0413 - Der Nebel-Vampir
von denen er sich nur um einen kümmern konnte.«
»Mir ist das zu spektakulär«, sagte Nicole. »Und zu spekulativ. Überhaupt kennen wir uns in dieser Landschaft so gut wie gar nicht aus. Wo sollen wir suchen? Gut, wir können uns von den Einheimischen markante Punkte beschreiben lassen. Aber ob das zu etwas führt…?«
»Wir werden eben die Straße abfahren, die auch die Camerons benutzt haben, und hoffen, daß der Vampir wieder zuschlägt.«
»Er wird längst wissen, daß er einen Fehler begangen hat«, sagte Nicole. »Beim nächsten Mal wird er sich eher auf die Zunge beißen als sich an einem Duo zu vergreifen. Es wird besser sein, wenn ich mich allein vortaste.«
»Als Lockvogel? Das ist zu gefährlich«, wandte Zamorra ein.
Nicole schüttelte den Kopf. »Du gibst mir das Amulett mit«, sagte sie. »Damit weiß ich mich dann zu schützen. Das heißt, das Amulett wird mich von sich aus schützen, sobald es die Nähe des Vampirs spürt. Ich bin dadurch gut abgesichert. Besser übrigens, als wenn ich es im Fall des Falles erst zu mir rufen müßte. Denn ich bin nicht sicher, ob der Vampir nicht auch über starke hypnosuggestive Kräfte verfügt, die meine inneren Sperren durchbrechen können… denn darüber hat uns Stanley ja nichts sagen können.«
»Es wäre eine Lösung«, sagte Zamorra. »Aber so ganz kann sie mir noch nicht gefallen. Was, wenn der Vampir das Amulett wittert und dich in Ruhe läßt?«
Nicole lächelte. »Dann steigen meine Überlebenschancen auf hundert Prozent«, sagte sie mit mildem Spott. »Im Ernst – dann können wir uns immer noch eine andere Möglichkeit aussuchen.«
»Wie ich dich einschätze, wirst du nicht locker lassen, nicht wahr?«
»Ich habe mir, schon seit wir bei Cameron waren, Gedanken darüber gemacht«, gestand Nicole. »Und ich finde keine bessere Lösung.«
»Wir brauchen einen zweiten Wagen«, sagte Zamorra.
»Vielleicht leiht Stanley Cameron uns sein Vehikel«, schlug Nicole vor. »Ich fahre damit los. Du nimmst den Jaguar und bist damit im Ernstfall schneller bei mir, weil er den stärkeren Motor und die bessere Straßenlage hat.«
»Und wie erfahre ich, daß du in Gefahr bist?«
Nicole lächelte. Sie hob die Hand und berührte Zamorras Stirn.
»Deine innere Stimme wird es dir sagen«, behauptete sie. »Sobald wir mit dem Essen fertig sind, suche ich Cameron noch einmal auf und bitte ihn um das Auto.«
»Wenn er nein sagt?«
»Versuchen wir, einen Autoverleih ausfindig zu machen, der uns heute nacht noch einen Wagen gibt. Ansonsten verschieben wir’s auf morgen.«
Zamorra nickte.
Ganz wohl war ihm bei der Sache noch nicht, aber er kannte Nicole zu gut. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, den Köder zu spielen, und davon würde sie nicht abzubringen sein.
Draußen war es dunkel geworden. Eine graue Wolkenschicht bedeckte den Himmel. Die Luft war feucht und roch nach Nebel…
***
Er erwachte.
Er spürte, daß etwas nicht stimmte. Sein Durst war nicht so groß, daß er eine sofortige neue Jagd erforderlich machte. Er brauchte noch keine Beute. Es mußte etwas anderes sein, das ihn geweckt hatte.
Der Unheimliche sondierte mit seinen nichtmenschlichen Sinnen. Und er fühlte eine Bedrohung. Sie war noch fern, aber sie verdichtete sich.
Jemand war gekommen, um aus dem Jäger Beute zu machen.
Aber der Unheimliche war nicht gewillt, dabei mitzuspielen. Er besaß feine Instinkte, und er konnte Gefahren förmlich riechen. Aber eine erkannte Gefahr war nicht einmal mehr halb so bedrohlich.
Der Unheimliche bereitete sich darauf vor, seinen Jäger zu übertölpeln.
***
Der Reflex im Rückspiegel irritierte Dan Mocart. Da war etwas. Im ersten Moment glaubte er, ein Auto gesehen zu haben, das ohne Licht fuhr, und eine zornige Verwünschung wollte ihm über die Lippen kommen – wer bei dieser nebelträchtigen Dunkelheit ohne Licht fuhr, war in seinen Augen ein Mörder. Daß ihm selbst das einmal passieren könnte, daß er vergaß, die Scheinwerfer einzuschalten, darauf kam er nicht.
Er hatte sich schon immer für annähernd unfehlbar gehalten.
Aber dann merkte er, daß es kein Auto auf der Straße hinter ihm war, das gleich ihm die Ortschaft Helmsley verließ, sondern daß die Bewegung in seinem Dienstwagen erfolgt war.
Er drehte den Kopf, um einen Blick in den Fond zu werfen.
»Eine Halluzination«, murmelte er und sah wieder nach vorn.
Dann trat er auf die Bremse, kuppelte aus und brachte den Dienstwagen am Straßenrand zum Stehen, dicht vor der
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