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0417 - Die Straße der Gräber

0417 - Die Straße der Gräber

Titel: 0417 - Die Straße der Gräber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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einfach zu wertvoll. Sehr vorsichtig nahm ich noch einen dritten Schluck. Danach schüttelte ich den Kopf. »Danke, Inez, es reicht.«
    »Gut.« Sie drehte sich und nahm neben mir Platz. Aus schmalen Augen starrte sie auf die offenstehende Tür, während der Wind mit ihren Ohrringen spielte und die Spiralen zittern ließ. Langsam trank sie den heißen Tee. Diese Inez machte mir nicht den Eindruck eines etwas versponnenen Menschen oder eines Typen, der auf die okkulte Tour abfuhr. Sie war eher ein etwas nachdenklicher, junger Mensch, leicht punkig angezogen.
    Deshalb fragte ich sie: »Glauben Sie eigentlich an alles?«
    »Wieso?«
    »Ich meine, glauben Sie an die Dinge, für die Sie sich hier so stark einsetzen?«
    »Natürlich.«
    »Dann ist es gut.«
    »Dachten Sie, ich würde das alles so zum Spaß machen?« fragte sie erstaunt. »Nein, da haben Sie sich geirrt. Ich bin davon überzeugt, schon einmal gelebt zu haben. Und ich hatte die gleichen Empfindungen wie die anderen sechs hier auch. Das war schlimm, glauben Sie mir. Sie haben das Gefühl, sterben zu müssen, wenn es sie überfällt.«
    »Rede nicht soviel, Inez!« beschwerte sich Tremper. »Dieser Mann steht nicht gerade auf unserer Seite.«
    »Ich habe nur erklärt, wie es in uns aussah, wenn die Erinnerungen kamen.«
    Tremper grinste. »Schon gut, Kleine. Wir verschwinden sowieso gleich. Die Zeit ist allmählich reif.«
    Ich lächelte dem Mädchen zu. »Tut mir leid, ich wollte Ihnen keine Schwierigkeiten bereiten.«
    »Das haben Sie auch nicht. Wir sind in der Gruppe gleichberechtigt, auch wenn Tremper sich manchmal als Boß aufspielt, aber das ist er für mich nicht.«
    »Was sind Sie eigentlich von Beruf?« fragte ich.
    »Verkäuferin.«
    »Und die anderen?«
    Sie hob die Schultern und stand auf. »Keine Ahnung. Hilde, die ältere Frau im Lodenmantel, ist zum Beispiel Hausfrau.«
    »Sagen Sie bloß.«
    Ich hatte erstaunt getan und sah ihr heftiges Nicken. »Wir kommen aus allen Schichten. Nur eines haben wir gemeinsam.« Plötzlich wurde der Blick ihrer Augen regelrecht flammend, als sie davon sprach. »Wir haben schon einmal gelebt, Mr. Sinclair. Das müssen Sie uns glauben. Und Sie werden das Geheimnis unseres ersten Lebens lüften.«
    »Das meine ich ebenfalls!« erklärte Mark Tremper, der auf uns zuschlenderte. »Aus diesem Grunde haben wir Sie geholt. Und rechnen Sie nicht mit Ihren Freunden. Man wird Sie zwar suchen, aber ob man Sie auch schnell findet, daran glaube ich nicht. Spielen Sie also mit.«
    »Das mache ich schon die ganze Zeit.«
    Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. »Ich glaube, wir beide wissen es besser.«
    Inez stand daneben und begriff nichts von unserem Dialog. Mark Tremper winkte mit der rechten Hand. Es war eine typische Geste.
    Ich verstand sie und stemmte mich hoch.
    Ein wenig unsicher blieb ich stehen, doch das gab sichwieder, als wir die Hütte verließen. Tremper hielt sich an meiner Seite. Er ging links neben mir und hatte mir seinen Arm auf die Schulter gelegt.
    »Wir werden zu Fuß in das Dorf gehen.«
    »Und das klappt alles so?«
    »Davon bin ich überzeugt.«
    »Was sagen die Bewohner dazu?«
    Wir hatten die Hütte verlassen und blieben stehen. »Die Bewohner machen mit. Erinnern Sie sich daran, welch einen Beruf ich habe. Ich bin beim Film und habe den Leuten eingeredet, daß wir in der Nacht drehen und ein leeres Dorf brauchen.«
    »Wie?«
    »Sie haben ihre Häuser verlassen.«
    Ich war perplex. »Bluffen Sie?«
    »Habe ich das nötig? Sprechen Sie einfache Menschen einmal an und konfrontieren Sie diese Leute mit einem aufregenden Thema. Der Film hat seine Wirkung nicht verloren. Die Leute hängen Ihnen an den Lippen. Sie saugen jedes Wort, das Sie ihnen sagen, regelrecht auf. Nein, da sind Sie der König. Es ist sogar gelungen, eine Umleitung zu errichten, obwohl dieser Ort von kaum einem Wagen durchfahren wird. Im Sommer ist hier mehr los, im Winter nicht, weil einfach zu wenig Schnee liegt. Also das typische einsame Tal im Schwarzwald.«
    »Und wie viele Einwohner haben ihre Häuser verlassen?« fragte ich.
    »Ich glaube, das sind so knapp 130 gewesen.«
    Mit dieser Antwort ließ er mich stehen. Ich konnte nur den Kopf schütteln, daß so etwas noch möglich war.
    Tremper drehte seine Runde und sah ein paarmal auf die Uhr. Er rief die anderen sechs zusammen. »Kommt, Leute, wir müssen verschwinden. Unsere Vergangenheit wartet.«
    Die sieben Personen rotteten sich zusammen. Ich befand mich zwischen ihnen.

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