0416 - Das Duell der Halbstarken
verschwanden blitzschnell.
Dafür blitzte es von der anderen Seite auf. Sie schossen unangenehm genau. Ich räumte die Stellung und galoppierte den beiden anderen nach.
Ich erreichte sie in einer Art Korridor. Der Börsenmakler rannte schnaufend an der Spitze. Ich überholte ihn, klopfte ihm auf die Schulter und rief ihm zu: »Bleiben Sie stehen, Rovelt!« Er stockte wie eine Lokomotive, bei der die Notbremse gezogen wurde. Atemlos, aber unverändert grimmig schnaufte er: »Anscheinend überschätzen Sie meine Vorliebe für sportliche Betätigung.«
»Sie werden sich noch ein wenig strapazieren müssen, Mr. Rovelt. Die Kerle hinter uns sind auf Ihr Geld zu scharf, als daß sie abdrehen würden. Ich möchte Sie und Mr. Brack in Sicherheit wissen. Kommen Sie! Irgendein Ausgang, der in eine belebtere Gegend führt, wird sich hoffentlich finden.«
Ich strengte meinen Orientierungssinn an, um ein Loch aus der Falle zu finden. Ich führte Rovelt und Brack in eine Fabrikhalle, in der verrostete Maschinenteile zu Dutzenden standen. Von dort aus gab es einen Durchgang zu einem Gebäude, das allem Anschein nach früher einmal Büros beherbergt hatte. Leider stellte sich heraus, daß die Fensteröffnungen nach der Straße hin zugemauert waren. Wir saßen immer noch in der Falle.
»Wir müssen zurück!« entschied ich. »Ich werde vorausgehen.«
Ich ging zur Fabrikhalle, spähte vorsichtig hinein und huschte mit zwei I ungen, schnellen Sprüngen hinter eine Drehbank. Nichts rührte sich in der Halle. Es sah so aus, als hätten die Gangster die Verfolgung aufgegeben.
Ich rief Rovelt und seinen Sekretär. Sie tauchten im Halleneingang auf, der Börsenmakler wieder an der Spitze. Bracks schmächtige Gestalt hielt sich im Kielwasser seines Chefs, als wäre er mit ihm vertäut.
»Warten Sie hier!« befahl ich und zeigte auf die Drehbank. Ich ging weiter in die Halle hinein, drehte mich nach fünf Schritten aber noch einmal um, weil ich ihnen zurufen wollte, daß sie hinter der Bank Deckung nehmen sollten. Ich sah Bracks ganze Gestalt eigentlich zum erstenmal, seitdem wir so vor den Gangstern flohen. Er hatte die Schultern vorgeschoben, und seine Arme hingen lang herab. Seine Hände waren leer.
***
Ich ging auf ihn zu. »Wo ist die Aktentasche?«
»Sie war so schwer«, stotterte er.
»Sie haben sie zurückgelassen?«
Er nickte zögernd.
»Wo?«
»An der Toreinfahrt!«
Ich ließ ihn los und rannte durch die Halle und den Flur zurück zur Toreinfahrt bis in die Sackgasse. Die Lastwagenruine und Rovelts Cadillac klebten nach wie vor aneinander. Abgesehen davon lag die Straße ruhig und geradezu friedlich da. Der dunkelgraue Ford und der grüne Mercury waren verschwunden.
Ich ging in die Werkhalle zurück. Schon von weitem hörte ich Bracks Geschrei. Ich setzte mich in Trab. Der Börsenmakler hatte seinen Sekretär über die Drehbank gedrückt und schlug auf ihn ein. Brack jammerte, schrie zwischendurch um Hilfe und flehte seinen Boß an, doch aufzuhören. Rovelt fluchte und stieß ganze Serien von Schimpfwörtern aus, während seine Fäuste wie Dreschflegel auf den schmächtigen Mann niedersausten.
Ich riß ihn zurück.
»Lassen Sie das, Mr. Rovelt!« befahl ich scharf.
Der Sekretär richtete sich auf. Mit dem Handrücken wischte er sich das Blut von der Nase und den Mundwinkeln. Ich berührte leicht seine Schulter.
»John Brack«, sagte ich. »Ich verhafte Sie unter dem Verdacht der Mittäterschaft an einer Erpressung und anderen Verbrechen.«
***
Die Lampe malte einen grellen Kreis auf die Schreibtischplatte. Ich zündete mir eine neue Zigarette an, schob das Päckchen Phil hinüber, der auf der Schreibtischkante saß. Er bediente sich und knipste es dann quer über die Platte bis vor die Hände John Bracks. Auch Rovelts Sekretär schüttelte sich eine Zigarette heraus. Phil gab ihm Feuer. Brack rauchte ungeschickt und stoßweise. Wahrscheinlich hatte er bis heute nie geraucht, aber in den zwei Stunden, die das Verhör nun lief, war dies die achte oder neunte Zigarette. Seine Hände zitterten.
»Wollen Sie immer noch behaupten, Brack, Sie hätten die Aktentasche fallen lassen, weil sie zu schwer war?«
»Ja, ja«, bestätigte er hastig. »Ich rannte um mein Leben. Die Tasche hinderte mich. Ich ließ sie fallen.« Kurz und heftig atmend stieß er dann hervor: »Ich habe auch das Recht, mein Leben in Sicherheit zu bringen. Als Mensch bin ich genausoviel wert wie Mr. Rovelt! Ich mußte laufen! Es bestand kein
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