0436 - Tanz auf dem Scheiterhaufen
der Ferne und rechts von ihnen, erhellt wurden.
Dort flackerte der Widerschein eines Feuers, denn der Himmel zeigte einen unruhigen roten Farbstrich.
»Da ist es!« Shao schrie es laut. »Das muß es einfach sein!«
»Okay!« brüllte Suko zurück. »Halte dich fest!« Er war froh, endlich Gas geben zu können.
Die Harley gehorchte ihm willig. Sie beschleunigte sehr schnell. Plötzlich schienen sie über den Weg zu fliegen. Staubwolken begleiteten sie, die von den Rädern in die Höhe gewirbelt wurden, aber Suko mußte mit dem Tempo herunter, wenn er direkt sein Ziel ansteuern wollte.
Das klappte nur, wenn er quer durch das Gelände fuhr.
Auch das schaffte die Harley. Zwar wurden beide durchgeschleudert und geschüttelt, aber das ließ sich aushalten, da der Feuerstuhl auch eine gute Federung besaß.
Von den Häschern hatten sie bisher nichts zu Gesicht bekommen. Sie hielten sich wohlweislich zurück, vielleicht fand man sie auch beim Scheiterhaufen.
Das Feuer war jetzt deutlicher zu sehen. Der Helligkeit und dem ausufernden Schein nach zu schließen, mußte es gewaltig sein. Auch aus der Distanz erkannten Shao und Suko die großen Flammenarme, die zuckend gegen den dunklen Himmel stießen, ihn auf eine schaurige Art und Weise erhellten.
Zwischen den hungrigen Feuerfingern zerplatzten kleinere Holzteile zu glühenden Funken, die im Kreisbogen wieder der Erde entgegenfielen.
Und noch etwas sahen sie.
In der Nähe des Feuers bewegten sich, manchmal kreisförmig, dann auch wieder im Zickzack, Gestalten. Sie schwebten durch die Luft und erinnerten an große Vögel.
Genau war nicht zu erkennen, worum es sich bei ihnen handelte, weil sie dem Feuer nicht zu nahe kamen.
Eine direkte Sicht auf den gesamten Scheiterhaufen wurde den beiden Ankömmlingen verwehrt.
Wahrscheinlich lagen dicke Mauern zwischen ihnen und dem Feuer.
»Wir fahren noch näher heran!« Suko hatte sich für das volle Risiko entschlossen und erntete von Shao keinen Widerspruch. Zum Glück durchflossen weder Bäche das Gelände noch teilten es tiefe Graben auf. So konnten sie ziemlich unbehindert weiterfahren.
Dann kam der Zeitpunkt, wo Suko es nicht mehr riskieren wollte, den Scheinwerfer leuchten zu lassen. Er schaltete ihn aus, so tasteten sie sich im Dunkeln weiter und sahen plötzlich den großen Schatten in der Dunkelheit.
Er besaß rote Ränder vom Widerschein des Feuers, aber sie erkannten an den Umrissen einen Gegenstand, den sie hier nicht zum erstenmal sahen. In London war er ihnen schon aufgefallen, als er sie mit seiner magischen Gewalt auf sich zugezogen hatte.
Es war das Hexentor!
Zwei Türme grenzten es ein. Sie waren so typisch für dieses Tor und liefen in den oberen Hälften spitz zu.
Der Widerschein geisterte über das Mauerwerk und ließ die Türme so aussehen, als würden sie sich bewegen.
Noch ein paar Yards fuhren sie. Dann stellte Suko den Motor ab und ließ die Maschine ausrollen.
»Wir gehen den Rest der Strecke zu Fuß!« erklärte er, als er abstieg und die Harley aufbockte.
Shao legte keinen Widerspruch ein. Sie schaute auf das Tor und lauschte auch in die Dunkelheit hinein. Die Helme hatten beide abgenommen und sie auf die Sättel gelegt.
»Das sind Stimmen!« flüsterte Shao.
Suko nickte. »Ja, sie werden ein Fest feiern. Die Walpurgisnacht ist angebrochen.«
»Und die Schatten in der Luft, die wir gesehen haben? Könnten das wirklich Hexen gewesen sein?«
Suko hob die Schultern. »Wir werden sehen.«
»Hoffentlich reiten sie nicht auf ihren Besen!« Shao hielt sich hinter Suko, der bereits losgegangen war und die direkte Richtung auf die Burg einschlug.
Das Gelände blieb auch weiterhin eben. Mit Hindernissen hatten sie nicht zu rechnen. Wind fuhr ihnen entgegen. Er brachte auch den typischen Geruch des Feuers mit.
Shao hüstelte. Suko war vorsichtiger geworden. Die Dämonenpeitsche hielt er in der rechten Hand.
Beim Gehen schleiften die drei aus Dämonenhaut bestehenden Riemen über den Boden und bewegten die hohen Halme des wild wachsenden Grases.
Die Schatten nahmen zu. Sie stammten nicht allein vom Feuer, auch andere waren plötzlich da, flogen über ihren Köpfen durch die Nacht, gaben aber keinen Laut von sich.
Es waren auch keine Hexen, wie von Shao angenommen, sondern normale Vögel.
Raben, Krähen oder Elstern… Keine Gefahr also.
Ob sie trotzdem von den beiden Türmen aus gesehen worden waren, wußten sie nicht. Sie gingen auch nicht aufrecht, suchten des öfteren Deckung und
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