0423 - Rally des Schreckens
hing. Mein Plan stand fest. Was ich vorhatte, war riskant, ich setzte mein Leben damit aufs Spiel, aber mir blieb einfach keine andere Möglichkeit, um aus dieser verfluchten Lage herauszukommen.
Wäre ich ein anderer Mensch gewesen, hätte er mich längst vernichtet. Doch ich besaß mein Kreuz, und gerade dieser weißmagische Talisman mußte ihn ungemein stören. Er haßte ihn. Im Zeichen des Kreuzes war Irland christianisiert worden, man hatte den alten Götzenglauben vertrieben, aber nicht gänzlich vernichten können, wie ich inzwischen hatte feststellen müssen.
Als ich die Kette über meinen Kopf streifte, bemerkte ich die Unruhe, die den Wagen umgab. Es lag nicht an den hochgeschleuderten Wellen, ich wurde auch nicht durchnäßt, diese Unruhe besaß einen magischen oder dämonischen Background.
Wahina befand sich in meiner unmittelbaren Nähe, er sah das Kreuz, er wußte von seiner Stärke und vielleicht auch davon, daß es mächtiger war als er selbst.
Es lag auf meinem Handteller. Die eingravierten Zeichen sah ich überdeutlich. Aber nur die vier Insignien der Erzengel leuchten leicht auf, weil sie die in der Nähe lauernde Magie am intensivsten spürten.
»Siehst du es?« rief ich.
»Ja.« Er gab mir noch eine sehr knappe Antwort, und ich hatte den Eindruck, als hätte er sich zurückgezogen, denn das Wort drang aus weiter Ferne zu mir.
Noch saß ich unbeweglich.
Nur meine Mundwinkel zuckten. Die Spannung hielt mich wie ein Ring umklammert. Sie drückte von außen und innen gegen meinen Körper. Ich stand vor einer entscheidenden Situation, vor einem gewaltigen Plan, der, wenn er nicht funktionierte, mir das Leben kosten würde.
Sehr langsam bewegte ich meinen rechten Arm über die obere Leiste der Einstiegstür hinweg, das Kreuz offen auf der Handfläche liegend, aber die Kette einmal um den Daumen gewickelt, so daß ich es immer halten konnte.
»Wirf es endlich weg!«
»Nein!« schrie ich und brüllte die alles entscheidende Aktivierungsformel über die Wasserfläche hinweg.
»Terra pestem teneto - Salus hic maneto!«
***
Die Blicke der beiden so unterschiedlichen Männer trafen sich. Suko tat nichts, er schaute den in der Steinmulde liegenden Bürgermeister nur an.
Und der sah zurück.
Ob er den Inspektor erkannt hatte, war nicht festzustellen, denn er zeigte keinerlei Reaktion.
Erst jetzt fiel Suko auf, daß der Bürgermeister blasse Fischaugen hatte. Nebensächliche Dinge, die ihn weiterhin nicht interessieren sollten.
Suko vernahm den fragenden Klang einer ängstlichen Stimme. Alice hatte gesprochen. »Was ist los, Suko? Weshalb tust du nichts? Hol ihn da weg!«
»Nein.«
»Weshalb nicht?«
Suko spürte die plötzlichen Kopfschmerzen. Es waren Stiche, die von allen Seiten in das Zentrum jagten und ihn irritierten. Sie mußten einen Grund haben, wahrscheinlich reagierte die Magie des Götzen so auf sein Eindringen.
Bisher hatte der Bürgermeister nur seine Augen bewegt. Jetzt hob er einen Arm, drehte die Hand, und sein ausgestreckter Zeigefinger wies anklagend auf Suko. »Weshalb störst du mich in meiner Meditation. Geh von hier. Geh…«
Es war zwar seine Stimme, aber sie hatte sich verändert. Sehr deutlich war Suko der leiernde Tonfall aufgefallen. So redeten Menschen, wenn sie unter Beruhigungsmitteln standen.
Das konnte sich Suko bei dem Bürgermeister zwar nicht vorstellen, seine Beruhigung basierte auf einer magischen Art und Weise. Aber der Inspektor dachte nicht daran, die Höhe zu verlassen. Er wollte mehr wissen und viel über den Götzen erfahren.
»Weshalb bist du hier?« fragte er.
»Ich habe mit ihm Kontakt.«
»Wieso?«
»Ich bin sein Grabschläfer…«
»Was bist du?«
»Der Grabschläfer.«
Suko war überrascht. Das hatte er nicht erwartet und auch noch nie gehört.
Er drehte sich um. Alice hatte dem Dialog zugehört. Sie schaute Suko aus großen Augen an und wußte schon, was er fragen wollte, deshalb gab sie die Antwort im voraus.
»Nein, ich weiß nicht, was es mit dem Grabschläfer auf sich hat. Tut mir leid, Suko.«
»Das hatte ich mir gedacht.« Er drehte sich wieder um. Wenn O'Hirie schon einmal angefangen hatte zu reden, sollte er ruhig weitersprechen. Das wollte der Inspektor.
»Berichte mir mehr über die Grabschläfer!«
»Ich gehöre dazu.«
»Das sehe ich.«
»Es ist etwas Wunderbares. Ein uraltes Ritual, das wir von den Kelten übernommen haben. Wenn Götter oder Götzen starben, dann waren sie körperlich vernichtet, aber nicht
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