0408 - Der Drachenblut-Vampir
Antwort.
Suko wollte den Drachenblut-Vampir. Einmal hatte ihn diese Bestie reinlegen können, das sollte ihm ein zweites Mal nicht passieren.
Aber er wusste nicht, wo der Blutsauger steckte.
Tyrrtoll konnte sich an das Haus herangeschlichen und sich darin verborgen haben.
Trotzdem ging der Chinese davon aus, dass sich der Drachenblut-Vampir nicht in das Haus verzogen hatte. Er jagte Banshees, und die fand er nun mal in freier Wildbahn und nicht zwischen den Wänden eines Bauernhauses.
An einer Stallwand hing eine Laterne, die mit ihrem Licht nur mühsam die Schwärze der Nacht und den Nebel durchdrang. Suko ging auf sie zu.
Der Inspektor gehörte nicht zu den ängstlichen Gemütern, trotzdem konnte er sich etwas Besseres vorstellen, als durch den feuchten Nebel zu laufen.
Es war ein leises Quietschen. Blinder Alarm. Die Laterne schaukelte in ihrer Halterung und quietschte dabei.
Suko konnte sich ein Lächeln der Erleichterung nicht verkneifen, als er die natürliche Erklärung für dieses Phänomen erkannte.
Die Tür schräg unter der Lampe stand breit offen. Suko musste den Schuppen untersuchen. Es roch dort nach Heu. Licht gab es keins.
Dafür hörte Suko ein dünnes, gequältes Wimmern – und im selben Augenblick das krächzende Lachen des Drachenblut-Vampirs.
Da wusste Suko Bescheid.
Vor ihm, in der Finsternis des Schuppens mussten sich eine Banshee und der Vampir befinden.
***
Nach wie vor sah Suko die berühmte Hand vor Augen nicht. Wenn er gezielt eingreifen wollte, brauchte er Licht. Das konnte ihm nur seine Lampe geben, die in seiner Tasche steckte.
Der Inspektor kam nicht mehr dazu, sie hervorzuholen, denn vor ihm flackerte plötzlich ein Feuer auf. Es entstand aus dem Nichts, aber es war so intensiv, dass es genau die Stelle erleuchtete, wo sich eine schaurige Szene abspielte.
Zum zweiten Mal entdeckte Suko den Drachenblut-Vampir! Die flackernden Feuerlanzen erhellten die nähere Umgebung. Beide, die Banshee und der Vampir, standen sich unter einem vorgezogenen Dach gegenüber, das als Lagerstätte für Strohballen diente. Stroh lag ebenfalls in der Ecke, wo die beiden sich aufhielten und die Banshee sich auf dem Boden zusammengekauert hatte.
Sie erstickte fast an ihrer Angst. Nur wimmernde Laute drangen aus ihrem Mund.
Zum ersten Mal sah Suko sie nicht allein als feinstoffliches Wesen.
Sie hatte sich verändert und eine normale menschliche Gestalt angenommen. Die Kleidung der Frau war bunt. Und inmitten der Farben leuchtete ein bleiches Gesicht. Die »Haare« auf ihrem Kopf ähnelten verdorrten Pflanzenarmen. Sie waren gelb-grau und standen nach allen Seiten ab. Kein scheußliches Bild, und die Banshee, oft als Hexe verschrien, wirkte wie eine Mischung aus Pflanze und Mensch.
Sie hatte die Arme halb angehoben und auch angewinkelt, weil sie sich auf diese Art und Weise schützen wollte, aber der Vampir würde kein Pardon kennen, zudem war die Banshee waffenlos.
Er stand vor ihr.
Leicht gebückt, den Kopf nach unten gerichtet, und der hohe Schalkragen überragte ihn jetzt, er wirkte wie ein steifes Gebilde aus dunklem Metall.
»Die Erste!«, krächzte der Blutsauger. »Mich hält niemand auf. Mich, den unbesiegbaren, der aus den Drachenhügeln gekommen ist und Aibons Botschaft verbreitet.«
»Tust du das wirklich, Tyrrtoll?«, fragte Suko hart.
Wenn der Vampir überrascht war, so zeigte er es nicht. Eiskalt schaute er Suko an.
Obwohl der Inspektor im Dunkeln stand, musste sein Gegner genau wissen, wer diesen Schuppen betreten hatte. Mit seiner krächzenden Stimme sagte er nur einen Satz. »Du mit den Silberkugeln schon wieder?«
»Ja, ich.«
»Und was willst du?«
»Die Banshee retten!«
Da lachte Tyrrtoll. »Sie kann niemand mehr retten. Ich bin gekommen, um sie zu jagen. Sie hatten geglaubt, in Aibon bleiben zu können. Als ich ihnen dort auf den Fersen war, verließen sie die Welt der Druiden, um sich den Menschen zu zeigen. Sagengestalten, an die viele noch glauben, und man hörte auch den Totenruf der Banshee. Um die Legende zur Wahrheit zu machen, bin ich hingegangen und sorgte dafür, dass die erste Person starb. Sie gab bereits auf, als sie mich entdeckte. Da konnte sie nicht mehr. Ihr Herz stand still. Ich brauchte nicht mal ihr Blut.« Er lachte. »Mir entkommt keiner, wenn ich es nicht will. Was ich in Aibon anfing, führe ich in dieser Welt fort.«
»Jetzt nicht mehr!«
Sukos Stimme hatte sehr sicher geklungen und auch unversöhnlich. Das ärgerte den Vampir und
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