0415 - Roboter-Grauen
gespannt und abgeschossen.
Zielgenau jagte der Pfeil aus dem Unsichtbaren hervor und traf den schwarzen Vogel.
Er jagte hindurch.
Wie auf dem Spieß steckte der Körper. Vergeblich wollte der schwarze Vogel seine Flügel ausbreiten und wegfliegen, er schaffte es nicht. Die Kraft verließ ihn.
Dann fiel er zu Boden.
Er geriet zwar mit dem Untergrund in Kontakt, aber er blieb dort nicht, wurde von der blauen Festung regelrecht aufgesogen und war verschwunden.
Aus.
Der Unsichtbare atmete durch. Er sah auch seinen Pfeil nicht mehr. Die blaue Festung hatte das Indiz selbst vernichtet.
Yakup wischte über seine Stirn. Er spürte den Schweiß auf seinen Handflächen und ging weiter.
Irgendwann, so hoffte er, musste er einfach ein Ziel erreichen. Die Vernichtung des Vogels lag noch nicht so lange zurück, als etwas anderes geschah.
Der Gang blieb nicht mehr so, wie Yakup ihn kannte. Da verschoben sich plötzlich die Mauern rechts und links. Sie fuhren lautlos aufeinander zu, gleichzeitig öffnete sich der Blick des Unsichtbaren, er schaute in einen großen Raum hinein mit schräg laufendem Boden, und er sah am Ende des Raumes eine große düstere Gestalt.
Shimada!
Der Herrscher des Höllenschlosses saß, wie es sich für ihn gehörte, auf einem Thron.
Es war keine Sitzgelegenheit im üblichen Sinne. Yakup kam es vor, als würde er auf irgendwelchen dunklen, dicht zusammengeballten Wolken hocken und mit den Füßen baumeln. Er schaute in eine von Yakup abgewandte Richtung, als gäbe es dort etwas Besonderes zu sehen.
In der Tat sah auch Yakup aus dem Unsichtbaren hervor eine Szene, die überhaupt nicht in das Schloss passte. Sie spielte sich außerhalb dieser geisterhaften Welt ab, und zwar mitten im normalen Leben, das nichts mehr mit dem anderen Grauen zu tun hatte, das die Festung beherrschte.
Es war die Realität, die sich Shimada von seiner Festung aus anschaute. Yakup, der Unsichtbare, war fasziniert. Was er dort sah, kam ihm vor wie ein geisterhaftes Kino. Nur waren die Vorzeichen hier umgekehrt. Das Kino zeigte innerhalb der Festung die Wirklichkeit, normalerweise wurde auf der Leinwand Illusion vorgeführt.
Yakup fand sich mit diesen Dingen rasch ab. Er gehörte zu den Leuten, die sich nicht so schnell überraschen ließen. Seine Arbeit hatte ihn gelehrt, die Tatsachen zu akzeptieren und erst später darüber nachzudenken.
Diese Wand war für ihn ein Weg in die normale, in seine Welt.
Noch war er zu weit entfernt, um Einzelheiten erkennen zu können. Er sah nur, dass auf dieser »Leinwand« Personen agierten und Shimada sich eine gewisse Szene sehr konzentriert anschaute.
Nur Yakup sah er nicht.
Die Krone der Ninja schützte ihn fantastisch. Und zwar so weit, dass Shimada nicht mal die Aura des anderen wahrnahm, der sich ihm näherte. Yakup hatte keine Erklärung dafür, weshalb die lebende Legende so gebannt auf die Leinwand starrte. Ob es noch einen Zusammenhang mit Asmodis gab, war ebenfalls nicht festzustellen. Yakup ahnte nur, dass sich ihm hier die Chance bot, die Festung zu verlassen, denn auch Shimada gelangte durch diese transzendentalen Tore aus seinem Reich in die übrige Welt.
Yakup wusste auch über die Pläne der lebenden Legende Bescheid. Shimada war eine Gestalt, die herrschen wollte. Er hatte schon einmal geherrscht, war danach im Mahlstrom der Zeiten verschollen und versuchte es erneut. Er wollte der Kaiser der japanischen Mythologie werden. All die Götter und Dämonen sollten ihm, dem Besitzer der blauen Festung, gehorchen, und diese Magie gab ihm die Macht.
Yakup näherte sich sehr vorsichtig. Obwohl er nicht zu sehen war, setzte er seine Schritte behutsam, denn Shimada war nicht zu trauen.
Im schrägen Winkel näherte sich der Unsichtbare dieser ungewöhnlichen »Leinwand«.
Auch dieser Raum war von dem überall vorherrschenden Blau erfüllt. Licht gab es nicht. Dass Yakup trotzdem etwas erkennen konnte, lag allein an der Szene, die eine gewisse Helligkeit ausstrahlte.
Shimada war so fasziniert, dass er für nichts anderes mehr Augen hatte. Nur das geisterhafte Kino interessierte ihn noch, und er hockte vorgebeugt auf seinem Sitz.
Auch Yakup erkannte jetzt, was den anderen so faszinierte. Auf dieser transzendentalen Leinwand waren Personen zu sehen, die Yakup Yalcinkaya sehr gut kannte.
Zunächst wollte er es nicht glauben, aber die beiden blieben. Es waren John Sinclair und Suko.
Beide befanden sich in höchster Gefahr!
***
Yakup blieb stehen.
Plötzlich waren
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