04 - Mein ist die Rache
Mitarbeitern gut verstanden? Da gab es keine Probleme?«
»Sie haben ihn geliebt. Bewundert. Er hatte es geschafft. Er war ein Held für sie. Er war so, wie sie sein wollten.«
Cambreys Stimme wurde schärfer. »Sie brauchen nicht zu glauben, daß einer von den Mitarbeitern ihn getötet hat. Keiner hier in der Redaktion hätte meinen Sohn angerührt. Sie hatten keinen Grund dazu. Er wollte die Zeitung verändern. Er führte Neuerungen und Verbesserungen ein.«
»Vielleicht wollte er jemandem kündigen?«
»Wem denn? Davon weiß ich nichts.«
St. James blickte zu dem Schreibtisch hinüber, der dem Fenster am nächsten war. Auf ihm stand eine gerahmte Fotografie zweier Kinder. »Wie stand er zu Ihrer Redakteurin? Julianna Vendale, heißt sie nicht so?«
»Julianna?« Cambrey nahm die Zigarette aus dem Mund und leckte sich die Lippen.
»War sie eine von seinen Frauen? Eine frühere Geliebte? Oder hat er vielleicht bei ihr nicht landen können und wollte sie an die Luft setzen, weil sie nicht bereit war, seine Bedürfnisse zu stillen?«
Cambrey lachte nur kurz auf.
»Mick brauchte Julianna Vendale nicht«, sagte Cambrey.
»Er brauchte doch nicht um etwas zu betteln, was er überall nachgeschmissen kriegte.«
Wieder auf der Straße, gingen sie zu dem Parkplatz am Hafen, wo Helen den Rover abgestellt hatte. St. James warf ihr einen Seitenblick zu. Während der letzten Minuten in der Zeitungsredaktion hatte sie kein Wort mehr gesprochen, aber ihre spürbare Spannung, der starre Ausdruck ihres Gesichts hatten ihre Reaktion auf Mick Cambreys Leben und Tod - und auf seinen Vater - deutlicher ausgedrückt als alle Worte. Doch kaum hatten sie das Haus hinter sich, ließ sie ihrem Zorn und ihrem Abscheu freien Lauf. Sie rannte mit Riesenschritten zum Parkplatz, ohne Rücksicht darauf, daß St. James ihr kaum folgen konnte. Er fing nur Fetzen ihrer wütenden Tiraden auf.
»... der reinste Sexathlet ... von wegen Vater! Hat doch nur die Eroberungen gezählt ... Zeit, eine Zeitung herauszubringen, wenn sie so damit beschäftigt waren, ihre Bedürfnisse zu stillen? ... jede Frau in Cornwall ... kein Wunder - überhaupt kein Wunder -, daß ihm jemand die Eier ... der hätte mich wahrscheinlich auch dazu gebracht ...« Sie war völlig außer Atem, als sie den Wagen erreichte. Er ebenfalls.
Im Hafenbecken zu ihren Füßen kreisten Hunderte von Möwen über einem kleinen Boot, dessen Morgenfang silbern in der Sonne glitzerte.
»Dauernd hab' ich mir gesagt, denk dran, von wem es kommt«, sagte Helen schließlich. »Er ist todunglücklich, er weiß nicht, was er redet, er weiß nicht, wie es klingt. Aber als er mich fragte, ob ich mich nicht für seinen Sohn hingelegt hätte, war's aus. Zum ersten Mal hab' ich begriffen, was es heißt, rot zu sehen. Ich hätte mich am liebsten auf ihn gestürzt und ihm sämtliche Haare ausgerissen.«
»So viele hatte er gar nicht.«
Das zerriß die Spannung. Sie lachte resigniert und startete den Wagen. »Was hältst du von diesem Zettel?«
St. James zog ihn aus seiner Hemdtasche und las den Aufdruck auf seiner Vorderseite. »Talisman Café. Wo ist das wohl?«
»Nicht weit vom Anchor and Rose. Ein Stück die Paul Lane hinauf. Warum?«
»Weil er das bestimmt nicht in der Redaktion geschrieben hat. Da hätte er ordentliches Papier genug zur Hand gehabt. Folglich muß er es anderswo geschrieben haben. Entweder in dem Café oder sonstwo, wenn er sich das Brötchen dort nur geholt hatte. Ehrlich gesagt, hoffte ich, das Talisman Café wäre in Paddington.« Er berichtete ihr von Tina Cogin.
Helen wies mit dem Kopf auf den Zettel. »Glaubst du, das hat mit ihr zu tun?«
»Sie steckt irgendwo in dieser Geschichte mit drin, wenn sich Deborah nicht täuscht, und der Mann, den sie im Hausflur gesehen hat, wirklich Mick Cambrey war. Aber wenn das Talisman Café hier in Nanrunnel ist, war Mick wohl hier am Ort irgendeiner Sache auf der Spur.«
»Du meinst, er hatte hier einen Informanten? Und auch der Mörder kommt von hier?«
»Kann sein. Er war häufig in London. Das sagen alle. Ich kann mir nicht denken, daß es sehr schwierig gewesen wäre, ihn nach Cornwall zu verfolgen, schon gar nicht, wenn er mit dem Zug gereist ist.«
»Wenn er wirklich hier eine Informationsquelle hatte, dann ist diese Person vielleicht auch in Gefahr.«
»Immer vorausgesetzt, die Story ist das Motiv für den Mord.« St. James steckte den Zettel wieder ein.
»Ich würde eher auf das andere tippen - Rache eines
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