0419 - Die Klinik der tödlichen Träume
Dann krempelte ich hastig meinen rechten Hemdärmel hoch und nahm die vorbereitete Spritze.
Ich drehte Fenner den Rücken zu und hob den Arm.
Ich wollte die Flüssigkeit in den Stoff meiner Jacke fließen lassen. In dem Moment hörte ich ein Geräusch.
Ich hob schnell die linke Hand mit der Spritze, als die Tür aufflog.
Joe Muscoe kam herein.
Seine flinken Mäuseaugen erfaßten die Szene in einem Sekundenbruchteil. Sein Lächeln erstarb, als er meinen entblößten Arm sah. Er machte einen Satz auf mich zu.
Die Tür fiel hinter ihm krachend ins Schloß.
»Aber, Chef!« hörte ich Fenners Stimme sagen.
Muscoe hatte mich gepackt, riß mich herum, die Spritze fiel zu Boden.
»Da! Sieh dir das an!« brüllte er.
»Aber was ist los?« fragte Fenner verdutzt, »ich habe ihn genau geprüft, er ist ein neuer Kunde. Er hat hier vor meinen Augen…« Er brach ab. Muscoe hatte meinen Arm gepackt und hielt Ihn Fenner hin.
Fenners Augen wurden starr.
Auf meinem Arm war kein einziger Einstich zu sehen.
Natürlich nicht. Ich hätte meinen Arm gerne weggezogen, aber Joe Muscoe hinderte mich daran mit einer schwarzgeölten Pistole, deren Lauf er mir zwischen die Rippen drückte.
***
»Los, zurück an die Wand!« kommandierte er. Ich war nicht gewillt, ihm zu gehorchen. Solange ich dicht an der Pistole war, hatte ich eine Chance. Ich sah vorwurfsvoll zu Fenner hinüber und knurrte:
»Es ist das erstemal, daß ich den rechten Arm nehme, der linke ist voll!« Damit schlüpfte ich schnell in meinen zweiten Jackenärmel, damit ich mich wieder frei bewegen konnte.
Mein Bluff wirkte nur eine Sekunde.
Aber das genügte.
Meine Hand fuhr hoch, und Muscoes Revolver flog mit leisem Zischen durch die Luft und knallte gegen die' Schiebetür.
Ich sah die hastige Bewegung, die Fenner nach der Unterseite des Schreibtisches machte, aber ich war genauso schnell.
»Hände weg von dem Tisch!« befahl ich mit meinem 38er in der Hand. Fenner hob im Zeitlupentempo die Arme und verschränkte die Hände hinter seinem Kopf. Ich sah ihm an, daß er immer noch zweifelte.
Joe Muscoe sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. Seine Smokingschleife war verrutscht und gab ihm das Aussehen eines Trottels.
Aber ich wußte, daß er keiner war.
»Machen Sie es Fenner nach, Muscoe. Gehen Sie zu ihm!« Ohne mich aus den Augen zu lassen, ging er an die Wand.
Ich warf einen kurzen Blick zu der Pistole an der Schiebetür. Sie war verschwunden.
Ich atmete tief ein und machte einen Schritt nach vorne. Vor einer Sekunde hatte das Schießeisen noch an der Schwelle gelegen, und jetzt war es weg.
Hatte Muscoe es weggestoßen? Ich sah zu ihm hinüber. Sein Blick war ausdruckslos.
Konnte er überhaupt nahe genug an die Kanone herangekommen sein? Oder sah ich sie von meinem Standpunkt aus nicht?
Ich machte einen weiteren Schritt nach vorne. Dann kapierte ich plötzlich.
Hinter der Schiebetür stand jemand. Er hatte in einem unbeobachteten Augenblick um die Ecke gelangt und die Waffe aufgehoben. Und jetzt wartete er auf den günstigsten Moment. Ich ließ die Tür nicht aus den Augen, als ich zu den beiden sagte:
»Dreht euch um und stützt euch mit den Händen gegen die Wand, aber schnell, wenn ich bitten darf!«
Sie drehten sich langsam auf die Seite. Ich fühlte ihre Blicke, die wie meine auf die Tür des Nebenraumes gerichtet waren.
Ich schlich mich langsam auf die Tür zu. Mein 38er lag ruhig und entsichert in meiner Hand. Als ich bei der Tür war, konnte ich deutlich den Atem des anderen hören. Ich sprang vor.
Der Kerl hatte eine Figur wie ein Schrank. Er erschrak, ließ die Waffe fallen, bereute es sofort wieder und wollte sich bücken. Ich kitzelte ihn mit dem Lauf meines Revolvers etwas in den Rippen, um ihn daran zu erinnern, daß ich auch noch da war. Er richtete sich knurrend wieder auf und sah mich keuchend an.
In dem Moment flog hinter mir die Tür auf. Ich fuhr herum. Der Koloß hinter mir stürzte sich auf mich, umklammerte meine Arme, so daß ich den Revolver nicht mehr heben konnte.
Es hätte auch nichts genutzt, denn die beiden Männer, die hereinkamen, trugen Maschinenpistolen, die auf mich gerichtet waren.
Der Bulle hinter mir drehte mir den Revolver aus der Hand.
Joe Muscoe hatte wieder sein Gleichgewicht gefunden. Er setzte sich breit hinter den Schreibtisch und lächelte mir leutselig zu. John Fenner stand noch immer an die Wand gepreßt, und wenn er auch die Hände unten hatte, so drückte doch sein ganzes Gesicht
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