0417 - Silbermond-Vampir
Polizist, und in den Dienstvorschriften hatte er noch nie etwas von Vampiren gelesen. Was von Biancas Geschichte überhaupt zu halten war, wollte er ohnehin erst nach einer Ortsbesichtigung entscheiden. Derweil packte er das Mädchen, das von Angelinas Kleid umschlottert wurde, in seinen Dienst-Fiat, und erfreute sich der gedanklichen Vorstellung, daß Bianca unter diesem unpassenden Gewand nur Bianca, Größe 36 trug.
Pur.
Seine eifersüchtige Angelina blieb zurück. Fabrizio jagte den dunkelblauen Fiat, Regata durchs Dorf und die Privatstraße hinauf, als gelte es, die Rallye Paris-Dakar zu gewinnen. Er wollte wissen, was da oben, wirklich passiert war!
Fabrizio, der ahnungslose Engel…
***
Der Abenteurer Robert Tendyke war in seinem Bungalow an der Südspitze Floridas nicht zu erreichen.
Er hatte der Stimme der Vernunft gehorcht und darauf verzichtet, die Geburt des Kindes Julian zu Hause stattfinden zu lassen. Dort war zwar ein besserer Schutz vor magischen Attentaten möglich, aber die bessere medizinische Versorgung gab es eben im Stadtkrankenhaus von Miami.
Mit Geld war eine Menge möglich.
Auch, daß Uschi Peters nicht allein ein Privatzimmer belegte, sondern daß auch ihre Zwillingsschwester sowie Rob Tendyke selbst mit in diesem und einem weiteren Zimmer untergekommen waren. Tendyke zahlte, und der Chefarzt stellte daraufhin keine Fragen mehr. Immer noch und jetzt noch stärker als früher befürchtete Tendyke, daß ein dämonischer Angriff auf das Kind erfolgen mochte, weil die Schwarze Familie in diesem Träger zweier ungewöhnlicher Erbteiler eine gigantische Gefahr sahen, die beseitigt werden mußte, ehe sie erst richtig akut werden konnte.
Und er wollte den Schutz Julians und der beiden jungen Frauen keinem anderen überlassen als nur sich selbst.
So, wie er seinen Bungalow südlich der Everglades mit einem magischen Schutzfeld nach dem Vorbild von Zamorras Château Montagne in Frankreich umgeben hatte, hatte er jetzt auch die Krankenhausetage mit einer Schutz- und Warnvorrichtung umgeben, wobei er mit dem Anbringen von Dämonenbannzeichen und Sigillen vorsichtig umgehen mußte - irgendwo hörte auch die stirnrunzelnde Duldung des Krankenhauspersonals auf. Und wenn Tendyke niemandem eine Gelegenheit gab, dumme Fragen zu stellen, brauchte er sich auch keine Ausreden aus den Fingern zu saugen.
Es reichte schon, daß sie sich zu dritt hier einquartiert hatten. Daß der Vater des Kindes mit im Krankenhaus wohnte, weil er seine Frau nicht ganz allein lassen wollte, war fast schon normal, aber daß auch die Tante des Kindes mit dabei war, war doch recht ungewöhnlich.
Aber Tendyke hatte Monica und Uschi Peters beisammen haben wollen.
Und es hatte sich als gut erwiesen.
Die beiden eineiigen Zwillinge, die rein äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden waren, selbst bis zum letzten Moment nicht, weil Monica Peters eine Scheinschwangerschaft erlebte, die sie wiederum in Aussehen und Verhalten ihrer Schwester anglich, waren telepathisch begabt. Jede der beiden jungen Frauen mit der Abenteuerlust im Blut und dem lang wallenden Blondschopf konnten für sich allein nichts bewirken, aber gemeinsam konnten sie Gedanken anderer Menschen lesen und eigene Gedanken übertragen. Sie mußten dazu in einer bestimmten räumlichen Nähe zueinander sein. Trennte man sie voneinander und legte die Entfernung annähernd des Erddurchmessers zwischen sie, ging nichts mehr. Die genaue Grenze, ab wann diese gemeinsame Telepathie nicht mehr funktionierte, war allerdings nie genau festgestellt worden.
Eine zweite Sache war die enge Bindung der Zwillinge aneinander, die ihren Höhepunkt in Monicas Scheinschwangerschaft erreicht hatte. Die beiden gehörten zusammen, einzeln konnten und wollten sie nicht leben. Der Zauberer Merlin hatte sie einmal die zwei, die eins sind, genannt.
Der Sicherheitspakt war der dritte Grund, aus dem Tendyke gefordert hatte, daß Monica ihre Schwester begleitete - ganz abgesehen davon, daß Monica wahrscheinlich auch so Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hätte, um in der Nähe ihrer Schwester zu sein. Und so brauchte sich Tendyke keine Sorgen um die Sicherheit jenes Mädchens zu machen, das nicht in seiner Nähe gewesen wäre. Immer wieder mußte er an jenen Dämon Astardis denken, der es durch seine magische Neutralität geschafft hatte, die Abschirmung von Tendyke’s Home zu durchdringen…
Astardis hatte zwar eine Abfuhr erhalten, die er wahrscheinlich nie wieder vergessen
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