0404 - Die Bande der Toten
dass er mit Dempsy zusammen in derselben Zelle saß.«
»Das ist auch die Aussage von Eileen Hopkins.«
»Das stimmt. Ich habe mit dem Zuchthaus in Connecticut telefoniert. Es ist wahr. Bryan Newell und Dempsy haben die letzten vier Jahre vor Newells Entlassung dieselbe Zelle miteinander geteilt.«
»Aber Muggon hatte doch lebenslänglich!«, warf Phil ein. »Macht man denn das, dass man Lebenslängliche mit Leuten zusammen sperrt, die nur eine begrenzte Frist abzubrummen haben?«
»Es soll in der Regel nicht sein. Aber auch bei uns sind viele Gefängnisse randvoll belegt. Da lassen sich gewisse Regeln nicht immer so exakt einhalten, wie es bei einem modernen Strafvollzug wünschenswert wäre.«
»Tatsache bleibt jedenfalls«, nahm ich den Faden wieder auf, »dass Newell tatsächlich mit Muggon zusammen in derselben Zelle saß. Dann kann auch alles andere stimmen, was uns Eileen Hopkins erzählt hat.«
»Es kann, ja. Und wenn Newell tatsächlich das Paket abgeholt hat, dürfte es jetzt fast unmöglich sein, noch herauszufinden, wo das Zeug geblieben ist. Newell ist seit anderthalb Jahren tot.«
»Warum bist du dann eigentlich nach New York gekommen, Steve?«, fragte Phil.
Unser Kollege runzelte die Stirn.
»Tja«, brummte er, »das ist so eine Frage! Eine genaue Antwort kann ich eigentlich gar nicht geben. Mir ist ein ziemlich verwegener Gedanke durch den Kopf gegangen. Und den möchte ich nicht nur mit euch durchsprechen, sondern nach Möglichkeit auch überprüfen. Was wir im Hauptquartier an Unterlagen hatten, habe ich alles mitgebracht.«
Er wies auf die prall gefüllte Diplomatentasche, die neben seinem leichten Köfferchen stand. Dann fuhr er fort: »Hinsichtlich des Paketes sind wir also bis jetzt von der Annahme ausgegangen, dass Newell während der vier Jahre, die er mit Muggon in derselben Zelle zubrachte, alles erfuhr, was er wissen wollte, um das Paket bei Eileen Hopkins abholen zu können.«
»Meinst du, dass Dempsy so einfach plaudert?«, fragte ich ungläubig.
»Im Allgemeinen plaudern sie alle, die jahrelang sitzen. Sie müssen sich ja etwas erzählen in den endlos langen Tagen und Nächten. Außerdem hatte Muggon lebenslänglich. Das bedeutet bei normalem Verlauf der Dinge, dass er wenigstens achtzehn bis fünfundzwanzig Jahre sitzen muss, wenn er überhaupt je begnadigt werden sollte. Wer mit diesem Wissen in der Zelle hockt, der spricht schon eher.«
»Gut, ja, das mag zutreffen«, räumte ich ein. »Aber was folgerst du daraus? Du willst doch auf etwas Bestimmtes hinaus?«
Steve grinste wieder.
»Ich habe den Spieß umgedreht«, sagte er.
»Was?«, fragte Phil verständnislos.
»Ich habe den Gedankengang umgekehrt. Ich sagte mir, wenn Newell alles Wissenswerte von Muggon erfuhr, dann kann auch Muggon alles Wissenswerte von Newell erfahren haben. Oder nicht?«
»Das ist wahrscheinlich. Es erzählt doch nicht immer nur der eine, wenn der andere Zellengenosse überhaupt nichts sagt.«
»Eben, das dachte ich auch.«
»An dieser Überlegung ist meiner Meinung nach nichts auszusetzen«, brummte ich und griff nach den Zigaretten, weil wir mit dem Frühstück fertig waren.
»Aber ich verstehe trotzdem noch nicht, worauf du eigentlich hinauswillst.«
»Habt ihr von den beiden Banküberfällen gehört?«
»Von welchen? Vorgestern Nacht in Detroit?«, fragte Phil.
»Nein. Den meine ich nicht. Der ist schon halb aufgeklärt. Zwei der jugendlichen Täter sind bereits festgenommen, nach den beiden anderen wird gefahndet. Ich rede von den Überfällen auf die beiden kleinen Landbanken.«
»Davon haben wir flüchtig gehört bei der Dienstbesprechung«, sagte Phil ehrlich. »Aber wirklich nur flüchtig. Irgendwo in Virginia, nicht wahr?«
»Ja. Der erste in Thaxton/Virginia und der zweite in Gatlinburg/Tennessee.«
»Was hat das mit Dempsy Muggon zu tun?«
»Ich gläube, dass er die beiden Überfälle mit noch drei unbekannten Komplizen ausgeführt hat.«
Diese Nachricht beeindruckte uns. Wir schwiegen überrascht. Rein zufällig sah ich auf die große Uhr über dem Eingang, Es war vier Minuten nach neun.
In Irving im Bundesstaat Virginia gilt genauso die Eastern Standard Time wie in New York. Folglich war es in Irving auch vier Minuten nach neun, als die Uhren diese Zeit in New York anzeigten. Und das war die Minute, in der in Irving die Drehtür der kleinen Bankfiliale schwungvoll in Bewegung gesetzt wurde.
Vier Männer betraten die Bank. Einer drehte sich sofort um und legte den
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