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0420 - Sie holten sich den grauen Joe

0420 - Sie holten sich den grauen Joe

Titel: 0420 - Sie holten sich den grauen Joe Kostenlos Bücher Online Lesen
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und blinzelte in die Sonne. Es roch nach Fischabfällen und Benzindämpfen. Ich stand dicht am Hafen in einem Verkehrsgewühl, das fast so stark war wie am Broadway um 5 Uhr nachmittags.
    Am Fahrkartenschalter der Greyhoundbusse fand ich einen Stadtplan und suchte dort die Straße, zu der ich musste. Es waren etwa zwei Meilen bis dahin. Ich stoppte ein Taxi und gab dem Fahrer die Adresse an. Er fädelte sich in den Verkehr ein und kurvte im besten Rennfahrerstil durch die engen Gassen.
    Als wir die Ausfallstraße 87 erreichten, legte er noch einen Zahn zu. Kurz darauf hupte er minutenlang, und als wir um die Ecke bogen, sah ich die Fähre liegen, die Galveston mit Port Bolivar verbindet. Wir schafften es gerade noch, über die Gangway zu rumpeln, bevor das Ungetüm ablegte. Der Fahrer war sichtlich stolz auf seine Leistung.
    »Von Geschwindigkeitsbegrenzung halten Sie wohl nicht viel?«, fragte ich ihn und gab ihm eine Zigarette. Er schüttelte unbekümmert den Kopf.
    »Um diese Zeit wird nicht kontrolliert. Da sind alle Cops bei der Verkehrsregelung.«
    »Sie kennen sich gut aus?«, forschte ich. Er war noch jung und sah intelligent aus. Vielleicht konnte er mir etwas erzählen.
    »Wenn man die Augen offen hat, sieht man allerhand«, grinste er. »Sie zum Beispiel sind kein Ölsucher, kommen aus dem Osten und sind heute mit dem Flugzeug hier irgendwo gelandet.«
    Ich war einen Moment verblüfft. Er gab mir sofort die Erklärung dazu.
    »An der Reisetasche klebt ein Reklamezettel, der frisch ist, außerdem haben Sie keine schwieligen Hände.«
    Ich musste über seinen Eifer lächeln. Er hatte eine gute Beobachtungsgabe.
    »Jetzt erzählen Sie mir noch ein paar Einzelheiten über die Stephen Foster Incorporated«, sagte ich nebenbei. »Wie sieht der Laden aus?«
    Er stutzte. Wir verließen die Fähre wieder, und für ein paar Minuten war er still. Er konzentrierte sich auf das Fahren. Erst als wir die Küstenstraße der Bolivar Peninsula entlangrollten, drehte er etwas den Kopf.
    »Suchen Sie dort Arbeit, Mister?«, kam es gedehnt.
    »No, ich interessiere mich mehr für die Produkte dieser Firma.«
    »Sollen Industriediamanten herstellen«, brummte der Fahrer. »War mal eine ziemlich große Firma!«
    »Was heißt war?«, hakte ich ein.
    »Bis der alte Foster verkaufte. Das war vor einem halben Jahr. Er verschwand damals irgendwo im Süden. Stand in allen Zeitungen. Er hat der Stadt vier Stiftungen gemacht. Als er einen Orden bekommen sollte, blieb er spurlos verschwunden.«
    »Und der neue Besitzer?«
    »Kenne ich nicht. Ich weiß nur, dass er nicht aus der Gegend ist. Die Tradition des alten Stephen Foster hat er jedenfalls nicht übernommen.«
    Rechts führten jetzt stillgelegte Schienen zwischen Ufer und Straße entlang. Links reihten sich endlose Mauern aneinander. Hier lagen eine Menge mittlerer und kleinerer Fabriken, dazwischen Lagerhallen. Ab und zu unterbrach eine Toreinfahrt das schmutzige Grau.
    Vor einer dieser Einfahrten stoppte das Taxi. Ich sah einen grauen Betonwürfel hinter der Mauer, dessen untere Fensterreihen vergittert waren. Das Tor war geschlossen, kein Mensch war zu sehen. Ich bat den Fahrer zu warten und überquerte die Straße. Die Reisetasche ließ ich im Wagen.
    Ich drückte den Daumen auf dem Klingelknopf platt, konnte aber nicht hören, ob irgendwo eine Glocke anschlug. Als nach zwei Minuten der Türsummer ging, hatte ich Gewissheit. Ich ließ den kleinen Einlass aufschwingen und trat in den Hof.
    Ein Lieferwagen stand neben den drei Treppen, die zum Büro führten. Ich kam mir merkwürdig verlassen vor. Kein Geräusch arbeitender Maschinen, niemand in der Nähe.
    ***
    Die Fabrik wirkte tot. Hohl hallten meine Schritte auf dem gepflasterten Steinfußboden. Zu meiner Überraschung war die Glastür zum Büro offen. Ich trat ein und stand vor einem Schreibtisch, der mit seinen Ausmaßen dem Präsidenten im Weißen Haus imponiert hätte. Der Ledersessel war leer. Ich lauschte eine Sekunde, dann merkte ich, dass jemand hinter mir stand. Ich spannte die Rückenmuskeln an und fuhr herum. Die Vorsicht war überflüssig, das Erstaunen echt. Ein Mädchen von höchstens zwanzig Jahren stand dicht vor mir, das lange schwarze Haar offen. Der enge Pullover passte zu ihr wie die Trompete zu Louis Armstrong.
    »Sie wünschen?«, fragte sie in etwas gutturalem Dialekt. Erst auf den zweiten Blick stellte ich fest, dass sie einen Schuss südamerikanischen Blutes in ihren Adern hatte. Ihr Akzent hatte

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