041 - Um Mitternacht im Leichenhaus
Weinkrampf nahe.
Ed Sullivan bemühte sich um sie. »Es hat keinen Sinn«, rief er. Er hatte
den ganzen Nachmittag schon große Geduld und Nachsicht mit ihr geübt und nicht
ein einziges Mal die Ruhe verloren. Er brachte sie von der Bühne. Wortlos ging
er an Miriam und Larry Brent vorbei. Judy Bartmore hielt den Kopf gesenkt und ließ sich in die Garderobe begleiten.
Die Schauspielerin neben Miriam lachte unangenehm. »Wenn das so weitergeht,
dann sehe ich schwarz für die Premiere. Die Bartmore wird versagen. Das kann Ihnen aber eigentlich nur recht sein«, meinte sie, mit
einem schrägen Blick auf Miriam. »Sie spielen doch an ihrer Seite, nicht wahr?
Sie werden der großen Bartmore glatt die Show
stehlen. Die Kritik wird Sie feiern, Miss Brent !«
Sie ging davon, als Ed Sullivan von den Garderoben zurückkam und direkt auf
Miriam zutrat. »Wir proben Ihren Part noch einmal, Miss Brent«, meinte er mit
ruhiger Stimme, aber blasser Gesichtsfarbe.
Miriam hatte das Gefühl, dass seine Ruhe nur äußerlich war. Sie stellte
ihren Bruder Larry vor, und Ed Sullivan erwiderte den Gruß von X-RAY-3 nur knapp.
»Entschuldigen Sie, ich war etwas zerstreut«, meinte er, ehe er Miriam
unter den Arm fasste und mit ihr zur Bühne ging. Larry hörte noch, wie er von
Judy Bartmores nervlicher Überlastung sprach und davon, dass sie erst einmal
eine halbe Stunde Ruhe brauchte. Später würde sie dann weiter proben und auch
ihren Auftritt mit Miriam Brent zu Ende bringen.
»Meistens bleibt sie zu vorgerückter Stunde allein auf der Bühne, um die
großen Szenen ohne Unruhe und ohne die Nähe von Menschen noch einmal
durchzuproben Das ging bisher sehr gut. Ich möchte sie auch nicht von ihrer
Angewohnheit abbringen .« Dies waren die letzten Worte,
die Larry Brent von Ed Sullivan hörte. Er beobachtete noch eine Weile seine
Schwester, die hervorragend agierte, und verabschiedete sich dann von ihr,
indem er ihr zuwinkte. Sie beantwortete seinen Gruß mit einem leichten
Kopfnicken.
Vom Theater aus bis zur Polizeistation waren es nur wenige hundert Meter.
Larry wurde von dem Captain der Mordkommission in dessen Büro empfangen. Von
höchster Stelle war die Ankunft des PSA-Agenten angekündigt worden. Er kam
gleich zum Wesentlichen, um seinen Besuch so kurz wie möglich zu gestalten.
Neben kam eine erstaunliche Neuigkeit hinzu: »Außer John Taylor, dem
entsprungenen Häftling, den wir in der Leichenhalle fanden, muss sich
zeitgleich eine zweite Person darin aufgehalten haben. Daran gibt es nach dem
neuesten Stand der Ermittlungen keinen Zweifel. Offenbar handelte es sich dabei
um eine Frau. Unser Sicherungsdienst fand an einem der Laken Spuren eines
seltenen und kostbaren Parfüms. Ein Fachmann stellte inzwischen die Marke fest.
Es nennt sich Night Invention, und es wird nur für
zahlungskräftige Kunden hergestellt. Dieses Parfüm gelangt nicht in den
öffentlichen Verkauf. Das engt natürlich den Kreis der Verdächtigen schon ein.
Und der zweite Hinweis: Taylor muss sich in den letzten Sekunden seines Todes
noch mit jemand herumgeschlagen haben. Wir fanden an den Fingernägeln seiner
rechten Hand Reste von Nylonfäden, wie sie zur Herstellung von Damenstrümpfen
verwendet werden .«
»Sie haben gute Arbeit geleistet, und die Tatsache, dass Sie bisher über
diese mysteriöse Angelegenheit völliges Stillschweigen gewahrt haben, spricht
für sich .« Larry Brent nahm dankend die angebotene
Zigarette entgegen. »Haben Sie eine Probe des Parfüms beschaffen können ?«
Der Beamte öffnete die Schublade, holte ein kleines Fläschchen hervor und
reichte es über den Tisch. Larry Brent nahm den Glasstöpsel heraus und roch.
Der etwas herbe Geruch kam ihm bekannt vor. Er hatte ihn erst vor wenigen
Augenblicken gerochen.
Sofort erinnerte er sich: die Szene im Theater! Ed Sullivan führte Judy Bartmore an ihm und Miriam vorüber! Larry registrierte den
Parfümgeruch, der Judy Bartmore angehaftet hatte: Night Invention!
Larry überlegte: Judy und ihr Parfüm – ihr eigenartiges Verhalten, die nervliche Überreizung , von der Ed
Sullivan gesprochen hatte – zweitens der Mord im Leichenhaus und drittens Henry Olanders mysteriöser Anruf.
Wenig später verabschiedete sich der Agent und verließ das Polizeigebäude.
An der unteren Treppenstufe trat ein Mann auf ihn zu und bat um Feuer für seine
Zigarette.
Bei dieser Gelegenheit steckte ihm der Fremde Autoschlüssel zu.
»Der Wagen steht gleich links unter der Straßenlaterne. Es
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