043 - Das Geheimnis der Schattenhand
Haus!«
»Wozu?«
»Keine Fragen, Herbert.«
»Welchen Grund soll ich nennen…?«
»Dir wird schon etwas einfallen.«
»Sag mir, was du damit bezweckst, Franz!«
»Ich sagte: Keine Fragen, Herbert!« schrie Franz Kolesik ärgerlich.
»Du tust nur, was ich von dir verlange: Du holst die beiden in unser Haus und verläßt es, verstanden?«
»Nein, kein Wort verstehe ich!«
»Das ist auch nicht nötig, solange du gehorchst!«
Herbert Kolesik fuhr sich mit der Hand benommen über die Augen. Es war zum Verrücktwerden. Er telefonierte mit seinem toten Bruder, und dieser schien ihn anscheinend dazu benutzen zu wollen, Tony Ballard und Vladek Rodensky eine Falle zu stellen.
»Ich werde nicht gehorchen!« schrie Herbert Kolesik aufgebracht.
»Du mußt! Du mußt!« brüllte Franz Kolesik schrill. Es hörte sich an, als habe er seine fünf Sinne nicht mehr beisammen.
»Was glaubst du, wer du bist? Ich denke nicht daran, von dir Befehle entgegenzunehmen!« herrschte Herbert seinen Bruder an.
»Du darfst dich nicht weigern, Herbert!« knurrte Franz Kolesik.
Es ist seine Stimme, dachte Herbert, aber er ist es nicht; er kann es nicht sein, denn so würde er nie mit mir reden. Er ist tot. Jemand hält mich zum Narren.
»Wer immer Sie sind!« stieß Herbert Kolesik gereizt hervor. »Rufen Sie mich nie wieder an, sonst hetze ich Ihnen die Polizei auf den Hals!«
»Das hättest du nicht sagen sollen, Herbert!« fauchte der andere.
»Jetzt mußt du nämlich sterben!«
***
Das Autotelefon schnarrte. Vladek Rodensky nickte mir zu und bat mich, den Anruf entgegenzunehmen, denn das dichte Verkehrsaufkommen auf dem Handelskai verlangte ihm größtmögliche Konzentration ab.
Ich zog den Hörer aus der Halterung. »Hallo!«
»Herr Rodensky?«
»Ballard.«
»Hier spricht Herbert Kolesik, Mister Ballard. Können Sie sofort zurückkommen?« fragte der Mann aufgeregt.
»Haben Sie etwas in den Büchern Ihres Bruders gefunden, das uns weiterhilft?« fragte ich zurück.
»Nein, ich…«
»Was ist los? Ist etwas passiert?«
»Mein Gott, es ist alles so unbegreiflich…«
»Die schwarze Hand? Haben Sie sie wiedergesehen?« fragte ich wie aus der Pistole geschossen.
Vladek sah mich erschrocken an. In diesem Moment blieb der Wagen vor uns stehen, und wir hätten ihn gerammt, wenn mein Schrei den Freund nicht alarmiert hätte. Ich sah Vladek vorwurfsvoll an.
»Tu mir den Gefallen und achte auf den Verkehr, ja? Alles andere kannst du mir überlassen.«
»Mister Ballard!« stieß Herbert Kolesik aufgeregt hervor. »Soeben erhielt ich einen Anruf von… von meinem toten Bruder!«
Ich merkte, wie mein Mund austrocknete. Kolesik war tot, das wußte ich genau. Wenn er nun wieder auftauchte, mußte das Böse von ihm Besitz ergriffen haben.
»Was wollte er?« fragte ich schnell.
Herbert Kolesik erzählte es mir. Raffiniert eingefädelt, dachte ich wütend. Herbert Kolesik hätte uns in sein Haus locken und fortgehen sollen. Was uns dort dann erwartet hätte, konnte ich mir ungefähr vorstellen.
»Ich habe selbstverständlich abgelehnt«, sagte Kolesik.
»Und das nahm der Anrufer so einfach hin?« fragte ich. Ich sagte absichtlich Anrufer, weil Herbert Kolesik es ablehnte, in ihm seinen Bruder zu sehen.
»Nein, Mister Ballard«, antwortete Kolesik. »Er sagte, nun müsse auch ich sterben!«
»Wir kommen sofort!« sagte ich und schob den Hörer in die Halterung. »Los Vladek, wir müssen zu Kolesik zurückfahren.« Ich berichtete dem Freund im Telegrammstil, was ich erfahren hatte.
»Dreh um, nun mach schon!« drängte ich.
Er wies auf die doppelte Sperrlinie.
»Fahr drüber!« sagte ich ungeduldig. »Für etwaige Strafmandate komme ich auf!«
***
Als wir ausstiegen, öffnete Herbert Kolesik die Haustür. Ich war froh, ihn wohlauf zu sehen, aber der Mann stand auf der schwarzen Abschußliste, das stand außer Zweifel, deshalb mußten wir etwas unternehmen, um ihn zu schützen, denn daß er sterben müsse, war mit Sicherheit keine leere Drohung.
Er war immer noch durcheinander, und seine Verwirrung war durchaus berechtigt, denn sein Bruder lebte garantiert nicht mehr.
Meines Erachtens konnten zwei Dinge passiert sein: Das Wesen, dem die Schattenhand gehörte, hatte Kolesik mit der Stimme seines Bruders angerufen, oder es hatte Franz Kolesik zu neuem, unseligem Leben erweckt.
Um den Mann nicht noch mehr zu beunruhigen, behielt ich diese Überlegung für mich, aber mit Vladek würde ich darüber sprechen.
»Ich danke
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