0432 - Magico
aufgeschlagenen Zeitung vergraben. Hin und wieder schielte er zur Seite und blickte auch mich an, wobei er gleichzeitig die Kaffeetasse im Auge behielt, als hätte er Angst, daß sie kippen und ihm die Brühe auf die Hose fließen würde.
Ich aß, ließ mich ansonsten nicht stören und dachte daran, bald wieder in London zu sein. Die bedrückenden Gedanken hatte ich glücklicherweise ausschalten können, sogar der Kaffee schmeckte mir gut, so daß ich noch eine kleine Kanne nachbestellte.
Mein Nebenmann las noch immer Zeitung. Er hatte sich regelrecht dahinter vergraben. Aus dem vorderen Teil der Maschine erklangen helle Kinderstimmen. Es hörte sich an, als würden sich Geschwister zanken, denn die Stewardeß hatte die Kleinen mit Spielzeug versorgt.
Hin und wieder warf ich einen Blick aus dem Fenster. Trotz allem freute ich mich auf London. Und ich war fest entschlossen, etwas zu unternehmen, um Jane Collins aus den Klauen van Akkerens zu befreien.
Ich durfte sie nicht in der Gewalt dieses Mensch-Teufels belassen. Das ging mir gegen den Strich. Er schien Jane schon auf eine furchtbare Art und Weise manipuliert zu haben.
Meine Gedanken wanderten zu Ken Obano. Er mußte der Schlüssel zu allem sein. Vielleicht war er der geheimnisvolle Magico, dessen Namen ich mittlerweile des öfteren vernommen hatte.
Ein Mann mit zwei Köpfen.
Ein Janus…
Was dachte der eine, was der andere? Dachten sie überhaupt gleich, oder stimmten sie ihre Handlungen ab?
Ein doppelköpf iger Mensch, der Magico hieß. Mehr wußte ich nicht.
Kein Wort über seine Herkunft, sein Entstehen, seine Geburt, die vielleicht in irgendeiner dämonischen Welt stattgefunden hatte.
Die Stewardeß kam, nahm mein Tablett und drehte mit einem Lächeln wieder ab.
Mein Blick glitt über die Tragfläche. Sie ist nie ruhig während eines Flugs, ein leichtes Vibrieren oder Zittern durchläuft sie immer. Bei meinem ersten Flug hatte mich das noch erschreckt, doch jetzt wußte ich, daß das seine Richtigkeit hatte.
Richtig war es dagegen nicht, daß plötzlich auf der Tragfläche jemand hockte, als wäre er direkt vom Himmel gefallen. Den geisterhaft wirkenden Typ interessierten keine Geschwindigkeit und keine Luftströmungen.
War er ein Mensch, ein Dämon, ein Geist? Ich konnte es nicht sagen.
Eines nur stand fest.
Er hatte zwei Köpfe!
Und mir wurde klar, daß diese Reise wohl nicht so glatt über die Bühne gehen würde…
***
»Zerstören? Die Steine?« fragte Kara nach einer Weile.
»Ja.«
»Weshalb sollte er das?« erkundigte sich der Eiserne. »Ihr habt nichts miteinander zu tun gehabt.«
»Das stimmt. Er will uns trotzdem vernichten.«
Kara schaute zu Boden. Sie bewegte ihren Fuß und zeichnete mit der Spitze Kreise ins Gras. »Woher weißt du das so genau, Myxin? Du hast doch nicht mehr Informationen als wir, was diesen Magico angeht. Oder hast du uns etwas verschwiegen?«
Der kleine Magier hatte sich tatsächlich um die Antwort herumdrücken wollen, sah sich nun durch Karas Frage in die Enge getrieben und gab eine Antwort.
»Ja, ich habe mehr erfahren. Die Maske ermöglichte es mir. Ich weiß, weshalb Magico kommt. Es ist furchtbar.«
»Rede schon!«
Myxin wollte nicht. »Laßt uns ins Haus gehen.«
Kara und der Eiserne hoben die Schultern. Wenn Myxin wollte, sie sträubten sich nicht. Der Magier ging vor. Als sie nach ihm die Blockhütte betraten, saß er auf der Bank und starrte ins Leere. Sie setzten sich ihm gegenüber. Beide wußten, daß sie ihn jetzt nicht stören durften, und ihnen war auch klar, daß sich Myxin für die Flammenden Steine verantwortlich fühlte. Sie gehörten zu ihm, waren ein Teil seiner Existenz. Wenn sie jetzt, aus welchen Gründen auch immer, zerstört werden sollten, traf ihn das hart.
»Willst du nicht darüber reden?« erkundigte sich Kara. Ihre Hand bewegte sich über den zwischen ihnen stehenden Tisch und legte sich auf Myxins Finger.
»Doch, ich rede darüber, aber ich mußte erst meine Gedanken ordnen, weil eine völlig neue Situation entstanden ist.«
Der Eiserne hatte einen Einwand. »Schon einmal sollten doch, wie ich hörte, die magischen Steine zerstört werden. Damals hat es Arkonada versucht, aber auch er hat es nicht geschafft.«
»Das stimmt, aber diesmal ist es anders. Arkonada kann man mit den heutigen Dingen nicht in einem Atemzug nennen. Magico ist gefährlicher.«
»Inwiefern?«
Myxin hob die Schultern und legte seinen Kopf schief. »Es ist schwer, euch das zu erklären.
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