambrey ist nicht an der Kastration gestorben. Das sieht jeder Narr.«
    Parker schien Trenarrows Zurechtweisung nicht im geringsten zu erschüttern. »Okay, hat ihn vielleicht nicht umgebracht. Aber gegangen wäre da nichts mehr, hm?«
    Trenarrow machte ein Gesicht, als hielte er mit Mühe eine zornige Erwiderung zurück.
    »Wie lang ist er Ihrer Meinung nach schon tot?« erkundigte sich der Constable freundlich.
    »Zwei oder drei Stunden, würde ich sagen. Aber es wird doch sicher gleich jemand kommen, der Ihnen das genauer sagen kann.«
    »Klar, klar. Sie wird bald hier sein«, bestätigte der Constable. »Zusammen mit den anderen.« Er hockte sich auf die Fersen, schnalzte wieder mit dem Kaugummi und sah auf die Uhr. »Zwei oder drei Stunden, sagen Sie? Das heißt also ... halb neun oder halb zehn. Na ja ...« Er seufzte und rieb sich

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