0406 - Finale in der Knochengrube
sogar, dass es eine Sache zwischen mir und dem Götzen Baal war. Aus diesem Grunde hielten sie sich zurück und taten nichts.
Er und ich. Zwei unversöhnliche Gegner starrten sich an. Wir maßen uns mit Blicken, ein jeder versuchte herauszufinden, wie es dem anderen wohl erging, suchte nach einer schwachen Stelle, aber er fand sie nicht.
Wir waren uns ebenbürtig.
Diesmal sprach er. Ich erinnerte mich noch genau an seine widerliche, feiste Stimme. Sie hatte sich auch jetzt nicht verändert. »John Sinclair, ich wusste, dass wir uns wiedersehen würden.«
»Darauf habe ich gewartet.«
»Willst du so gern sterben?«
»Nein, ich möchte etwas zurückhaben!«
»Deinen Dolch?«
»Genau.«
Da lachte der Götze. »Du hättest eine Chance gehabt, Geisterjäger. Ich hätte deinen Dolch gegen mein Opfermesser eingetauscht, doch das ist nicht mehr nötig, denn nun besitze ich beides.« Er streckte einen Arm vor, damit ich den grünen Dolch genau sehen konnte.
Ja, es war die Waffe, die wir schon gehabt hatten und die er sich jetzt zurückgeholt hatte.
Lara richtete sich auf dem Altar auf. Diese Bewegung brachte mich auf ein anderes Thema. »Weshalb hast du sie töten wollen?«, fragte ich ihn.
»Weshalb?«
»Weil ich alle Spuren löschen wollte. Sie wusste von meiner Verbindung zu Rasputin. Das sollte geheim bleiben. Ich werde dafür sorgen, dass sich daran nichts ändert. Auch die Karten habe ich vernichtet, dieses gefährliche Spiel, und somit habe ich Rasputin die letzte Möglichkeit genommen einzugreifen. Andere Dinge sind wichtiger. Größere Dinge, da müssen Wesen wie Rasputin zurückstehen.«
»Hat Hesekiel tatsächlich das Tarock-Spiel erfunden?«, fragte ich ihn, denn nur er konnte mir eine konkrete Antwort geben, weil der Götze damals schon existiert hatte.
»Es stammt von ihm. Wenigstens die Grundzüge. Und ich habe in dieser Zeit erkannt, welche Kraft darin steckt, aber jetzt brauche ich sie nicht mehr. Nur noch euren Tod.«
»Meinst du?«
»So habe ich mich entschieden.«
Um zu demonstrieren, dass ich keine Furcht vor ihm hatte, ging ich einen Schritt vor. Sehr gemächlich, fast lässig, aber ich vertraute voll und ganz auf das vor meiner Brust hängende Kreuz. Mit der Zeigefingerspitze wies ich darauf. »Schon einmal hat es dich zurückgeschlagen, Baal. Erinnerst du dich?«
»Natürlich.«
»Deshalb bin ich nicht so wehrlos, wie du denkst.«
»Es gibt Dinge, gegen die kann selbst die Magie deines Kreuzes nichts ausrichten. Sie sind so einfach und doch sicher. Es ist der Sumpf, in dem du dich befindest. Er reagiert so, wie ich es haben will. Wenn ich es möchte, kann er euch verschlingen und nie mehr wieder freigeben, höchstens als Skelette oder Knochenteile, die mir ebenfalls gehorchen, wie ihr es erlebt habt. Das hier ist meine Knochengrube, hier wurden mir Opfer gebracht, hier herrscht meine Magie. Menschen sind in diesem dämonischen Areal verloren. Auch du, Sinclair.«
Ich hütete mich, seine letzten Worte zu unterschätzen. Der Sumpf war tatsächlich menschenfeindlich. Er würde kein Erbarmen kennen und keine Rücksicht nehmen, ob er nun Menschen oder Monster vor sich hatte.
»Du wirst deinen Silberdolch nicht mehr zurückbekommen, Sinclair. Was ich einmal habe, das behalte ich auch.«
»Trägst du ihn bei dir?«
»Ja.«
»Zeige ihn mir!«, forderte ich.
Er lachte laut und geifernd. »So einfach mache ich es dir nicht. Du bekommst mein Opfermesser ebensowenig wie deinen Dolch. Ich bin der Sieger dieses gewaltigen Spiels.«
Das war er schon einmal gewesen. Ich wollte nicht, dass er hier ebenfalls siegte, und hatte vor, mein Kreuz zu aktivieren und somit alles auf eine Karte zu setzen, als Suko eingriff.
Er machte es auf seine Art und Weise. Laut hallte sein Ruf über mich hinweg und gegen die Gestalt des Götzen.
»Topar!«
Für fünf Sekunden stand die Zeit still, und jegliches Leben erstarrte.
Nur einer konnte sich bewegen.
Suko, der Träger des Stabs!
Er hatte dem Dialog zwischen John Sinclair und Baal genau zugehört, und er hatte erkannt, wie gering die Chancen des Geisterjägers waren. Dieser Götze beherrschte sein Gebiet. Er war der Meister über diesen Sumpf, er konnte ihn manipulieren, und er würde dafür sorgen, dass er alles Leben, das Baal nicht passte, spurlos vernichtete.
Deshalb hatte Suko eingegriffen und sich während des Zwiegesprächs in eine günstigere Position gebracht, von der aus er näher am Ort des Geschehens stand.
Suko startete.
Fünf
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