0433 - Zum Sterben einen Stellvertreter
vermute, daß wir es mit raffinierten Gegnern zu tun haben, die sich nach allen Seiten absichern.«
»Sieht so aus«, murmelte Phil. Ich ließ mir von ihm die Adresse von Rogers Wohnung geben.
»Was hast du vor?« fragte Phil, »glaubst du tatsächlich, er liegt in seinem Bett?«
»Um diese Zeit noch nicht, aber seine Frau wird uns vielleicht einige Hinweise geben können«, erwiderte ich.
Erst nach dreimaligem Klingeln öffnete uns Mrs. Hellman die Tür.
»Ach, Sie sind es, Mr. Decker«, sagte sie und sah mich an.
»Dürfen wir einen Augenblick zu Ihnen hereinkommen?« fragte Phil, »das ist mein Kollege Jerry Cotton.«
Die Frau sah verängstigt aus. Sie ließ uns herein und bot uns dann Platz an.
Ich setzte mich auf die Vorderkante des Sessels und zog Roger Hellmans Brief aus der Tasche. Zuerst hielt ich der Frau den Umschlag hin und fragte: »Kennen Sie die Handschrift?«
»Ja, ich glaube, das könnte Roger geschrieben haben«, antwortete sie unsicher.
»Allerdings, es ist Rogers Handschrift«, sagte ich. »Das könnte für Sie Hoffnung bedeuten, Mrs. Hellman.«
»Ich verstehe Sie nicht, Mr. Cotton«, entgegnete sie unsicher.
»Dieser Brief hat uns heute erreicht. Er ist erst heute nacht abgestempelt worden.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte sie unsicher, »aber die Polizisten haben mir doch gesagt, daß Roger tot ist.«
Sie sah mich mit leeren Augen an. »Entschuldigen Sie, Mrs. Hellman«, sagte ich. »Wann hat Ihr Mann Sie heute vormittag angerufen?«
Die Frau machte eine abwehrende Handbewegung. Ihr Gesicht wurde aschfahl. Sie preßte die Hände gegeneinander, konnte aber trotzdem nicht verhindern, daß sie zitterten.
»Woher wissen Sie es?« stammelte sie, »hat Roger Sie ebenfalls angerufen? Dabei hat er mir ausdrücklich verboten, mit jemandem darüber zu sprechen.«
Ich beobachtete die Wirkung ihrer Worte auf Phil. Mein Freund starrte die Frau fassungslos an.
»Nein, er hat uns nur geschrieben«, sagte ich ruhig, als wäre alles längst bekannt, was sie uns verraten hatte, »aber gerade deshalb interessiert es uns, was er gesagt hat.«
»Er hat mir befohlen zu schweigen«, antwortete die Frau.
»Sind Sie sicher, daß es Ihr Mann war?« fragte ich.
»Erst war ich nicht sicher. Er sprach so seltsam. Aber dann gebrauchte er einen Kosenamen, der ziemlich ungewöhnlich ist. So nennt er mich höchst selten und dann auch nur, wenn wir wirklich allein sind. Daran erkannte ich, daß es Roger war.«
»Und was sollten Sie verschweigen?« bohrte ich weiter.
»Seinen Anruf. Außerdem sollte ich mich weigern, irgendwelche Unterlagen herauszugeben, egal, wer kommen würde.«
»Haben Sie gesagt, daß Sie mir sein Arbeitsbuch ausgehändigt haben?« fragte Phil.
Die Frau schüttelte den Kopf.
»Ich hatte nicht den Mut«, antwortete sie leise, »außerdem verstand ich das alles nicht. Aber ich weiß bestimmt, daß es Roger war.«
»Wir danken Ihnen, Mrs. Hellman«, sagte ich, stand auf und reichte ihr zum Abschied die Hand. »Machen Sie sich keine unnötigen Sorgen. Sollte er noch einmal anrufen, sagen Sie ihm bitte, daß wir hier waren. Er soll uns anrufen.«
Phil blieb stumm wie ein Fisch, bis wir wieder im Jaguar saßen.
»Bist du sicher, daß sie alles weiß?« platzte mein Freund dann heraus.
»Das einzige, was diese Frau weiß, ist, daß ihr Mann lebt«, entgegnete ich.
»Wenn Roger wirklich lebt, ist deine Theorie schon erhärtet.«
»Meine Theorie reicht nicht aus, einen Haftbefehl gegen irgendwen zu erwirken.«
Je mehr ich Gefallen an meiner Kombination fand, um so mehr versuchte ich, Hellman zu entlasten; denn wir durften uns nicht auf einen Täter festlegen und andere Spuren unbeachtet lassen.
Aber sosehr ich mich auch bemühte, etwas Entlastendes für Hellman zu finden, es gelang mir nicht. Warum setzte er sich nicht telefonisch mit uns in Verbindung?
»He, Jerry, bei dir stimmt der Kompaß wohl nicht«, sagte Phil und stieß mich in die Seite, »ich denke, wir gondeln jetzt zuerst zum FBI-Gebäude, um Mr. High Bericht zu erstatten. Aber du fährst ja Richtung Bowery.«
»Allerdings«, entgegnete ich. »Wir werden uns jetzt den Wirt aus dem ›Balkan-Grill‹ vornehmen. Hoffentlich kommen wir da nicht auch zu spät.«
»Versprichst du dir etwas von Michalek?«
»Für ihn hätte ich gern einen Haftbefehl in der Tasche.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr«, sagte Phil, »glaubst du etwa, er hat mich in die Falle geschickt?«
»Du bist unverbesserlich in deiner
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