0420 - Sie holten sich den grauen Joe
bekannt war. Als ich durch den Gang schlenderte, sah ich ein Schild mit der Aufschrift Zulassungen. Einer Eingebung folgend klopfte ich an und trat ein. Hinter der Barriere wartete ich ein paar Minuten, bis ein älterer Cop mit Brille heranschlurfte.
Ich zeigte ihm meinen Ausweis und bat ihn, alle Dodge-Wagen mit Kennzeichen und Besitzer herauszusuchen. Wenn mich nicht alles täuschte, hatte der Mordwagen eine Zulassung aus New Brunswick. Wenn ich auch nicht alle Dodge-Besitzer würde abklappern können, konnte doch die Liste einen wertvollen Hinweis enthalten. Notfalls ließen sich die Autos mit Unterstützung von ein paär Kollegen auf Spuren untersuchen. Und ohne Spuren war der Mordwagen nicht geblieben.
Der Cop überlegte ein paar Minuten, dann versprach er, die Liste bis zum Nachmittag fertigzumachen. Ich zog zufrieden weiter. Der Sergeant war nicht im Haus. Er wurde erst in ein paar Stunden zurückerwartet. Deshalb stieg ich wieder in den Jaguar, um die Vertretung der Brauerei aufzusuchen, deren Zettel ich in Joes Tasche gefunden hatte.
Die Leute waren ausgesprochen höflich, als ich mein Anliegen erklärte. Sie gaben mir ohne Weiteres eine Liste ihrer Vertragslokale. In einem von ihnen musste Joe gestern gesessen haben, als er sich entschloss, nach New York zu fahren. . Ich las die zwei Reihen durch. Es waren ungefähr vierzig Namen. Plötzlich stieß ich einen leisen Pfiff aus. Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen: Als drittletzter Name war Bei Braniff eingetragen.
»Ist das eine Bar oder ein Restaurant?«, fragte ich.
»Halbe, halbe«, sagte er. »Abends sieht es wie ein Bumslokal aus, aber tagsüber gibt es anständiges Essen dort. Wenn Sie das Lokal aufsuchen wollen, Sir, es liegt gleich am Highway 61. Meistens stehen Fernlaster davor.«
Ich bedankte mich und hatte es jetzt eilig. Braniff! Das hatte der graue Joe als Letztes gemurmelt. Dort musste der Schlüssel zu seinem Tod zu suchen sein. Im Braniff musste er etwas erfahren haben, was ihn zu mir getrieben hatte. Oder hatte er jemanden getroffen, der schon länger hinter Joe her war?
***
Unweit des Lokals parkte ich den Jaguar, damit man ihn nicht direkt von den Fenstern aus sehen konnte. Dann hetzte ich durch den Regen zum Eingang. Patschnass stand ich in der Tür und drückte den Hut in die Stirn.
Es waren etwa zwei Dutzend Leute im Lokal. Drei standen an der Theke, der Rest verteilte sich über den ganzen Raum. Die meisten hatten ein Bier vor sich. Außerdem plärrte die Musikbox wie ein Saal voll wütender Babys.
Hinter der Theke stand ein Unikum . von Mann. Er hatte den Körper eines Schwerathleten und den Kopf eines Dackels. Schwitzend füllte er Bier'aus Büchsen in dickwandige Gläser. Wieselflink huschten dabei seine wässrigen Augen über die Gäste. Er musterte mich blitzschnell und wandte sich dann gleichgültig ab.
Ich bahnte mir einen Weg durch den Mief und die dicht stehenden Stühle und baute mich an der Theke auf. Grinsend verlangte ich ein Bier und warf einen Vierteldollar auf die Theke.
»Cheerio«, rief ich dem Wirt zu, der ebenfalls ein Glas an die Lippen setzte. Dann kam er einen Schritt näher und polierte Gläser. Er stand dicht vor mir, nur durch die 30 Zoll breite Theke getrennt.
»Fremd hier?«, fragte er.
»Ja, ich suche einen alten Kumpel«, knurrte ich. »Hab ihm mal ein paar Bucks geliehen, und er vergaß das Rückzahlen. Keine feinen Manieren.«
»Hier bei mir?«
»Er soll ab und zu hier gewesen sein«, sagte ich. »Sein richtiger Name ist Tenides, aber wir nannten ihn immer den grauen Joe. Schon mal gehört?« Möglichst gleichgültig sah ich ihn über den Rand meines Glases hinweg an. Kein Muskel bewegte sich in dem teigigen Gesicht.
»Nie gehört. Wie sah er denn aus, Mister…?«
Ungerührt gab ich ihm eine Beschreibung, ohne auf meinen Namen einzugehen.
»Kann sein, dass er ein paar Mal da war«, sagte er, nachdem ich fertig war. »Von diesen Schnapsbrüdern gibt es mehrere. Da ist noch so ein Geselle, der jeden Tag ein Bier schnorren will. Sitzt dort neben der Tür, der mit der Halbglatze.«
Ich sah in die angegebene Richtung. In heruntergekommener Kleidung saß dort ein Pennbruder, der bestimmt keine drei Dollar in der Tasche trug. Er starrte schon die ganze Zeit zu uns herüber.
»Der müsste ihn kennen«, sagte der Wirt weiter, »ich habe die schon mal zusammen gesehen. Tipton-Gil heißt der Kerl dort. Für einen Schnaps verkauft der sein letztes Hemd.«
Interessiert machte ich mich auf
Weitere Kostenlose Bücher