04 Verhaengnisvolles Schweigen
Tür. Mit Hilfe des Computers hatte er verschiedene Geschäftsvertretungen und Einwanderungsbehörden überprüft, aber bisher niemanden in Swainshead mit Verbindungen nach Kanada gefunden. Mit Ausnahme von Stephen Collier, der mit einer Lebensmittelproduktgesellschaft in Montreal Geschäfte machte.
»Was, glauben Sie, ist ein Lebensmittelprodukt?«, fragte Banks Richmond.
»Kann ich nicht sagen, Sir. Kein richtiges Lebensmittel, würde ich sagen.«
»Und ich dachte, er tauscht Wensleydale-Käse gegen Ahornsirup. Bevor ich es vergesse: Wie spät ist es jetzt in Toronto?«
Richmond schaute auf seine Uhr. »Neun Uhr morgens.«
»Dann telefoniere ich jetzt besser mit den Mounties.«
»Ah ... das sind keine Mounties, Sir. Nicht in Toronto.« Richmond strich sich über den Schnurrbart.
»Ach? Was dann?«
»Die Toronto Metropolitan Police, Sir. Die Royal Canadian Metropolitan Police des Staates Ontario. Die Mounties sind heutzutage hauptsächlich im Geheimdienst tätig und kontrollieren die abgelegeneren Teile des Landes.«
Banks grinste. »Jeden Tag lernt man was dazu.«
Nachdem Richmond gegangen war, zündete er sich eine Zigarette an und griff zum Telefon. Die Gesprächsvermittlung kostete ihn eine Menge Geduld, aber nachdem es einige Minuten geklickt und gesurrt hatte, klingelte es am anderen Ende der Leitung. Es klang ganz anders als der harte und aufdringliche Ton der englischen Telefonleitungen, die Klingeltöne waren länger, genauso die Pausen dazwischen.
Als endlich jemand ranging, brauchte Banks eine Weile, um zu erklären, wer er war und was er wollte. Nachdem es noch ein paar Mal klickte, hatte er endlich den richtigen Mann am Apparat.
»Chief Inspector Banks? Hier ist Sergeant Gregson. Wie sieht's aus in der alten Heimat?«
»Gut«, sagte Banks, ein bisschen verwirrt von der Frage.
»Mein Vater war Brite«, fuhr Gregson fort. »Kam aus Derbyshire.« Er sprach das »e« wie »ö« aus, und »shire« klang, als würde er »hier« rufen. »Kennen Sie den Ort?«, fragte er.
»O ja. Nur die Straße runter.«
»Kleines Land.«
»Richtig.«
Gregson räusperte sich, und Banks konnte über viertausend Kilometer entfernt Papier rascheln hören. »Ich kann nicht gerade behaupten, dass wir viel für Sie haben«, sagte der Kanadier. »Wir haben uns mal in Allens Wohnung umgeschaut, konnten aber nichts Ungewöhnliches entdecken.«
»Haben Sie ein Adressbuch gefunden?«
»Adressbuch ... mal sehen ...« Wieder raschelte Papier. »Nein. Kein Adressbuch. Kein Tagebuch.«
»Verdammt. Er muss es mitgenommen haben.«
»Logisch, oder? Wenn er Ferien gemacht hat, wollte er bestimmt den Kumpels zu Hause nette Postkarten schicken.«
»Was ist mit seinen Freunden? Haben Sie welche von denen getroffen?«
»Wir haben mit seinen Arbeitskollegen gesprochen. Viele sind aber im Moment nicht da. Ab Ende Mai sind Semesterferien, also sind Lehrer um diese Jahreszeit hier ziemlich dünn gesät. Hübsche Arbeit, wenn man rankommt, hä? Jetzt sind alle weg und schwimmen in einem See oder sonnen sich auf der Terrasse ihrer schicken Sommerhäuschen in Muskoka.«
»Ist das so wie eine Villa auf Mallorca?«
»Wie?«
»Schon gut. Was haben sie ausgesagt?«
»Sie meinten, er war ein bisschen unnahbar, hochnäsig. Natürlich sind das viele Briten hier drüben. Sie glauben, Kanada ist immer noch ein Teil des Empires, also kommen sie hierher wie jemand aus >Juwel der Krone<.«
»Haben Sie seine Exfrau gefunden?«
»Jau. Sie ist für die letzten sechs Monate in Calgary gewesen, also können Sie sie streichen.«
»Anscheinend gab es da einen Liebhaber«, berichtete ihm Banks. »Jemand vom College. Deshalb haben sie sich scheiden lassen.«
»Haben Sie einen Namen?«
»Leider nicht.«
Gregson seufzte. »Ich würde Ihnen gerne helfen, Chief Inspector, wirklich«, sagte er. »Aber wir können keine Leute dafür abstellen, einen Kerl aufzuspüren, der mit Allens Frau abgehauen ist. Dafür fehlt uns einfach das Personal.«
»Natürlich, verstehe.«
»Außerdem nimmt man normalerweise nicht einem Mann die Frau weg und ermordet ihn dann.«
»Wenn der Mann Probleme macht, vielleicht schon. Aber Sie haben recht, üblich ist das nicht. Hatte er Freundinnen?«
»Wie gesagt, seine Kollegen hielten ihn für ein bisschen hochnäsig. Einer hielt ihn sogar für schwul, aber da würde ich
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